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3237 Am Sonntag Abends traten die Brüder des gold. Apfels und ihre besuchenden Brüder in dem auch äußerlich durch Fah.ien und bren nende Candelaber festlich decorirten Logenhause zu einer Arbeit zu sammen, die dem glücklichen Abschlusse des vollendeten Jahrhunderis galt. Der große Saal des Logengebäudes zeigte u. A. zwei impo sante Sphinxe von Porzellan, welche die Loge in Meißen geschenkt hatte. Ebenso hatte die Schwesterloge zu den drei Schwertern ihrer collegialischen Jubilarin für ihr Mädcheninstitut ein vortreffliches Pianoforte, sowie Herr Hof-Pianoforte-Fabricant Kaps den beiden vereinigten Logen einen Flügel als Jubelgeschenk gewidmet. Am Montage, Vormittags 11 Uhr, traten die Brüder abermals zusammen, um den Beginn des zweiten Jahrhunderts der Loge festlich zu be gehen. Das ausgelegte Besuchsbuch zeigte u. A. die Anwesenheit von Brüdern aus New-Jork, New-Orleans, Mastricht und London, ferner Vertreter der Logen Bautzen, Berlin, Chemnitz, Bunzlau, Wurzen, Schneeberg, Meißen, Oppeln, Leipzig, Freiberg, Annaberg, Stralsund, Plauen, Bingen, Nürnberg, Grimma, Altenburg, Zwickau, Gera, Brandenburg, Gleiwitz, Zittau, Grüneberg, Schweidnitz, Görlitz, Barmen, Merseburg, Danzig, Schmölln, Jessen, Torgau, Greifswald, Glauchau, ZSchneidemühl, Mühlhausen in Th., Neiße, Hamburg, Braunschweig, Haida, Gr.-Glogau, Bayreuth und Erfurt. Auch die junge Loge des neuen Reichslandes zu Straßburg sendete ihren Gruß. In den Abendstunden folgte eine Taselloge, zu der nicht weniger als 800 Brüder sich als Theilnehmer angemeldet hatten. Eine solche rie sige Tafelrunde ist in Dresden wohl noch nicht erlebt worden, sie tvird Herrn Prätorius der Schwierigkeiten genug geboten haben. Morgen Abend vereinigt zum Schluß ein heiteres Ballfest im Gewerbe hause auch die weiblichen Angehörigen der Logenmitglieder. Freiberg, 25. November. (Dr. I.) An den Folgen eines Schlaganfalles, der ein kräftiges, blühendes Leben in wenig Tagen vernichtete, starb gestern Abend Herr Stadirath Friedrich Hermann Richter, 51 Jahre alt. Der Verewigte war früher Inhaber der kaufmännischen Firma: Ernst Friedrich Richter hier und Miteigen- thümer der bekannten Pulverfabriken Freiberg rc. Berlin, 27. November. Der Kaiser ist in Begleitung der Prinzen und des Herzogs von Sachsen-Coburg-Gvtha am Sonnabend Abend ans der Göhrde wieder hier eingetroffen. Gestern empfing Se. Majestät den Besuch einiger Mitglieder der königl. Familie und brachte wegen des Todtenfestes die übrige Tageszeit in stiller Zurückgezogen heit zu. — Heute Normittag ließ der Kaiser sich Vortrag halten und arbeitete vor einer Spazierfahrt mit dem Geheimen Cabineisrath v. Wilmowski. — Ein Kriegerbund von Deutschen, die den Krieg gegen Frankreich 1870/71 mitgemacht haben, hat sich in Chicago gebildet. Der Vorstand desselben hat sich nun kürzlich an den Kaiser mit der Bitte gewendet, ihm eins Fahne zu schenken. Se. Majestät hat, wie das „B. T." hört, dieser Bitte emsprochen und ein prachtvolles Banner mit den entsprechenden Emblemen durch den Hofwappenmaler von Glinski unfertigen lassen, welches demnächst nach Amerika abgeht. — Der Wiener „Presse" wird von hier gemeldet: „Edhem Pascha wollte vor seiner Abreise nach Konstantinopel beim Fürsten Bismarck sich verabschieden. Es wurde dem türkischen Botschafter aber klar, daß der Canzler Auseinandersetzungen bei einer Abschieds- audicnz nicht herbeisehne. Wohl aber ließ Fürst Bismarck ihm den Statt) zukommen, die Pforte möge sich der Nachgiebigkeit be fleißigen, sonst sei der Krieg unvermeidlich. Insbesondere aber möge die Pforte ihre hartnäckige Weigerung, sich von dem Pariser Tractat zu entfernen, aufgeben und die geforderten Garantieen accep- tiren. Rußlands Ehre sei bereits zu weit engagirt, als daß es sich um eines geringeren Preises willen zufrieden geben könnte." — Der Reichscanzler hat dem Bundesrath einen von der preußischen Regierung eingebrachten Gesetzentwurf, betreffend die Erhebung von Ausgleichungs-Abgaben bei der Einfuhr ausländischer Waaren, zur Beschlußnahme vorgelegt. -- Ein dem Bundesrache vorgelegter Gesetzentwurf betrifft die Abänderung mehrerer Reichstagswahlkreise. Im Königreich Sachsen wird eine solche für den 1.—23. Wahlkreis be abfichtigt. Die Vorlage wird damit motivirt, daß in den von der selben betroffenen Bundesstaaten in Folge neuerdings vollzogener Ab änderungen in der Abgrenzung von Verwaltungsbezirken das Bedürfniß iu entsprechenden Abänderungen in der Abgrenzung der Reichstags Wahlbezirke eingetreten ist. Man ist dabei von der Absicht auSgc- gangen, vielfache Unzuträglichkeiten, welche bisher bei dem Wahlgeschäft vorgekommen, zu beseitigen. — jBroschüre. j Die „Vossifche Zeitung" schreibt: In diesem Frühjahre waren bekanntlich zwei Jmmediatberichte des Reichskanzlers aus dem Jahre 1873 im „Reichsanzeiger" veröffentlicht worden. Der Reichscanzler hatte in denselben dem Kaiser den Verdacht ausgesprochen, daß Graf Arnim in Paris die öffentlichen Interessen seinem Privat interesse opfere, hatte behauptet, daß die englische Regierung bei der ersten Anfühlung gegen den Grafen Arnim seiner Unglaubwürdigkeit halber protestirt habe, und schließlich in Betreff der Conventionsver handlungen, welche auch die Grundlage des Landesverraths-Processes bilden, Vorwürfe aller Art gegen den Grafen Arnim erhoben. Graf Harry Arnim hatte hierauf im September d. I. von Genf aus einen Brief als Manuscript gedruckt an den Reichskanzler gerichtet, worin er die beiden ersten Behauptungen des Reichscanzlers zurückweist, und nach Beweisen verlangt. Gleichzeitig widerlegt er actenmäßig die Landesverrathsklage, so wie die in seinem Jmmediatbericht erhobenen Vorwürfe des Reichscanzlers. Da weder eine Erwiederung auf diese actenmäßige Darstellung erfolgt ist, noch eine Antwort auf das Ver langen nach Erbringung von Beweisen, so scheint Graf Arnim sich entschlossen zu haben, diesen seinen Brief, nebst Anklageschrift mit Actenstücken, her trrthümlicher Weise als ?ro Mkilo II. bezeichnet wird, der Oeffentlichkeit zu übergeben. Derselbe liegt seit einigen Tagen hier im Buchhandel auf. — Nach einer Bestimmung des kaiserlichen General-Telegraphen amts wird versuchsweise nachgegeben, daß die Telegraphenanstalten auf Verlangen auch Telegramme mit zwei Worten, also solche, welche nur aus einer Adresse bestehen, annehmen und befördern. — Von Seiten der Socialdemokraten sind für Berlin bereits Candidaten zu den Reichstagswahlen aufgestellt worden und zwar für den 1. Wahlkreis der gegenwärtige Reichstags-Abgeordnete Schriftsteller Johann Most, für den 2. Schriftsetzer August Bau mann, für den 3. Buchhalter Heinrich Rackow, für den 4. der frühere Reichstags-Abgeordnete Cigarrenmacher F. W. Fritsche, für den 5. Zimmerer Otto Kapell und für den 6. der gegenwärtige Reichstags- Abgeordnete Schriftsteller Hasenclever zu Leipzig. Oldenburg, 23.Nov. Aus der Rede, mit welcher der Cultus- minister, geh. Staatsrath Mutzenbecher, die 12. Landes syn ode er öffnet hat, sei hier folgende Stelle wiedergegeben: „In den drei Jahren, welche seit der letzten Versammlung der Landcssynode verflossen sind, hat die äußere Gestaltung der kirchlichen Verhältnisse in unserem deutschen Vaterlande manche tiefeingreifende Aenderung erfahren, aber wer möchte leugnen, daß unsere evangelische Kirche noch nicht in die friedlichen Bahnen ein gelenkt ist, welche allein eine segensreiche Entwickelung des kirchlichen Lebens ver- nirgen? Im Innern der Kirche stehen schroffe Gegensätze sich unvermittelt gegen über, welche nur überwunden werden können, wenn die Kirche sich ihrer festen Grundlage und ihrer Grenzen klar bewußt bleibt. Nach außen hat sie zu kämpfen gegen die materialistische Richtung der Zeit, welche in ihren letzten Ausläufern, den socialdemokratischen Bestrebungen, die christliche Cultur, unsere gesammte geistige Entwickelung in ihren Grundvesten erschüttert. Sie muß ferner" geduldig die Opfer tragen, welche die leider noch immer nicht ausgeglichenen Kämpfe zwischen Staat und Kirche ihr aufcrlegcn. Auch unsere Landeskirche ist von dieser Rückwirkung nicht unberührt geblieben, als das Reichsgesetz, bctr. die Beur kundung des Personenstandes und die Eheschließung, alten kirchlichen Institutionen weltliche Acte an die Seite stellte und diese ausschließlich mit dem Vorrechte weltlichen Zwanges ausrüstete. Der Großherzog hat mit großer Befriedigung bemerkt, wie der christliche Sinn unserer Bevölkerung sich auch ohne Zwang frei bethätigt und die Befürchtungen, welche sich an die Durchführung dieses Gesetzes knüpften, bei uns zum größten Theile nicht in Erfüllung gegangen sind." Cassel, 25. November. (L. Z.) Die Beschlagnahme der Broschüre des Prinzen Heinrich von Hanau ist durch einen neueren Beschluß des hiesigen Kreisgerichts wieder aufgehoben und damit die Einleitung des vor wenigen Tagen noch als wahrscheinlich ge goltenen Hochverrathsprocesses aussichtslos. Oesterreich. Wien, 26. November. Der Kaiser und der Großherzog Ferdinand von Toscana sind heute Abends nach Gödöllö abgereist. — Der ungarische Finanzminister Szell ist heute Nachmittags mit dem Courierzuge der Staatsbahn aus Pesth hier eingetroffen. — Der österreichische General-Consul in Belgrad, Fürst Nicolaus Wrede, ist fier angekommen, und zwar auf Berufung des Grafen Andrassy. Prag, 25. Novbr. (Dr. I.) Die Demolirung der hiesigen Festungs mauern ist bereits so weit gediehen, daß von dem ehe maligen Wallgürtel, der Prag von allen Seilen umgab und der Er weiterung unüberwindliche Schwierigkeiten entgegensetzte, nur noch ein