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8530 kommen lassen, welche im Cötus der vereinigten Anstalten vor schriftsgemäß publicirt wurde. In Reichendach i. V. wurde am 7. Dcebr. der 19 Jahr alte Fabrikarbeiter Seidel von einer im Gange befindlichen Welle erfaßt und dabei derart verletzt, daß sein Tod alSbald erfolgte. Preußer». Berlin, 11. Deebr. Der Kronprinz gedenkt etwa am 20. d. M. mit der Kronprinzessin, sowie mit den Prinzessinnen Charlotte und Victoria und dem Prinzen Waldemar nach Berlin zurückzukehren. Die Prinzen Wilhelm und Heinrich werden noch bis zum Frühjahr im südlichen Frankreich verweilen. — Der Bundescanzler Graf Bismarck nahm am Donners tage an einem Diner Theil, welches der Minister des Innern, Grafzu Eulenburg, den Mitgliedern des Staatsministeriums gab. — Bekanntlich hat das Abgeordnetenhaus von dem Etat des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten 30,000 Thlr. Aversional-Entschädigung an den Norddeutschen Bund für Be sorgung speciell preußischer Angelegenheiten gestrichen und nur einen einmaligen Beitrag zu jenem Betrage bewilligt, lieber diesen Beschluß äußert sich die „Weser-Zeitung" in einer Weise, welche auch die „Nordd. Allg. Ztg." völlig billigt. Das Blatt schreibt: „Es liegt wohl aus der Hand, daß dieser Beschluß eine pecuniaire Be deutung nicht hat und nicht hat haben sollen; denn sür Preußen handelt es sich in Wirklichkeit nur um eine Ausgabe von 6000 Thlr. mehr oder weniger, da ja von jenen 30,000 Thlrn., wenn der Bund sie aus eigenen Mitteln decken soll, fünf Sechstel immer von Preußen ausgebracht werden müssen. Die Opposition gegen das vom Bunde und der Preuß. Regierung getroffene Abkomnien muß daher irgend einen anderen Grund haben. Nach den Aeußerungen des Herrn Lasker, welcher die Streichung beantragte, zu schließen, hat man durch die letztere die kleineren Staaten züchtigen wollen, denen man vorwirft, sie hätten aus engherzigem Eigensinn ge fordert, daß Preußen die geringfügigen Mühewaltungen des Bundes für preußische Angelegenheiten baar vergüte. In der That glauben wir, daß der Hergang im Bundesrath diesem Vorwurs bis zu gewissem Grade ent spricht. Irren wir nicht, so war es Sachsen, welches darauf hinwies, daß die neue Einrichtung zwar Preußen, keineswegs aber die übrigen Bundesstaaten von allen Ausgaben für auswärtige Zwecke entlaste. Nicht allein werden die letzteren ihre beschäftigungslos werdenden Diplomaten und Gesandtschastsbeamten bis zu deren Aussterben auf dem Etat behalten, sondern sie werden auch dauernd einer Behörde sür solche auswärtige Ge schäfte bedürfen, deren der Bund sich nicht annimmt. Das Königreich Sachsen z. B. hat natürlich fortwährend mit seinen Nachbarstaaten eine Menge von Angelegenheiten zu ordnen, die mit der Wirksamkeit des Bundes canzleramtes nichts zu schassen haben. Um nur eins zu nennen, so müssen alle Grenz- und Hoheitsstreitigkeiten zwischen zwei Bundesstaaten direct zwischen den beiden Parteien verhandelt werden. Bei einer derartigen Ver handlung zwischen Preußen würden nun, wenn das ganze auswärtige Departement von Preußen aus den Bund überginge, die Kosten Preußens vom Bunde, die Kosten Sachsens dagegen von Sachsen selbst getragen werden müßen. Deshalb, so wurde argumentirt, sei es nicht mehr als billig, daß Preußen die Bundescasse sür die Wahrnehmung der besonderen preußischen Angelegenheiten entschädige. Die Präsidialmacht hat sich diesem Ansinnen ohne Widerstand gefügt, der Bundesrath hat es gut geheißen und der Reichstag hat es, soweit wir uns erinnern, ohne Widerrede ge nehmigt. Wir wollen nicht in Abrede stellen, daß diese Art der Berech nung etwas Kleinliches hat. Ob der Bund 6000 Thlr. mehr oder weniger einnimmt, ist sehr gleichgiltig. Allein abgesehen davon, ist die sächs. Argumentation unzweifelhaft richtig. Die Präsidialmacht that daher unseres Erachtens sehr wohl, dieseloe sofort, da sie einmal geltend gemacht wurde, als triftig anzuerkennen und sich zur Leistung einer angemessenen Vergütung bereit zu erklären. Wahrscheinlich ging sie dabei von der Erwägung aus, daß Preußen den Schein vermeiden müsse, als ob es aus Kosten seiner Bundesgenossen sich kleine pecuniaire Vortheile zuwenden wolle. Denn so geringfügig auch der Profit im vorliegenden Falle gewesen wäre, die Feinde hätten unjehlbar die Sache als eine monströse Uebervortheilung dargestellt. Freilich hätte man ihnen entgegnen können, daß Preußen dem Bunde eine Mitgift zubringe, deren Werth die fraglichen 30,000 Thlr. pr. Jahr Wohl reichlich begleichen möchte, als das Hotel der aus wärtigen Angelegenheiten in der Wilhelmstraße zu Berlin, die Einrichtung der Canzleien, die Gesaudtschaftshotels in mehreren Städten, das Inventar der Legationen. Aber man weiß, wie es in solchen Fällen zu geschehen pflegt. Die eine Hälfte der Wcchrheit wäre durch alle preußenfeindlichen Blätter gegangen, die andere Hälfte wäre auf die wohlgesinnte Presse be schränkt geblieben. Plan -hat also gedacht, daß es mit 6000 Thlrn. nicht zu theuer bezahlt sei, wenn man selbst die Möglichkeit derartiger Verlästerungen avschneide. Dies ist unseres Erachtens die richtige Mamer, Bagatellen zu behandeln. Welchen Vortheil kann es gewähren, wenn nach einer peinlichen Hin- und Herrechnung es sich ergeben sollte, daß Preußen die jährliche Ausgabe von 6000 Thlrn. sich zu ersparen besugt lei ? Die Feinde werden die Genugthuung haben, sich und Änderen vorzureden, daß Preußen die Kleinstaaten ausbeute, um seine Minister und Geheimräthe zu besolden, wobei sie natürlich sich wohl hüten werden, Ziffern anzuführen. Nun ist das zwar eben nichts sehr Entsetzliches und Gefährliches, aber wenn man es leicht vermeiden kann, so sollte man es doch thun, zumal da es schon an sich gute Politik ist, sich und das Land an eine großartige Behandlung der Dinge zu gewöhnen. Das Haus der Abgeordneten setzt sich doch augen scheinlich in Desavantage, wenn nun im nächsten Frühjahr Bundesrath und Reichstag erklären, sie wollten um solcher Lapalien willen keinen Streit ansangen, sondern aus die Bezahlung der 30,000 Thlr. verzichten. Alle Welt wird dann sagen: „Der Vernünftigere hat nachgegeben". — (K. V.) In den liberalen Kreisen scheint man sich mit der Hoffnung zu schmeicheln, daß Graf Bismarck sie mit einem neuen Cultus Minister als mit einer Art Weihnachtsgeschenk beglücken werde, und die „Nat.-Ztg " benutzte denn auch die Ge legenheit, sich ihrem großen Herrn und Meister in aller Ehrer bietigkeit mit einem daraus hinzielenden Wunschzettel zu nahen. Herrn v. Mühler' s Stern glänzt indeß immer noch hell am Firmaments königlicher Huld, und der wüste Angriff, zu welchem Fortschritt und National-Liberale sich gegen Herrn v. Mühler ver einigt hatten, hat vielleicht nur dazu beigetrggen, seine Stellung nach oben hin zu befestigen. Trotz alledem steht, wie sonderbar das auch klingen mag, das Wetterglas der National-Liberalen höher als je. Deutliche Anzeichen dafür liefert die Eintracht zwischen den National-Liberalen und dem Finanzminister, liefern die Zu geständnisse des Ministers des Innern an die liberalen Parteien, liefert das Entgegenkommen selbst des Cultusministers in der An gelegenheit des hessischen Konsistoriums, liefert ferner der Handels minister mit seinem Eingehen auf verschiedene Wünsche der Liberalen und liefert namentlich der Justizminister Leonhardt mit seiner Förderung der unitarischen Bestrebungen. Sehr beachtenswerth ist in letzterer Beziehung die drohende Faust, welche die „Nordd. Allg. Ztg." neuerdings dem sächsischen Grafen Hohenthal und seinen politischen Freunden aus Anlaß des von Jenem gestellten Antrages auf Wahrung der Hoheit der Einzelstaaten entgegen streckt. Das ministerielle Blatt hat sich glücklich auf die Höhe der national-liberalen Einheitsbestrebungen emporgeschwungen und ohne Bedenken den Lehrsatz des Oberbürgermeisters von Breslau sich zu eigen gemacht, daß ein Bund, dessen verfassungsmäßigen Organen nicht die Prärogative der Selbstentscheidung über seine Kompetenz beiwohne, die Bedingungen der Lebensfähigkeit ent behre. Wäre diese Behauptung richtig, so würde daraus freilich nur zu folgern sein, daß man dem Bunde alsdann auf demselben Wege, auf dem er entstanden, nämlich auf dem Wege eines Ver trages, eine andere Form geben müsse. Aber die „N. A. Z." scheint gleichfalls von dem Einheitsfieber der National-Liberalen so sehr erfaßt zu sein, daß sie kühn über die Entstehungsgeschichte des Noldbundes hinwegspringt und ebenfalls nicht mehr den Bund, sondern nur noch den Einheitsstaat will. Daher ihre Drohung: daß der Norddeutsche Bund auch nicht den Schein des Zurückweichens eines seiner Mitglieder hinter die verfassungs mäßige Kompetenz dulden und einem solchen Versuche mit allen Mitteln entgegentreten werde. Unsere Bundesgenossen wissen also jetzt, was ihnen bevorsteht, wenn die „N. A. Z." hier wirklich als Mundstück höherer Inspirationen "benutzt wurde. Das würde denn auch vollkommen den tapfern Rückzug begreiflich machen, den die National-Liberalen mit ihren Bürgschafts-Forderungen gegenüber dem sogen. Konsolidations-Gesetz angetreten haben. Breslau, 10. Dec. Die Stadtverordneten haben die Zeich nung von 100,000 Thaler in Stammactien und 100,000 Thaler in Prioritäten für dieBr eslau - Warschauer Eisenbahn bewilligt. Düsseldorf, 10. Dec. (K. V.) Der durch die Neuwieder Affaire bekannte Divisionspfarrer vr. Kayser hierselbst ist von seinen Amtsfunctionen suspendirt, da er gegen kirchliche Vor schrift die Trauung deS Fürsten Carl von Rumänien mit der