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Prinzessin von Wied vorgenommen hatte. Eine von Mehrern beabsichtigte canonische Klage ist somit gegenstandslos geworden. Bayern. München, 9. Decbr. Wie der „Volksbote" „aus sicherer Quelle" erfährt, wird Stiftspropst v. Döllinger als sä latus des Fürsten von Schwarzenberg, Cardinal-Erzbischofs von Prag, nach Rom berufen werden. (Auch aus dieser Berufung dürfte man vielleicht den Schluß ziehen, daß die Absicht, die Jnfallibilität des Papstes zum Dogma zu erheben, noch keineswegs aufge geben sei. Bekanntlich gilt Fürst Schwarzenberg ebensowohl wie Herr v. Döllinger als einer der entschiedensten Gegner der In- sallibilität.) Oesterreich. Wien, 8. Decbr. (L. Z.) An einen entscheidenden Aus bruch der Ministerkrisis ist vorläufig nicht zu denken, zumal der Kaiser den Entschluß kundgegeben, an dem streng constitu- tionellen Standpunkte se^uhalten und der parlamentarischen Ent wickelung der Dinge in keiner Weise vorgreifen zu wollen. Die für die erste Hälfte des Januar in Aussicht stehende Adreßdebatte wird wohl sofort einen klaren Einblick in die Situation gewähren und für das Ausscheiden dieser oder jener Ministergruppe aus dem Cabinet verläßliche Anhaltspunkte bieten. Im Reichsrathe sollen zuerst die dalmatinischen Angelegenheiten zur Sprache und dann die galizische Resolution an die Reihe kommen und mit ihr die Frage wegen der Verfassungsreform. Hierauf kommt das Budget für 1870, das durch den dalmatinischen Aufstand wesent lich modificirt erscheinen dürfte. — In Agramer Militairkreisen spricht man von einer bevorstehenden Truppenconcentrirung in Croatien und von der Ernennung des Generals Wagner zum Commandirenden von Croatien und Slavonien. Wien, 11. Decbr. Der „N. fr. Pr." sind von verläßlicher Seite eine Reihe von Berichten über den Stand der Dinge in der Bocche-di-Cattaro zugegangcn, welche die dortige Lage in weit beruhigenderem Lichte erscheinen lassen, als nach den bisherigen Berichten allgemein angenommen wurde. Die ganze Zupa ist ruhig und pacificirt bis aus drei Gemeinden und FML. v. Wagner soll vor seiner Abreise nach Wien den Bewohnern der Zupa, deren Häuser und Oelbäume bei der letzten Expedition zerstört wurden, «ine vorläufige Entschädigung von 20,000 Fl. angewiesen haben. Die Unterwerfung deS Bezirkes von Castel nuovo wurde bereits gemeldet, und so ist nun nm die Crivoscie noch insurgirt, aber auch dort ist die Jnsurrcction im Ersterben. In dem Maße eben, als Montenegro die Mittel zur Unterstützung des Aufstandes, Proviant und Munition, ausgehen, wird die Lage der Crivoscianer schwieriger, und der Winter dürfte das klebrige um so mehr thun, als den Aufständischen der Weg zur Küste, wo sie sich Proviant holen könnten, völlig abgeschnitten ist. Die Nachricht von der Wiederausnahme der militairischcn Operationen ist höchstens in dem beschränkten Sinne zu verstehen, daß gegen die oberhalb Budua liegenden Gemeinden Pobori, Braich und Maini von der Colonne des Brigadiers v. Schön feld vorgegangen werden sollte. Die Aufständischen der Dörfer Pobori, Maini, Braich, denen sich ungefähr 40 Zupaner ange schlossen haben mögen, setzen, an Montenegro gelehnt, den Kampf gegen die kaiserlichen Truppen fort. Ihre Ausstellung ist hart an der montenegrinischen Grenze, so daß eine Einschiebung der Truppen zwischen ihre Horden und die Grenze nicht wohl möglich ist, da sie in solchem Falle eben längs der Grenze sich zurück ziehen und, wenn alles Geplänkel hinter den Felsen nicht mehr ausreicht, sich auf das nächste montenegrinische Gebiet werfen. Truppenbewegungen und kleine Scharmützel sind dort an der Tagesordnung. — In dem Befinden des Neichsfinanzministers Freiherrn v. Becke ist gestern eine günstige Wendung eingetreten, welche, wenn sie anhält, die tief gesunkene Hoffnung auf Wiederherstellung neu belebt. sEin Hirtenbriefs Der Fürstbischof von Laibach hat vor seiner Abreise nach Rom eine Lurrende an die Seelsorge geistlichkeit erlassen, in welcher er die näheren Bestimmungen kennzeichnet, welche den Seelsorgern als Richtschnur in ihrem Verhältnisse zu der neuesten Schuleinrichtung dienen sollen. Der Schluß derselben lautet: Das Staatsgesetz, welchem wir allezeit Gehorsam schuldig sind, wenn selbes nicht ganz unbestreitbar der göttlichen Wahrheit widerspricht, macht es zur Pflicht, die uns als Religionslehrern zugemessenen Stunden in der Schule wohl zu benützen. Die Schille ist unserer Aufsicht entzogen worden, lassen wir uns angelegen sein, durch unser ganzes Benehmen den Beweis zu liesern, daß die Schule voll uns keinen Nachtheil zu befürchten hat. Unterordnen wir uns ohne alle gereizte Stimmung den öffentlichen Vor schriften hinsichtlich der öffentlichen Prüfungen, auch aus der Religionslehre. Wir werden durch Absonderung, durch öffentliche Empfindlichkeiten nur der Sache Christi schaden und auch den Kindern, weil die nicht unter der ge setzlichen Aufsicht vorgenommene Prüfung für die öffentlichen Zeugnisse werthlos wäre. Wo wir Gutes wirken, wo wir unser und unserer Brüder Heil befördern, dort wollen wir weder rechts, noch links mit Mißtrauen oder eitler Selbstgefälligkeit blicken. Der Pesther „Neue Freie Lloyd" schleudert eine schwere Anklage gegen das Verfahren bei der Vergebung eines Ent sumpfungs-Unternehmens an der Save. Eine französische Ge sellschaft hatte die Arbeiten um 2,200,000 Fl. übernehmen wollen; man übertrug dieselben aber einem aristokratischen Consortium, das sie um 4,500,000 Fl. zu liefern versprach. Dieses Consortium überließ die Sache unterm 19. Juni d. I. an die Wiener Bau- Unternehmer Pelli und Picini, welche die Ausführung um 2,575,000 Fl. auf sich nahmen; diese aber traten ihren Vertrag wieder an Radice und Comp. für 2,240,250 Fl. ab. Das erstgenannte Consortium profitirte also durch seine bloße Unter schrift 1,925,000 Fl., das zweite in gleicher Art und Weise 334,750 Fl„ und das letztgenannte dritte wird wahrscheinlich eben falls nicht zu kurz kommen. So ist es keine Kunst, schnell reich zu werden; aber die Steuerpflichtigen in letzter Instanz büßen dafür. Triest. sAmnestiegesuch.j Bezüglich des vom hiesigen Stadtrathe beschlossenen und vom Präsidium dem Kaiser bei seiner Anwesenheit hierselbst überreichten Begnadigungsgesuches hat Se. Maj. (nach der „Tr. Z") geäußert, daß kein Herrscher so viele Amnestien erlassen wie er und dafür mit solchem Undank belohnt worden, indem viele der Begnadigten sich gleich wieder den früheren Umtrieben hingegeben; indessen wolle er den Bittstellern keines wegs die Hoffnung benehmen, und wie es seine Pflicht als con- stitutioneller Monarch erheische, den Justizminister mit einem ge nauen und ausführlichen Berichte beauftragen, worauf die weiteren Entschließungen bekannt gegeben werden würden. Italien. Florenz, 7. Decbr. Lanza hat es nicht vermocht, ein Ministerium in seinem Sinne zusammenzubringen; er ist von Florenz abgereist, und scheint an der Wiederherstellung des großen Kranken, als welchen er das Reich Italien bezeichnete, nunmehr zu ver zweifeln, ihn aufzugeben. Das Mittel, dem erhabenen Kranken aufzuhelsen, wollte er darin finden, daß ein Mal das ewige Ader lässen, das in Italien bei den Medicinern noch so beliebt ist, auf hören solle. Es sollten wenigstens 50 Millionen an bisherigen ordentlichen Ausgaben erspart werden, und zwar an Ausgaben für die Armee und die Marine. Er hatte den König dafür gewonnen. „Wenns Noth thut", soll er dem Könige gesagt haben, „werden wir selbst das Hemd versetzen." Diese in echt piemontesischer Mundart gesprochenen Worte sollen auf den König den tiefsten Eindruck gemacht haben. Aber er hatte die in Italien mißliebigste Cur vorgeschiagen. Mit jedem andern Programm hätte er ein Ministerium zusammengebracht, aber Sparsamkeit, Oeconomie in der Verwaltung, das Wort perhorresciren Diejenigen, die regieren wollen. Die erhabene Italia wurde bisher immer-