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mit dem Rodigt verbunden gewesen zu sein (Abb. 1). Deshalb ist es auch ziemlich wahrscheinlich, daß die Burg auf dem Rodigt um die Mitte des 12. Jh. voll funk tionstüchtig war. Das ergibt sich aus der Einheit von Wehranlage, Siedelbahn 20 , alter Muldenfurt (Abb. 2) und Wegen, die mit der Burg in Verbindung standen. Für den Rodigt waren aller Wahrscheinlichkeit nach zwei Wege von Bedeutung: einmal die die Rodedörfer verbindende „Bergstraße“, die unmittelbar am Rodigt vorbeiführt, als „Berggasse“ 21 einem Hohlweg ins Tal folgt, die Muldenfurt am Fuße von Rodigt und Schloßberg passiert und Anschluß in Richtung Meißen findet; zum anderen der „grüne Weg“, der aus dem Altsiedelgebiet kommt, die Furt am Dechantsberg benutzt und von Altzella her das spätere Nossener Stadt gebiet berührt und in die Berggasse einmündet, die zum Rodigt führt. 22 Soweit die Quellen gegenwärtig eine Aussage zulassen, war der Rodigt vom 10. bis 12. Jh. mit ziemlicher Sicherheit in Funktion. Vor oder nach 1200 entstand wahrscheinlich die hochmittelalterliche Burg auf dem Schloßberg, die wohl in einem längeren Prozeß die ältere Anlage des Rodigt ablöste. Beide Anlagen kann man mit den Herren von Nossen in Verbindung bringen. 23 Daß ein Ablösungsverhältnis zwischen beiden Burgen bestand, unterstreicht nicht nur die Heimatsage, sondern fand auch in der Karte von Oeder (Bl. 12) mit der Bezeichnung „Am alten Schloßbergk“ seinen archivalischen Niederschlag. Es ist der älteste schriftlich überlieferte Name für den Rodigt und braucht nicht an gezweifelt zu werden. Er drückt das Ablösungsverhältnis (alt—neu) beider Wehranlagen aus, wie es die Bevölkerung jahrhundertelang bildlich vor Augen hatte. Die Aufwertung des Rodigt für die frühfeudale Geschichte des Nossener Raumes hat Konsequenzen für die Interpretation frühstädtischer Verhältnisse in Nossen. 20 Vgl. Buchner (1982, S. 115), die allgemein davon spricht, daß in vielen Fällen eine Burg am Rande des Altsiedelgebietes den Rückhalt für die Kolonisation abgab. 21 Wenn die Bergstraße, von Siebenlehn und Breitenbach kommend, die „Berghäuser“ er reicht, gabelt sie sich in einen zum Rodigt führenden Weg und in einen die Wehranlage umschließenden Hohlweg (FNV Nossen, AH Meißen 170), der auf dem Stadtplan von Lochner (1890, StM Nossen) mit „Berggasse“ bezeichnet wird. Vermutlich trug der Ab schnitt der Dresdener Straße, der auf die Muldenfurt zuläuft, ebenfalls den Namen „Berg gasse“. In diesen Zusammenhang paßt auch die 1436 erwähnte Bergbrücke. In der Urkunde wird ein „unterhalb der Stadt Sebinlehin hinter der Burg Nossen bei der sog. Bergbrücke gelegenes Stück Holz“ aufgeführt (AZR 660). Da bei Oeder (Bl. 12) nur eine Mulden brücke eingezeichnet ist, könnte die zwischen Schloßberg und Rodigt gemeint sein. 22 Nachweis des „grünen Weges“ zwischen Meißen und Nossen: Miltitz — Malitzsch — Deutschenbora — Wendischbora — Nossen (in Richtung Zella) (FNV AH Meißen 149, 135, 19, 20, 170 u. Stadtplan Lochner um 1890, StA Nossen) — Rhäsa (Dechantsberg) (FNV AH Meißen 209, Ob., Sekt. 9). 23 Das ergibt sich einerseits daraus, daß dieses Geschlecht schon längere Zeit vor der ersten urkundlichen Erwähnung aufgrund seiner Verfügungsgewalt über den Burgbezirk an sässig gewesen sein dürfte, zum anderen können nach 1200 mindestens zwei Familien der Herren nachgewiesen werden (Tab. 1), so daß sowohl ein zeitliches Nacheinander als auch ein Nebeneinander der Nutzung der Wehranlagen möglich war.