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gebiet, und diesen sowie anderen ökonomischen Faktoren verdankt wohl die Siedlung an der Nossener Muldenfurt ihre Entstehung. 1.3. Die Einordnung der Nossener Wehranlagen in den regionalhistorischen Zusammenhang Da Besiedlung, gesellschaftliche Entwicklung und der Bau von Wehranlagen seit der späten Urgesellschaft in einem engen historischen Zusammenhang stehen, ist es notwendig, die Rolle der drei Nossener Wehranlagen in diesem Prozeß zu klären. Offensichtlich standen die Burgen auf dem Dechantsberg, Rodigt und Schloßberg in einem zeitlichen und entwicklungsmäßigen Zusammenhang (Abb. 2), der für eine Reihenbildung von Wehranlagen charakteristisch ist (Hoffmann 1980, S. 87; Buchner 1982, S. 66). Weil es sich bei den Nossener Burgen um jeweils eigenständige topographische Gebilde handelt, die in einem bestimmten Zeitraum der regionalen Entwicklung dominierten, sind durch eine genauere zeitliche Einordnung der Anlagen auch mit der Burgenentwicklung zusammenhängende Probleme (Besiedlung, Ver kehrswege, städtische Entwicklung) im Längsschnitt zu erfassen. Wie schon erwähnt, markiert der Dechantsberg (Flur Rhäsa) den Anfang dieser Entwicklung. Coblenz und Billig sehen in dieser Wehranlage eine der 14 „civitates" des Bayrischen Geographen (Coblenz 1970, S. 137ff.; Billig 1979, S. 8). Die nachgewiesene Holz-Stein-Erde-Mauer 16 sowie älterslawisches Fund material, das in die Entwicklungslinie Rüssen—Rötha—Leipzig einzuordnen ist (Anm. 1; Abb. 4), bilden die Grundlage für die vorgenommene Identifizie rung. Aufgrund der Zerstörung der Burg auf dem Dechantsberg zu Beginn des 10. Jh. kann diese für die Festigung der deutschen Feudalherrschaft keine Rolle mehr gespielt haben. Als Nachfolgerin und frühfeudales Bindeglied zwischen der älterslawischen Anlage auf dem Dechantsberg und der hochfeudalen Burg auf dem Schloßberg Nossen kann nur der Rodigt in Frage kommen. Allerdings ist die Datierung dieser Burg ziemlich unsicher, da jegliche Grabung fehlt und der gegenwärtige äußere Zustand der Anlage zu wenig diesbezügliche Aufschlüsse gibt. 17 In dieser Großräumigkeit (Länge ca. 180 m) entspricht sie durchaus typischen Anlagen des 10. bis 12. Jh. Wann jedoch ihr genauer Anfang lag und wann sie aufgegeben wurde, bleibt unsicher. Scherben des 9./10. Jh. (OA Nossen, LMD; Abb. 5) passen nicht recht zum Gesamtcharakter der Wehranlage und können auch durch slawische Waldnutzung erklärt werden. 16 Nach Tackenberg (1938, S. 175ff.) wurde die Burg in der ersten Hälfte des 10. Jh. im Zusammenhang mit der Eroberung des Gebietes durch die deutschen Feudalherren zerstört (Brandreste). Auch Coblenz (LMD) begrenzt die Nutzung der Wehranlage auf das Ende des 9./Anfang des 10. Jh. (mdl. Auskunft im Mai 1979). 17 Bei beiden Begehungen (Juni 1979, Juli 1989) konnten im Wallinneren weder die bei Beyer (1855, S. 197) erwähnten Reste eines Mauerwerkes in einem Viereck noch die bei Gurlitt (1925, S. 42) aufgeführte Aufschüttung einer kreisförmigen Fläche (ebenfalls mit Steinresten) wahrgenommen werden.