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In diesem eigenartigen Befund erkannte A. Haase bald „Merkmale eines Schmelzofens“. 126 G. Billig (1954, S. 53) dachte zwar mit Blick auf ethnogra phische Beispiele an „ein offenes Feuer“, also an eine sog. „Schmelzgrube’, jedoch spricht das Verbindungsgräbchen nachdrücklich für eine geschlossene Kon struktion, denn die 0,3 m tief unter die rezente Oberfläche bis in den Gewachsenen greifenden schmalen „Kanäle" wird man sich kaum anders als ursprünglich röhrenförmig vorstellen können. Die Brandspuren bezeichnen offensichtlich die Basis eines aufgehenden runden Ofenschachtes, der mit einem Außendurchmesser von nur 0,6—0,7 m lediglich eine geringe Höhe und damit kleine Kapazität be sessen haben kann. 127 Von den Gruben zu beiden Seiten aus wurden gewiß Blasebälge betrieben. Die Windkanäle könnten, nach den abschätzbaren Ab messungen und der leicht konischen Form zu urteilen, ursprünglich Tondüsen aufgenommen haben, wie sie aus der späten Bronze- und frühen Eisenzeit unseres Raumes mehrfach überliefert sind (z. B. Pietzsch 1971, Abb. 10—11). Die nach Manuskriptabschluß im Vogtlandmuseum Plauen aufgefundenen Original abgüsse der beiden Arbeitsgruben geben willkommenen Anlaß zu einer inten siveren Beschäftigung mit diesem interessanten Objekt (Abb. 8,2), das weit und breit seinesgleichen sucht. 128 Hingewiesen sei an dieser Stelle lediglich auf eine jüngst publizierte Parallele aus Parchim (Becker 1989). Von zwei wiederum durch eine kurze, englichtige Rinne miteinander verbundenen rundlichen Gruben ver gleichbarer Dimension enthielt die tiefere mit ebenem Boden neben anderen Sied lungsresten u. a. Schlackestücke, Fragmente von Düsenziegeln und einen kleinen Schmelztiegel, während über der muldenförmigen wohl der Ofenschacht gesucht werden darf. Ein in Form, Größe und Aufbau vergleichbarer Schmelzofen, ebenfalls mit zu vermutender Luftzufuhr von einer Grube aus, läßt sich unter den zahlreichen metallurgischen Relikten auf der Heidenschanze bei Dresden- Coschütz benennen (Simon 1992). Schon das Mecklenburger Beispiel legt nahe, daß derartige Schachtöfen nicht ausschließlich der Erzverhüttung gedient haben. Die Taltitzer Siedlung liegt indes in der Nachbarschaft vermutlich ausgebeuteter Kupfer- und Eisenerz gänge (Abb. 5), und auch die Kupferspuren sowie der im Mantel bzw. in der Schlacke nachgewiesene Eisengehalt sprechen für ihren Einsatz (Zapotocky 1982, S. 395f., 404; Simon 1985b, Anm. 13; Waldhauser 1986, S. 202). 129 Demnach hat 126 In Briefen an W. Witter v. 3. und 4. 6. 1941 (OAD). 127 Zu den geringen Dimensionen früher Schmelzöfen vgl. bereits Witter 1936 b, S. 144. 128 Der „Erzschmelzofen“ von der Heidenschanze bei Dresden-Coschütz (Pietzsch 1971, S. 35ff.; danach u. a. Coblenz 1982, S. 331; Jockenhövel 1986, S. 215, 219) scheidet allein schon wegen seines angeblichen Basisdurchmessers von 5 m bei einer angenommenen Höhe von 3 m als ein solcher aus (Simon 1985 b, S. 173; Roden 1988, Anm. 215; künftig ausführlich Simon 1992). Der „Bronzegußofen“ aus einer hallstattzeitlichen Metallwerker siedlung von Jena hat anscheinend eher der Eisengewinnung gedient (Simon 1985 b, Anm. 13), obwohl auch beim Kupferschmelzen eine „Eisensau“ anfallen kann (Sperl 1977, S. 183). 129 Vgl. die irrtümliche Deutung des Befundes als „Eisenschmelze“ durch A. Haase (Bericht v. 9. 3. 1942 - s. Anm. 124).