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Abstimmung nicht zugegen bleiben. Wie bereits in dem früheren Abschnitte unter Nr. 5. auSeinandergesetzt worden ist, Haden die Geschwornen jede-mal folgende beiden Haupt fragen »u beantworten: ersten-, ob der Angeklagte dle ihm zur Last gelegten Lhaten begangen habe, und sodann zwei ten-, ob der Angeklagte sich dadurch de- ihm beigemeffenen Verbrechen- schuldig gemacht habe. Die erste dieser beiden Fragen müssen die Geschwornen aUemal entscheiden; wenn aber zwei Drittheile von ihnen (also 8) Bedenken tragen, sich auch über die zweite Frage au-zusprechen, so ist ihnen gestattet, nur die erste Frage (die reine Lhatfrage) zu ent scheiden und die Beurtheilung der anderen Frage der Cri- minalbehirde zu überlassen. In diesem Falle sprechen sie weder das Schuldig noch da- Nichtschuldig au-, sondern geben nach h. 35. de- Gesetze- folgende Antwort: „Ja, der Angeklagte hat die in der gestellten Frage bezeichnete Hand lung begangen; eS ist den Geschwornen aber unbekannt, ob er deßhalb strafbar sei." Vin solcher Ausspruch, welcher auch in Nordamerika und in England üblich ist, wird im Gegensätze zu dem Generalverdicte, durch welche- die Ge- schwornen beide Fragen zugleich beantworten, ein Special- verdict genannt. Zur Beantwortung einer jeden Frage ist eine Stimmenmehrheit von zwei Dritttheilen (8) der Ge schwornen erforderlich, sonst gilt die Frage al- zu des An geklagten Gunsten entschieden. Nach der Abstimmung, welche mittelst Stimmzettel und durch Ja oder Nein er folgt, kehren die Geschwornen in den Gerichtssaal zurück, wo der Obmann derselben ihre Entscheidung laut verkündet. Gründe für ihren AuSspruch brauchen die Geschwornen nicht anzugeben. Hieraus hat die Criminalbehörde ein Er- kenntniß zu fallen, was, wenn die Geschwornen den Ange* klagten nicht für unschuldig befunden haben, in geheimer Sitzung und nach einfacher Stimmenmehrheit erfolgt. DaS Erkenntniß, welchem Entscheidungsgründe beizufügen sind, wird an demselben oder, wenn inmittelst die Nachtzeit her eingebrochen ist, am nächstfolgenden Lage in öffentlicher Sitzung mündlich bekannt gemacht. Ueber da- Wesentliche der gesammten Hauptuntersuchung wird ein Protokoll aus genommen. — Gegen den Ausspruch der Geschwornen ist eine Appellation nicht zulässig, wohl aber ist dem Ange klagten sowohl wie dem StaatSanwalte gestattet, wegen Formfehler die Nichtigkeitsbeschwerde, jedoch bei deren Ver lust binnen 8 Tagen von Bekanntmachung de- Unheil- an gerechnet, zu erheben. Wird diese von dem höheren Ge richtshöfe für begründet erachtet, so muß eine nochmalige Hauptverhandlung, und zwar vor einer anderen Criminal- behörde, stattfinden. Gegen die Entscheidung der Criminal behörde, m-besondere also gegen die von dieser ausgesprochene Art und Höhe der Strafe steht dem Angeklagten sowohl al- auch dem StaatSanwalte eine Appellation auf Abän derung deS UrtheilS zu. Ist diese von dem StaatSanwalte eingewendet, so kann auch auf eine härtere Strafe erkannt werden. Die Entscheidung über die gedachten Rechts mittel steht einer auS 5 Räthen zu bildenden Abtheilung deS OberappellationSgerichteS zu, und über die gegen deren Entscheidungen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden erkennt daS OberappcllationSgericht in voller Sitzung. Die Verhandlungen vor dem OoerappellationSgerichte sind ebenfall- öffentlich. So ist denn mit der Umgestaltung unsere- Strafpro zesse- der Anfang gemacht. Wir finden, dass der Gesetz geber Vorzüge de- englischen und Vorzüge deS französischen Strafverfahren- aus beihen Proceßarten herau-gehoben und sie in umsichtiger Weise durch die Verbindung mit selbst ständigen und neuen Einrichtungen zu einem Ganzen ver schmolzen hat. Wenn erst daS neue Strafverfahren in'S Leben getreten sein wird, werden auch diejenigen, welche ihm jetzt noch abhold sind, von feinen Vorzügen durch die eigene Anschauung überzeugt werden. Von de» Geschwor nen allein aber freilich w,rd es abhängen, dem Institute der Schwurgerichte die Anerkennung und das vertrauen von Seiten der bürgerlichen Gesellschaft zu verschaffen und zu erhalten; sie werden dieß erreichen, wenn sie, eingedenk ihre- Eides, weder durch Einschüchterungen, noch durch Versvrechungen, noch durch persönliche oder politische Ne» benrucksichten.sich beim AuSsprechen ihres UrtheilS leiten lassen, sondern dabei nur die Gerechtigkeit und die Wahr» heit im Auge haben und bedenken, daß die bürgerliche Ge» sellschaft in ihrer Gesammtheit, deren Wohl vertrauensvoll in ihre Hand gelegt ist, Gewissenhaftigkeit und Berechtig» keit von ihnen fordert. v. T. Kleine Mittheilunge«. * Die Eröffnung des Landtags wird dem Vernehmen nach nächsten Sonntag erfolgen. Bi- zum 11. Jan. Mit tag- waren 40 Abgg. der I. und 64 Abgg. der H. Kam» mer anaemeldet. Gegen 11 Uhr gedachten Tage- eröffnete Tzschucke im Auftrage de- Alterspräsidenten die erste vor» bereitende Sitzung der I. Kammer; Minister Oberländer beantragte als Abgeordneter die provisorische Annahme deS Entwurfs der Landtagsordnung, Joseph erklärte sich für die provisorische Gültigkeit der ersten 6 Abschnitte. Nachdem diese angenommen, wurden 5 Abtheilungen zur Prüfung der Legitimationen gebildet. AlS Secretäre fungirten die jüngsten Abgeordneten: Schönberg von Riesa und Jung nickel von Reinholdshayn. — In der II. Kammer begrüßte der Alterspräsident Birnbaum die 64 Anwesenden und schlug sofort die Bildung von fünf Abtheilungen vor, waS auch genehmigt wurde. Die jüngsten Mitglieder sind Wag ner von Schneeberg und Blankmeister von Adorf. Dre Sitzordnung, welche die Stellung der Parteien zu charac- terisiren pflegt, scheint sich noch nicht geregelt zu haben, denn sonst hätten wir wohl kaum den Abg. Joseph heute auf der äußersten Rechten sitzen sehen. * AuS Dresden. Die Neuwahl unserer Stadtver ordneten wird erst jetzt ernstlich in Angriff genommen, nachdem da- zeitherige Collegium erklärt hat, daß eS vom 15. Febr. an seine fernere Mitwirkung in der städtischen Ver waltung versagen werde. Schon jetzt enthalten sich die Stadtverordneten, namentlich bet wichtigen Bewilligungs fragen, einer Beschlußfassung, um ihren Nachfolgern nicht vorzugreifen; dabei zeigt sich unter einem Theile deS Col legiums eine bedauerliche Lässigkeit, die man unter den ge gebenen Verhältnissen wohl erklärlich finden, aber nimmer mehr entschuldigen kann. Die Sitzungen mußten schon mehrmals wegen Unvollzähligkeit geschlossen werden, und Denjenigen, welche gewohnt sind, ihre Pflicht zu thu«, wird dadurch ihre Wirksamkeit nur noch mehr verleidet. — Der neue städtische Haushaltsplan liegt vor und wird durch den Druck zur Oeffentlichreit gelangen. Die durch die Steuerpflichtigen aufzubringende Summe beläuft sich auf circa 94,000 Thlr., welche in vier Terminen eingezo gen werden sollen, so daß das Hundert vom Grundwerthe mit 84 Pf., der Thaler vom WohnungSzinse mit 28 Pf. und von GewerbS- und LerkaufStocalzinsen mit 14 Pf. zu belegen sein würde. Im verstossenen Jahre betrug die zu deckende Summe über 100,000 Thlr. und die Abgabe auf den Grundwert- stieg z. B. auf 96 Pf. rc., da noch 12 Pf. auf daS Jahr 1847 nachträglich eingehoben werden mußten. Die Voranschläge für daS gegenwärtige und da- vergan gene Jahr sind demnach, wenn man jene nachträgliche Erhebung abrechnet, in der Hauptsumme gleichmäßig. Dessenungeachtet wird auch der dießjäbrige HauShalt-plan mehrfachen Minderungen entgegengehen, denn er enthält mehre zu moderirende Ansätze unv unter Anderm auch ein Po stulat von 7000 Thlr. Zinsen für die steinerne Wasserleit ung; da aber der Stadtrath die Eapitalien, wofür diese Zinsen zu zahlm, ohne Genehmigung der Stadtverordnete» verausgabt hat, so haben schon die jetzigen Eommunver- treter dagegen protestier, und das neue Collegium wird dm