Volltext Seite (XML)
12 Frieden-, und wenige Monde weiter, so war er auch der glücklichen Anna glücklicher Gatte. Im Anfänge aing Alle- nach Wunsch; die jungen Leute hatten an Kleidern Alle- neu in die Ehe gebracht, — der versprochene Gehalt ward regelmäßig entrichtet, der Later in der Stadt und der Later in Bannewitz ließen ihre Kinder nicht darben, — sie -rauchten so wenig, — sie konnten — wer hätte da- denken sollen? — den Armen manche Steuer geben, — sie waren so froh, so glücklich, — Nur wenia Jahre aber gingen so dahin, und gar bald warb in dem Hause des Pastor Stourzck die Weissagung ,deS Propheten Amos wahr, wenn er (8, 10) spricht: „ich will eure Lieder in Wehklagen verwandeln"; — .die beiden Väter starben, und mit jedem starb ein Mit- jernährerz — da- hinterlassene Gut des Kaufmanns Stourtzck .mußte in fünf Theile getheilt werden, und so erhielt unser ) Pfarrer nur noch wenig; — Anna hatte ohnehin kein Erb- theil zu erwarten; die Brodloser hatten sich mit der. Be willigung ihres Pfarrgehaltes, wie klein er auch war, wehe gethan, und gar oft mußten, wenn schon wider Willen, dem geliebten Geistlichen nothgedrungene Abzüge gemacht «erden, so daß er oft genug von dem ihm zugesagten baa- ren Gelde den vierten Theil mußte schwinden lassen; — die Familie deS Pfarrers fing an zu wachsen, und so ost ein neues Glied erschien, wurden die Biffen der schon vorhan denen kleiner; — Aeltern und Kinder mußten neue Kleider, neue Schuhe haben; — Arzt und Apotheke' bezogen auch den Zehnten; — zu Nebenverdiensten fand sich in Brodlos fast nirgends eine Gelegenheit. Ach, wie oft da der arme Pfarrer, wenn Weib und Kinder schliefen, oder die Kinder schliefen (nicht selten vor Hunger und Erschlaffung) und daS treue Wad da- Kiffen mit ungesehenen heißen Zähren mütterlichen Bangen- benetzte, ach, wie oft da der arme Pfarrer im Gebete vor Gott gelegen und die Hände ge rungen und den allmächtigen Vater der Liebe angerufen hat, er möge eS doch bessern!— aber es wollte nicht an der-, nicht besser werden. „O wie so gar unbegreif lich sind doch Gotte- Gerichte und unerforschlich seine Wege!" Besonder- groß war die Noth im Pfarrhause zu Brod ln S;in dem Jahre, in welche- unsere Erzählung fällt; denn die Ernte war in dem Theile Böhmen-, in welchem Brod- l-S lag, durch häufige Regengüsse und Überschwemmungen fast gänzlich verdorben, nirgends auch so gerathen, daß Zu fuhr von außen her den Preis der Lebensmittel merklich verringert hätte, zumal da e- gerade in Zeiten der Noth aller Orten an Menschen nicht fehlt, die das Gebot der Schrift nicht hören: (5 Mos. 23, 19. 20.) „Du sollst an deinem Bruder nicht wuchern, weder mit Geld, <nvch Lnt Speise, noch mit Allem, damit man (wuchern kann." Die vier Matter Korn konnten dem Pfarrer nicht gegeben werden, statt hundert Gulden empfing vr mur 80, und nur da- versprochene Holz, an dem man Hort zu Lande keinen Mangel hat, war nhm vollständig ge worden; satt hatte sich in dem ganzen Jahre noch Nie- marw im Pfarrhause zu BrodloS zu Bette gelegt, oft ge nug aber hatte der Hunger die ermatteten Schläfer zu gro ßen und doch nie ganz zu beseitigenden Qualm aufgeweckt, «nd hat sich »gewiß jrd«r Leser» gefreut-- daß dem armm Aaköbche» doch noch Nin Deck auf da- Bettchen gelegt worden ifh - 7 m'u nur 2 4 , - ,s - N Go find uür denn wieder dort angekommen- » wo wir wden unsere Erzählung gelassen hab^und wollen nun hö ren, wa- Vater Stourhck seinemnWribe und seinen Kin- steM voll stiuer «-ist lbmchtet. r- -,AlS Ich gestern stütze"^ so hüb den Pfarrer zu er- l-LhieN au ^r^v-n Such- inet« Siebe«» wegging, «n der wnmn knttcke« Hmu t ru^ Wubdruha «ach - ihrem Wunsche die Tröstungen der Religi-n zu bringen und sie keim Genüsse des gesegneten Brode- und Weine- zu einer Gott gefälligen Hinfahrt zu bereiten,.z-g ich, wie Ihr «is- sej, fürbaß mit Hrrudenz denn gar liehuch schien die Win tersonne apfmich, der ich.im. Dienste Christi wanderte, her nieder, und eine doppelte Hoffnung füllte «eine Seele, die, einem Menschen den Abschied von der Erde zu erleichtern dort, wo ich hinwollte, und die andere, Euch, meine Ge liebten, da- Bjleiben auf der Erde zu erleichtern, wenn Lchwvieder zuruckkäme. Die eine, die erste. Hoffnung ist Gottlob! in Erfüllung gegangen; die alte Baianka hat sich nochmals im heiligen Nachtmahle der Gnade Gotte versichert und ist betend hinübergrgangen in ein besseres Sein, in „die Ruhe, die noch vorhanden ist." Ach, Kinder, eS ist etwas Große-, etwas Erhabenes, einen frommen, gläubigen Menschen sterben zu sehen, — möchte Euch. wohl den Anblick einmal gönnen, — und voll heiliger Schauer ging ich am Abend noch die BergeShalde hinab nach Tzem- sin, um nach langer Entbehrung wieder einmal einen Abend bei einem Mitarbeiter im Weinberge des Herm zuzubringen und besonders auch — um bei Bruder An losch Hülse in unserer Noth des Leibes zu suchen. Das war die ander? Hoffnung, die ich hatte, als ich Euch gestern verließ, daß ich Euch zu essen, einmal satt zu essen, mitbringen könnte, — darum ging ich so heiteren Muthes, darum tröstete ich Euch so zuversichtlich, als ich am Morgen den kleinen Rest des letzten Brodes liegen sah; Ihr seht, die Hoffnung ist gescheitert; ich habe Nichts gebracht, als jenes einzige Brod, das ich Eurem Brüderchen in s Bett gegeben; ich bin nicht im. Stande, Euren Hunger zu stillen- aber ich bin auch bald nicht im Stande, die Last der Sorge zu tragen, die der Herr nicht müde wird alle Tage wieder auf meine Schultern zu legen. Mein gutes Weib, meine lieben Kin der, o zürnet mir nicht, daß ich Euch nicht einmal da- Nöchigste geben kann, fluchet mir nicht, wenn die Qualen des Hungers Euch peinigen, verachtet mich nicht, daß ich ein Mann bin und kann doch Denen nicht helfen, die der Mann am liebsten hat." Weiter konnte der Pfarrer nicht reden, die gewaltige Bewegung seines Inneren ließ es nicht zu; er wemte nicht (er hatte seit seinem Hochzeitstage nicht geweint, damals aber Lhränen der Freude), aber häufige Zähren, die ihm wie Perlen über die Wangen rollten, preßte sein Seelen leiden ihm aus. Als die Kinder Solches sahen, verbargen sie schnell ihr eigenes Leid und suchten den geliebten Vater zu trösten. Sie kamen zu ihm her, hängten sich an seinen Hals, streichelten ihm Kopf und Hände und versicherten einmal über das andere: „wir sind noch gar nicht hungerig, lieber Vater; — gewiß noch gar nicht hungerig; — nur haben erst um vier Uhr Milch getrunken. — Nicht wahr, liebe Mutter, wir haben erst um vier Uhr Milch getrunken und sind noch gar nicht hungerig? —n Ei, so glaub - doch, lieber Vater, wir brauchen heute und auch morgen den ganzen Lag nicht zu essen, mir find satt, ganz satt." „O ihr Lieben guten Engelskinder, die Ihr Eure Pein vergesset, um die meine zu-lindern, ich weiß, daß Ihr hungert, und doch freut e- mich und beruhigt mich, Euch sagen zu hören, daß e- nicht wahr sei. Euch wirdc-ge- wlß der liebe Gott die treue kindliche Liebe zu Emen Aeltern noch lohnen, und i vielleicht bald ist die Zeit dar härtesten Prüfung vorüber! — Doch höret nun weiter: glaubet nicht, daß Pastor Anto sch mir nicht gerne mitge- theilt^idaß ^er, mich mit meine, Bitte um Hülst «n isich gestoßen Hätte^ o nein-, das -mm der Edle nicht; er hätte mir gerne geholfen- er hätte Such gerne eia LabsaL-gesen det, aber e- stand nicht M stimm Vermögen, denn Fei« Roth ist kaum kleine^ al- die »ns»Ufgo, da auch ihm iw Drange der Leit ein aroßer Theil smier BesoLdungSstücke nicht aeyestrt nwtde» konAte^u sein Vorrath an Lw den-mttteln wicht mur noch auf wenige Lahr, und ümb M