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— — 124 erscheinen^ um'- Cap der guten Hoffnung herum Truppen dahin bringen kann. In diesem Satze liegt das ganze Geheimniß der Jntriguen und Bewegungen rn Asien seit mehreren Jahren. Selt Persien, durch Rußland aufgemuntert, Herat ernstlich bedrohte, sind auch die beiden wah ren Gegner, Rußland und England, als deren verlorene Schildwachen der Schah von Persien und der Fürst von Herat betrachtet werden müssen, einander immer naher unter die Augen gerückt, und werden sich in nächster Zukunft im schwarzen Meere oder in den Dardanellen begegnen, wenn nicht, was kaum glaublich ist, Rußland zurück weichen und mit Einem Schlage die Frucht zwan- zigjähriger Arbeit und Anstrengung verlieren will. So wie Rußland und Persien Herat näher rückten, wurde es für England von der Höchen Nothwendigkeit, einen kürzern Weg nach Indien zu finden, als den um das Cap der guten Hoff nung. Der Weg über Aegypten war der be quemste, und dieser sollte eingeschlagen werden, aber Mehemed Ali weigerte sich, und so galt es, ihn zu zwingen. Hier entwickelt sich Englands Plan: um einen Vorwand gegen ihn zu haben, benutzte die englische Regierung den Haß des Sul tans gegen Mehemed Ali, und schloß einen Han delsvertrag mit dem erstem ab, dessen einzig wich tiger Punkt die Abstellung der Monopole im gan zen türkischen Reiche war. Da Mehemed Ali noch immer nominell der Vasall des türkischen Reichs ist, so mußte er sich einem für dessen ganzen Um fang geltenden Vertrug unterwerfen, und im Wei gerungsfälle sollte er durch den Sultan und mit Beihulfe der Engländer dazu gezwungen werden. Der Verlust seiner Monopole aber war für Me hemed Ali der Verlust seiner Macht, und von dem Augenblick an war der Kampf unvermeidlich. Mehemed Ali erkannte recht wohl, daß er sich gegen die Engländer mehr, als gegen die Lürken, rüsten müsse, und betrieb den Marsch seines Hee re- durch Arabien an den persischen Golf, um sich hier festzusetzen, einerseits, damit ihm die Eng länder nicht, vom Euphrat stromaufwärts in die Flanke kommen könnten, andererseits, um von Mesopotamien aus das Taurusgebirge zu umgehen, und desto leichter über Diarbekir, die große Heer straße nach Kleinasien, vordringen zu können. Sobald diese Bewegung Mehemed Ali's offenkun dig wurde, gab der Sultan den Befehl, in Sy rien einzurücken, und die Engländer rüsteten sich, ihn auf jede Weise zu unterstützen. Die Stellung Englands war im höchsten Grade unangenehm: im innern Asien wurde das Bündniß zwischen Rußland, Persien, Bukhara, Khiwa und Afghanistan immer enger, Herat wurde von allen Seitm bedroht, die Turkomanen suchten die von Herat noch abhängigen Distrikte in der Nähe von Balkh, nämlich Schibberaan , Andkho und Maimuna, zu erobern, und so das letzte Hinderniß, daS einer allgemeiner Berennung* He raus entgeaenstand, aus dem Wege zu räumen; Persien rüstete gleichfalls gegen Herat und sam von dort aus den Russen entgegen treten. So bald des Sultans Krankheit keine Hoffnung mehr gab, erhielt diese letztere Ansicht das Uebergewicht: ein Bündniß Englands mit Mehemed Ali, der jetzt mit Einemmal sich geneigt zeigt, den Engländern den Durchmarsch durch Aegypten zu öffenen, wurde geschlossen, und Mehemed Ali nebst Ibrahim Pascha, als Großwürdenträger des türkischen Reichs, sollen nlrn an dessen neuer Kräftigung arbeiten. Die von dem Divan abgefallene Flotte könnte, mit der ä chen und englischen vereinigt, plötzlich vor ^.,._ntinopel erscheinen, die Femde Mehemed^Ali's^, die man, als russisch gesinnt, entfernen würde, völlig stürzen, und eine neue Regierung unter dem Namen Abdul Med- schids, aber nnt Mehemed Ali's Geist und Kraft begründen. Dieß würde auf einmal dem erschlaff ten türkischen Staat ein neues Leben einhauchen, und er könnte noch einmal in den Stand gesetzt werden, in den Kampf mit Rußland zu gehen, vor welchem der Halbmond seit achtzig Jahren schon so weit zurückgewichen ist. (Ausl.) melte ein Heer an seiner Westgrenze, um bei dem ausbrechenden Kampfe zwischen Mehemed Ali und der Pforte auf all«; Falle gefaßt zu seyn, Eng land aber mußte, wenn es sich nicht der Gefahr aussetzen wollte, ein Heer von räuberischen Afgha nen und Turkomanen in Indien zu sehen, wo eine geheime Verschwörung die meisten Fürsten gegen die englische Macht verband, selbst den Krieg gegen Afghanistan beginnen. Hierzu kam noch, daß es in Europa selbst bei der Unter drückung Mehemed Ali's von Seite Frankreichs auf Hindernisse Stoßen konnte, und endlich eine Niederlage des türkischen Heeres durch die kriegs geübten Schaaren Ibrahim Pascha's eine höchst wahrscheinliche Sache war. Die Stellung war äußerst kritisch, inde-n Rußland mit seinen Ver bündeten vom schwarzen Meere bis an den In dus eine nur durch Herat unterbrochene Phalanx bildete, England aber seine Straße von Gibral tar über Malta nach Indien durch die Macht Mehemed Ali's unterbrochen sah; da trat mit ei nem Male ein unvorhergesehener Umstand ein, der dieselbe völlig änderte.. Der Sultan, der schon seit einem Jahre ge kränkelt, wurde auf einmal bedenklich krank; bald erkannte man, daß an eine Erhaltung seines Le bens nicht zu denken sey, sein Tod aber noth wendig der russischen Partei in Konstantinopel das Uebergewicht geben müsse. Nun erfolgte eine gänzliche Umwandlung der Stellung Mehemed . Ali's zu England. Schon lange bekämpften sich in England hinsichtlich der orientalischen Politik zwei Parteien: die Einen wollten, wegen der Wich tigkeit Konstantinopels, den Sultan auf jede Ge fahr hin und zum Nachtheil Mehemed Ali's un terstützen, Andere aber, namentlich Waghorn, er klärten, die Türkei sey nicht mehr zu halten, sie werde eine unfehlbare Beute Rußlands werden, man müsse sich mit dem mächtigen und aufblü henden Araberreich Mehemed Ali's verbinden, und