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121 Politische Welt scharr. EinÄeibtatt zur Sächsischen DorHeitung Mv LI. England. Die Franzosen scheinen sich et was zu frühzeitig gefreut zu haben, wenn sie laut darüber jubelten, daß durch den Uebertritt des Don Carlos die engl. Politik in der spanischen Angelegenheit an Einfluß verloren habe. Die Engländer lassen so leicht keine Gelegenheit vor übergehen, wo sie ihre Politik geltend machen können, und so ist es auch hier geschehen. Das Cabinct von St.-James hatte dem Bürgerkriege itt Spanien lange gleichgültig zugesehen; endlich fiel ihm ein, es könnte bei der Verwirrung, wo mit der Orient Europa bedroht, Frankreich ver sucht werden, Truppen über die Pyrenäen zu sen den, dort irgend eine Ordnung herzustellen, die schwache Regierung in Madrid unter Vormund schaft zu nehmen, und dadurch zugleich seinen Ein fluß auf die Halbinsel, wie sein Ansehen in Eu ropa zu vermehren. England fürchtete, es möchte eine solche Beschäftigung in der Nahe die fran zösische Regierung von dem Orient abziehen, sie, die bisher nur auf englische Allianz sich stützen konnte, aus ihrer isolirten Stellung befreien und ihr den Muth geben, selbstständig aufzutreten. Dieser Gefahr zu begegnen, beeilte sich England, durch alle Mittel, die ihm zu Gebote standen, dem Bürgerkriege in Spanien ein Ende zu machen, was schon früher möglich gewesen, wenn man es ernstlich gewollt hätte. Durch den Frieden zwi schen Espartero uni? Morotv, den England be wirkte, gewann es in Spanien gerade den Ein fluß, den es den Franzosen nicht gönnte; es hoffte, als Protector der liberalen Regierung der Königin mit der öffentlichen Meinung in Europa sich zu versöhnen, und zugleich den Russen, die den Don Karlos unterstützen, einen Strich durch die Rech nung zu machen. Dies war das diplomatische Geheimniß bei dem spanischen Frieden. Man muß gestehen, daß die englische Politik eine ge wisse Geschicklichkeit an den Tag legt. Frank reich hat nun das Nachsehen, und muß sich gefal len lassen, daß ohne seine Mitwirkung ein großes Werk zu Stande kam. — Der Nationalconvent hat sich zwar nun aufgelöst, allein die Chartisten scheinen immer wieder neue Bewegungen vorbereiten zu wollen. In Sheffield hielten sie seit einigen Tagen ge heime Versammlungen und zogen am 15. Sept. Abends, nachdem sie das Gaslicht ausgelöscht hat ten, in großen bewaffneten Haufen durch die Stadt, feuerten Gewehre ab und wehrten sich mit Steinwürfen gegen die anrückende Reiterei, bis es endlich dem Militär und der Polizei gelang, die Ruhestörer auseinander zu treiben. —" — Die Nachrichten über das Ergebniß der ver späteten Ernte in Irland lauten sehr traurig. Die anhaltenden Regengüsse haben großen Scha den gethan. Ein großer Theil der Waizenfelder konnte nicht gemäht werden.' Das arme Volk ist so schlimm genug daran, und gesellt sich hierzu noch eine Mißernte, so erreicht das Elend dell höchsten Gipfel. Spanien. Die Regierung schmiedet das Eisen, weil es warm ist, und während die Cortes noch in dem ersten Jubel über den Sieg der Con- stitutionellen leben, sind die Minister eifrig darauf bedacht, neue Anleihen zu negociren: denn in ih rem Säckel sieht es schüchtern aus, und die Re gierung steckt, in Schulden bis über die Ohren. Die neuern Vorfälle haben jedoch den speculiren- dcn Capitalisten wieder Lust gemacht und die Be dingungen, unter welchen eine Staatsanleihe §u Stande käme, dürften nicht gar so drückend für die Regierung ausfallen, als die frühem. Die Bedingungen, für deren Erfüllung Don Karlos die Vermittelung Frankreichs in Anspruch genommen, sind, wie es heißt, folgende: 1) des Don Karlos Wiedereinsetzung in. alle Rechte als Jnfant von Spanien, deren ein Gesetz der Cortes / ihn für verlustig erklärt; nach diesen Rechten würde er eventueller Thronfolger, wenn die Töchtet Fer dinands VII. ohne Erben stürben; 2) Wiederein setzung in seine Ungeheuern Besitzungen in Spa nien, die ein anderes Cortesgesetz unter Sequester gestellt; 3) eine Pension, gemäß seinem Range, gezahlt von der spanischen Regierung, und dieEr- laubniß, sich nach Salzburg zurückzuziehn, wo die Prinzessin von Beira bedeutende Güter hat. Ge gen diese Bedingungen will er seinen Ansprüchen auf den spanischen Thron entsagen. Diese Ent sagung hängt aber leider nicht mehr von seiner Großmuth ab, sondern wird von seiner eignen Hülflosigkeit bedingt. Ob die spanische Regie rung diese Bedingungen in ihrem ganzen Umfange eingehen wird, steht dahin, so viel aber bleibt ge wiß, daß die Vermittelung Frankreichs, welches wenig oder gar nichts zur Austreibung des Prä tendenten gethan, ohne großen Einfluß auf die spanische Regierung bleiben wird. — Noch immer werden ganze karlistische Ba taillone über die französische Grenze gedrängt; einige der karlistischen Obern sollen die angebote nen Unterhandlungen angeknüpft- haben, aber