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sich in kleinen, friedlichen Wellen, und am hellge wordenen Firmament glanzten Tausende von Sternen rind spiegelten sich ab in der ruhigen Wasserfläche, die vor kaum einer Stunde vielleicht manches Opfer in ihr dunkles Grab ausgenommen hatte. — Sonntags, den 6., früh gegen 2 Uhr, nahte sich der „Olbers" der Küste von St. Domingo; der Sturm verhinderte an diesem Tage die Ab haltung des Gottesdienstes, und das Schiff fuhr so nahe am Lande hin, daß die Passagiere die Bäume erkennen konnten. Alles weidete sich an dem so lange entbehrten Anblicke des festen Lan des, und da ein ungünstiger Wind den Capitain zwang, drei Tage zu laviren, so hatten Alle hin- längllche Gelegenheit, sich dieses Genusses zu freuen. Den 10., Nachmittags, schwellte endlich ein besse rer Wind die Segel des Schiffes; St. Domingo entschwand den Augen der Passagiere und auf der nördlichen Seite stieg in majestätischer Pracht die Insel Cuba am Horizonte empor. Immer näher segelte der „Olbers", und bald lag die herrliche Landschaft mit ihren fruchtbaren Plantagen und romantischen Gebirgsketten vor den Blicken der er staunten Passagiere. —' Freitag, den 11. Jan. würde Seiten der Vor steher eine kleine Jury improvisirt, um über das Vergehen eines ohngefähr neunjährigen Knaben zu richten. Ein Sohn des Oi. S— . hatte nehmlich drei Taschenuhren, den. Passagieren ge hörig, unrechtmäßiger Weise an sich gebracht; er hatte sein Vergehen eingestanden, und gab vor, -sie zerklopft und in's Meer geworfen zu haben, ein weiterer Beweis, als die Aussage des kleinen Diebes, hinsichtlich der Verwendung der gestohle nen Sachen, konnte freilich nicht aufgestellt wer den. Zur Execution des Urtheils wurden am fol genden Tage alle Kinder auf das Verdeck beschie- den, und indem sie einen Kreis um den kleinen Dieb bildeten, erhielt Letzterer mittelst eines le dernen Riemens 8—10 Hiebe auf den Rücken. Sonntags,, den 13., verhinderte der anhaltende Sturm abermals die Abhaltung des Gottesdien stes, und es wurde blos das Evangelium verlesen. Gegen Abend gelangte der „Olbers" in den Meer busen von Mexico und die Fahrt war sehr schnell und angenehm. Den 14. wurde den Passagieren die wichtige Mittheilung gemacht, daß am nächsten Tage die Bischofswahl vorgenommen werden sollte, und zu diesem Zwecke mußten sich am folgenden Abende die Weiber und Kinder, sowie auch alle jüngeren unmündigen Personen auf das Verdeck begeben und nur Diejenigen, welche auf einem im Zwischen deck angeschlagenen Zettel als stimmfähig be zeichnet waren, durften an diesem Acte Theil nehmen. ' ' k. Walther leitete hierauf in einer sehr langen Rede die Handlung besonders ein. Er suchte dar zustellen, wie ein geistliches Oberhaupt in der Folge durchaus nothwendig werde, und wie er sich im Voraus überzeugt halte, daß die Gemeinde nur einen ihrer Lieblingswünsche erfüllt sehen werde, wenn ihr hochverehrter Führer, ? Stephan, die ses hohe Amt übernehme; wie es ferner eigentlich gar keiner Abstimmung deshalb bedürfe, da hier über in den Herzen aller seiner Anhänger nur eine Meinung herrsche u. s. w. Allein die Vor sicht gebiete hier die Form, indem der hochwürdige Mann sonst dieses Amt, vielleicht gar mcht anneh men möge, wenn er nicht einstimmig hierzu er wählt werde; er ersuche daher die Gemeinde, zur Wahl von 12 Deputirten zu schreiten, und diese zu beauftragen, ihre Bitten mit den seinigen zu vereinen, um den?. Stevhan zu bewegen, daß er das Oberhirtenamt zu übernehmen geruhe. — Der langen Rede kurzer Sinn aber war der, daß es sich von selbst'verstehe , daß Stephan zum "Bi schof gemacht werden müsse, daß ihn aber die Gemeinde das Amt demüthigst antragen solle rc.; unter den Cajütenpassagieren war die Sache längst abgemacht. — Die Weiber und Kinder, welche unterdessen bei naßkalter und regnerischer Witterung auf dem Verdeck verweilen mußten, und dabei halb erfrören waren, dursten jetzt wieder zurückkehren und dir eigentliche Wahl wurde den nächsten Nachmittag vorgenommen. Diese Wahl ergab nachstehendes Resultat. Es wurden zu Deputixten gewählt: - Hr. vr. Carl Eduard Vehse, - - Franz Adolph Marbach, - Gustav Jäckel, - Friedrich Wilhelm Barthel, - Christ. Gottlob Hofmann, - Gustav Pfau, - Johann Gottlieb Hellwig, - August Friedrich Häcker, - Johann Georg Gube, - Johann August Störtzel, - Carl Julius Otto Nitzschke, - Johann Höhne sen. Diese Deputation begab sich nun zu ?. Ste phan und trug ihm feierlich die Bischofswürde an; nach einigen demüthigen Weigerungen ließ sich der fromme Mann endlich bewegen, dieses Amt anzunehmen. Die Verstellungskunst dieses Mannes war groß, dies zeigte sein erheucheltes Befremden über dieses Anerbieten,: — denn er hatte ja das ganze Manöver veranstalten und aus führen lassen. * (Fortsetzung folgt.) Miethjinswucher—Logis- und Localziustare. (Eingesandt.) Schreiber dieses, ein durch die Eisenbahn rui- nirter alter Dresdner Lohnkutscher, hat jetzt neben seiner Noth und Sorge um das bischen Zeter leben noch immer so viel Zeit, um über Dieses und Jenes reichlich nachzudenken, worüber man cher leicht denkt, und was doch die Welt kränkt,