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sächsische Vogtland in der Früh-La-Tene-Zeit einfach die Fortsetzung der .. . Früh- La-Tene-Ostgruppe gewesen ist“ (Bierbaum 1954, S. 27 f,). Die Situation ist zwei fellos vielschichtiger. Die seinerzeit von W. Coblenz (1956 a, S. 328 f.; 1956 b, S. 135) gestellte Frage, „ob es sich bei dem Fund von Liebau um einen Einzelfall handelt . .., ob hier größere Veränderungen in der Bevölkerungszusammensetzung stattgefunden haben oder nur eine leichte Überschichtung oder ob der Fundreich tum dieser einen Bestattung das Ergebnis weiterer größerer gesellschaftlicher Dif ferenzierungen innerhalb der alten Bevölkerung ist“, können wir auch heute nicht definitiv beantworten. Wird für den Liebauer Waffenträger ausdrücklicher als frü her „keltisches Ethnos“ beansprucht (zuletzt Billig/Wißuwa 1987, S. 11; Kaufmann 1987, S. 18; 1988 b, S. 231), so gilt das prinzipiell ebenso für seine weniger expo nierten vogtländischen Zeitgenossen, obwohl deren kulturelle Tradition nicht nur in der bayerisch-böhmischen, sondern ursprünglich vor allem in der lausitzischen Bronzezeit wurzelt. Die geographisch bedingte ,Doppelgesichtigkeit‘ ist für die Späthallstattzeit „in einer schwer zu erklärenden Überschneidung von lokal ober sächsischen und süddeutsch-böhmischen, speziell nordostbayerischen Kulturerschei nungen“ noch offensichtlich (Billig et al. 1957, S. 9; zuletzt Richter 1986, S. 11). Auch im frühlatenezeitlichen Fundgut deutet sich die nördliche Komponente an (Grobkeramik, hallstättische Handmacherware in Liebau), so daß wir wohl von einem Bevölkerungssubstrat ausgehen dürfen, das in den Altsiedelgebieten der wei teren Umgebung beheimatet gewesen ist. Zahlenmäßig geringfügige, in ihrer histo rischen Tragweite jedoch bedeutsame Überschichtungsvorgänge sind dabei keines falls auszuschließen; nur entziehen sie sich jeglicher Bestimmung. Die nunmehr statistische Relevanz des ältereisenzeitlichen Fundgutes schließt aus, in Liebau e silentio immer noch „einen gewichtigen Beleg für die Fortdauer der Besiedlung dieses Gebietes“ zu sehen (Reinecke 1956, S. 390; ähnlich noch Gedl 1971, S. 98, 127, Mildenberger 1972, S. 113), denn der mittlere Abschnitt der Hallstattzeit fällt demgegenüber völlig aus. Die zahlreichen späthallstatt-früh- latenezeitlichen Zeugnisse gehen gewiß auf eine Neuerschließung des Vogtlandes zurück. Ein Fortbestehen einzelner Siedlungen wird damit selbstverständlich nicht ausgeschlossen, nur war es so unerheblich, daß es archäologisch nicht in Erschei nung tritt. Dieselbe Diskontinuität deutet sich für die ökologisch vergleichbaren Nachbarräume an - an den Oberläufen der Mulde bei Zwickau (Beier 1983, S. 61), der Pleiße bei Werdau 212 , der Saale bei Schleiz (Simon 1989) und bei Hof 213 sowie der Ohre bei Cheb (Plesl 1961, S. 95 f., 260 f.)214. Wie im sächsischen Vogt land (Unterlosa, Voigtsgrün) wird übrigens auch dort ein Einsetzen der Besied lung noch vor der jüngsten Phase der Hallstattzeit erkennbar (Osseck am Wald, Grab 1, vielleicht auch Hof, Zwickau). 212 Schweinsburg (Ot. von Neukirchen), Kr. Werdau, Grab I, u. a. Topf mit geschweift-eingezoge nem Oberteil (Heimatmuseum Crimmitschau 104-106). 213 Hof und Umgebung (N. N. 1857, S. 128, Abb. 3-4; Höfner 1962, S. 58, 60, Abb. S. 37,15); Osseck am Wald (Abels 1983/84, Abb. 24; Dietel 1984). 214 Luznä I (Plesl 1958, S. 30, Abb. 18,9; 1961, Taf. LXIV,11); 2irovice: Schalenrandstück mit S-Stempclzier (Chcbskc Muzeum Cheb).