Volltext Seite (XML)
Das historische Geschehen im Bereich der Fundstelle 91 ist jedoch geeignet, für den Fundkomplex einen „terminus ante quem“ zu gewinnen. Es wurde schon er wähnt, daß sich die Fundstelle 91 in einem Siedlungsgebiet von Altendresden be fand (Abb. 6), das zur Stadtwerdung um 1403 am Markt, also als brandgefährden der Handwerksbetrieb innerhalb der Stadt lag. Wegen dieser Feuergefährdung war es nicht nur üblich, sondern wurde städtebaulich gefordert, solche Handwerksbetriebe „ante civitatem“ anzusiedeln oder im Zuge städtischer Erweiterungen umzusetzen. Letzteres dürfte den Handwerksbetrieb, der zur Fundstelle 91 gehört hat - analog auch für Fundstelle 84 und 92 - nach 1403 betroffen haben. Den damaligen Reali täten Rechnung tragend, dürfen wir jedoch nicht annehmen, daß der Werkstattbe trieb genau am 21. Dezember 1403 stillgelegt worden ist, sondern erst im Laufe der nächsten Jahre. Die Formierung zu einem selbständigen städtischen Leben ging in Altendresden langsam vor sich (RICHTER 1900, 47, 117), so daß ohne Bedenken an der alten Stelle noch für einige Jahre eine Fortsetzung der Produktion angenom men werden darf und der Fundkomplex mit einer Zeitfestlegung „vor 1410“ aus reichend begrenzt ist. Mit einer Verlegung der Töpferei an eine andere, uns unbe kannte Stelle muß in diesem Fall erklärt werden, warum alle Formen ohne erkenn bare Entwicklungstendenzen plötzlich abbrechen (vgl. S. 56). Für die Datierung der rottonigen Irdenware aus den Fundkomplexen 48 und 91 ist damit eine Zeitspanne von „nach 1378“ bis „vor 1410“ gefunden worden, wobei der Komplex 84 eine ältere Entwicklungsphase vorstellt und sich der Komplex 91 unmittelbar anschließt. In die gleiche Zeit gehören auch die Funde der Stellen 92 und 102, letztere entsprechen dem Formenbestand nach denen aus Grube 84 voll kommen. Damit werden auch die gestempelten Schnellen und das pokalartige Gefäßbruch stück aus den Fundkomplexen 84 und 91 präziser datiert. Diese Gefäße sind Alten dresdener Produktion und etwa eine Generation (ca. 30 Jahre) vor den bekannten gestempelten Steinzeuggefäßen der Falke-Gruppe entstanden, welche in weiten Tei len Mitteleuropas Verbreitung gefunden hatten (HORSCHIK 1971, 11-33). 3.3. Töpfereiabfälle in Dresden-Altstadt Nach Abschluß der Arbeiten im Zentrum von Dresden-Altstadt wurde außerhalb des alten Stadtkerns ein unter Bauschutt begrabenes und in den anstehenden Boden eingegrabenes Faß freigelegt, das mit Keramikabfall gefüllt war (Fundstelle 64 - Atriumkomplex). Das Bruchmaterial war an typischen Fehlbranderscheinungen als Töpfereiabfall zu erkennen. Die Fundstelle befand sich im Südosten des historisch alten Stadtkerns, weit außerhalb der Stadtbefestigung, in der „Borngassenvorstadt“ nördlich der alten „Bürgerwiese“ im Hofbereich eines parzellierten Geländes. 21 Das Faß besaß gebauchte Tonnenform mit folgenden Abmessungen: Durchmesser oben und unten = 0,40 m, Durchmesser Mitte = 0,60 m (ca. 1 Dresdener Elle), Höhe = 1,15 m (ca. 2 Dresdener Ellen). Es war in Höhe von 111,30 m NN bis 21 Vgl. Plan des Weichbildes der Stadt Dresden im Jahre 1651 in RICHTER 1898, Taf. 7.