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35 In der Billendorfer Kultur, in Schlesien und in der Dreitzscher Gruppe Thüringens, aber auch in Süd deutschland begegnen während der älteren Hallstatt zeit mehrheitlich Nadeln mit mittelgroßen bis großen Spiralscheibenköpfen aus vierkantigem Draht mit Schaftknick am Ansatz der Spirale und rundem Quer- schnitt des Schaftes, so daß man die Zeithainer Nadel am ehesten für diesen Zeitraum in Anspruch nehmen möchte, auch wenn es sich um einen Einzelfund aus einem Gräberfeld handelt, das von der Urnenfelder- zeit bis in die jüngere Hallstattzeit belegt worden ist. Von einer ähnlichen Nadel könnte ein Bronzedraht rest aus Mischwitz, Grab 12 (Taf. 12,14), stammen, bei dem noch deutlich zu erkennen ist, wie der runde Querschnitt des Schaftes in den viereckigen Quer- schnitt der Spirale übergeht. Im gleichen Grab befin det sich eine Nadel mit Schwanenhalsbiegung, deren Kopfteil nicht erhalten ist. Da es sich hierbei um einen ausgesprochen zierlichen bronzenen Nadelschaft han delt, darf man annehmen, daß er zu einer Schälchen- kopfnadel und damit in älterhallstattzeitlichen Zu sammenhang gehört. Die eiserne Nadel mit halbrundem Kopf von Nie- schütz (Taf. 13,3) ist sehr schlecht erhalten. Nach einer alten Zeichnung soll sie zwei oder drei Einschnürun gen unter dem halbrunden Kopf besessen haben. Sie sind inzwischen nicht mehr zu erkennen. Der Schaft ist gestreckt. Die Spitze war schon bei der Auffindung abgebrochen. Nach dem Schaftquerschnitt an der Bruchstelle zu schließen, fehlt zusätzlich noch ein Teil des Schaftes. Rechnet man die verlorenen Teile ein, dann muß die Nieschützer Nadel ursprünglich erheb lich länger und kräftiger als alle anderen Nadeln des Arbeitsgebietes gewesen sein, vergleichbar höchstens einer ebenfalls nur fragmentarisch erhaltenen eiser nen Nadel von Röderau, Grab 2 (Taf. 30,6). Große, kräftige Nadeln mit rundlichem Kopf und Halsrip pen gehören zu einer weitverbreiteten Form und wur den sowohl aus Bronze wie aus Eisen hergestellt. In der Billendorfer Kultur östlich der Elbe kennt man sie nur aus älterhallstättischem Zusammenhang (D.- W. Buck 1979, S. 136). Doch begegnen vergleichbare Nadeln auf der Heuneburg an der oberen Donau vor wiegend in deren jüngeren Schichten II und I, das heißt am Ende der Hallstattzeit (S. Sievers 1984, S. 33 f.). Sie wurden auch im Norden noch während des gesamten älteren Abschnittes der Jastorfkultur getragen (H. Keiling 1969, S. 46 f.). Die eiserne Kropfnadel mit Kopfscheibe und zwei aufgenieteten Bronzenäpfchen aus Kötitz, Grab 139 (Taf. 9,11), gehört in die große Gruppe der Spaten kopfnadeln, auch wenn ihre Kopfscheibe nicht drei eckig, sondern mehr herzförmig ausgefallen ist. Spa- tenkopfnadeln sind im nördlichen und östlichen Mit teleuropa verbreitet und werden allgemein in die jün gere Hallstattzeit datiert (K. Tackenberg 1934, S. 13,15; W. Kubach 1977, S. 533 f.; H. Polenz 1980, S. 590 ff.). Ihre beste Parallele findet unsere Nadel in einer Kropfnadel mit dreieckiger Kopfplatte und drei aufgenieteten Bronzebuckelchen von Nadelwitz, Kr. Bautzen (W. Kropf 1938, S. 171, Abb. 280). Eine Bronzenadel von Wiesenau, Kr. Eisenhüttenstadt, be sitzt zwei aus der Kopfplatte herausgetriebene Buk- kelchen (S. Griesa 1968, S. 131, Abb. 1 b; H. Polenz 1980, S. 596, Abb. 10,3). Die Billendorfer Spatenkopf nadeln sind hauptsächlich zwischen Oder und Neiße verbreitet (H. Polenz 1980, Karte Abb. 11), nur we nige Exemplare streuen bis zur Elbe (vgl. D.-W. Buck 1979, S. 138 und Fundliste 45 auf S. 200). Doch fin den sich drei Nadeln weitab vom eigentlichen Ver breitungsgebiet am unteren Main, und zwar in Leng feld, Gemeinde Otzberg, Kr. Darmstadt-Dieburg, und paarig in einem Grab „nördlich von Hanau“ (H. Po lenz 1980, S. 590 ff.). Sie ermöglichen die unmittel bare Verknüpfung mit der Hallstattchronologie, denn die Hanauer Nadeln sind zu einem der in Südhessen für Hallstatt Dl typischen Kettengehänge verarbeitet und mit dem entsprechenden Ringschmuck dieser Ge gend kombiniert worden. Nun treten aber alle weiter östlich vorkommenden Spatenkopfnadeln im Zusammenhang mit Funden der jüngeren Billendorfer beziehungsweise der jünge ren Göritzer Kultur auf (D.-W. Buck 1979, S. 138). Da es wenig wahrscheinlich ist, daß ausgerechnet die beiden ältesten Nadeln so weit nach Westen verschla- gen worden sind, wird man eher annehmen dürfen, daß die jüngere Billendorfer Stufe schon in Hallstatt Dl, wenn auch wohl erst gegen deren Ende, begonnen hat. Für eine Datierung der Kötitzer Nadel noch nach Hallstatt Dl spricht in unserem Falle auch der Zu- sammenfund mit einem eisernen Nagelschneider (Taf. 9,12), der nach Form und Verzierung in die ältere Hallstattzeit, spätestens jedoch nach Hallstatt Dl, ge hört (s. S. 36). Nadelbruchstücke: Aus Mischwitz, Grab 12 (Taf. 12,19), und Zeithain, Grab 10 (Taf. 36,30), liegen bronzene Nadelschäfte mit Schwanenhalsbiegung vor, deren Kopfteile nicht erhallen geblieben sind. Es han delt sich um ausgesprochen zierliche Schäfte von durchgängig rundem Querschnitt, die zu Schälchen- kopfnadeln oder Nadeln mit kleinem Scheibenkopf ergänzt werden können. Schwanenhalsbiegung tritt zwar gelegentlich noch an jüngeren Nadeln auf (S. Griesa 1982, Taf. 9,1), doch sind diese Nadeln dann derber und weisen in ihrem Oberteil vierkanti gen Querschnitt auf. Der verhältnismäßig grobe eiserne Nadelschaft von Röderau, Grab 2 (Taf. 30,6), an dem nicht einmal si cher zu sehen ist, ob er von einer Schwanenhalsnadel oder einer Kropfnadel stammt, erlaubt von sich aus keine nähere Einordnung, doch gibt es aus dem glei chen Grab eine bronzene Schwanenhalsnadel mit klei nem Scheibenkopf (Taf. 30,13), deren älterhallstätti- sches Vorkommen gesichert ist. Zwei bronzene Nadel spitzen aus Grödel, Grab 2, und Röderau, Grab 4, sowie der Rest eines eisernen Nadelschaftes aus Deila, Grab 1, lassen sich nicht näher bestimmen.