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Nr. 47/1917 PAPIER-ZEITUNG 963 Papier-Spinnerei Frachtberechnung von Spinnpapier Aus Baden Wir überereichen Ihnen Abschrift unseres in dieser Angelegenheit mit der Generaldirektion der Badischen Staatsbahnen gehabten Schriftwechsels und wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie zu der Stellungnahme der Generaldirektion sich äußern würden, da an der Tarifierung von Spinnpapier alle Papiergarn-Spinnereien und Papier fabriken interessiert sind. Ganz abgesehen davon, daß die allgemeinen Tarifvorschriften weder bei Packpapieren noch bei andern Papieren einen Unterschied bezüglich des Verkaufpreises dieser Papiere machen, entspricht die .Festsetzung des gegenwärtigen Durchschnittspreises auf 70 M. für 100 kg Packpapier und 150 M. für 100 kg Spinnpapier nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Weitaus der größte Teil der Spinnpapiere dürfte heute in der Preislage von 100—120 M. gearbeitet werden, während die leichteren Sorten (von 17—-35 g/qm) bis jetzt wohl nur in sehr beschränktem Umfange hergestellt wurden. Es ist also keines falls richtig, aus der Verfügung betr. Höchstpreise für Spinnpapier den Durchschnittspreis für Spinnpapier dadurch festzustellen, daß man einfach den Durchschnitt aller in jener Verfügung aufgenom menen Möglichkeiten nimmt. Daß der Preis der Packpapiere für die Tarifierung nicht bestim mend sein soll, geht aus den Erläuterungen Seite 106 der Alllgemeinen Tarifvorschriften hervor. Gemäß T. K. 83 12—14 ist für die Tari fierung die Qualität bestimmend. Die Bezeichnung Packpapier hat nicht den Charakter einer Zweckbestimmung, sondern ist Qualitäts bezeichnung und der Zusatz (Ziff. 1) „auch nach weiterer Verar beitung” gesteht auch den weiter zugerichteten Packpapieren den Sp. T. I zu, z. B. den satinierten, beschnittenen, in Bogen oder Rollen zerschnittenen, den mit Farbe, Ton oder Kreise bestrichenen und den mit geprägten oder aufgedruckten Mustern versehenen Pack papieren. Also gesteht der Tarif auch Packpapieren den Sp. T. I zu, die einen bedeutend größeren Verkaufswert haben. Daraus ergibt sich, daß eine abweichende Tarifierung der Spinnpapiere mit dem höheren Verkaufswert nicht begründet werden kann. Sninnerei. ♦ * * Eingabe obiger Spinnerei an dieX Genera Idirektion der Bad. Staats-Eisenbahnen 27. April 1917 Infolge ungenauer Deklaration der für unsere Fabrikation benötigten Papiere erfahren diese Sendungen seitens der verschie denen Eisenbahndirektionen unterschiedliche Behandlung in der Tarifierung. Wir verarbeiten diese Papiere zu Papiergarnen haupt sächlich als Jute-Ersatz, Diese Papiere sind hergestellt aus Holz zellstoff und werden — abgesehen von Einzelfällen — vorwiegend zu Packzweckcn verwendet. Die A. T. V. nennen auf Seite 106 unter Spezialtarif I: Papier folgendes: 1. Packpapier — unter Packpapier ist alles Papier zu ver stehen, das hauptsächlich zu Verpackungen, auch nach weiterer Verarbeitung verwendet wird. Gemäß T. K. 83 12-—14 ist für die Tarifierung die Qualität bestimmend. Demnach wäre sämtlichen für die Papiergarnfabrikation bestimmten Papiere der Spezialtarif I zugrunde zu lagen, auch wenn sie als Spinnpapier deklariert sind, denn Spinnpapiere sind eben der Qualität nach Packpapiere. In Wirklichkeit dienen diese Papiere auch nach weiterer Verarbeitung Packzwecken, denn die daraus hergestellten Garne finden in erster Linie Verwendung für die Fabri kation von Säcken, also für Verpackungszwecke. Wollte man diese Papiere nach den Sätzen der A. W. K. tarifieren, so wären sie be deutend ungünstiger gestellt wie dasjenige Material, das sie in erster Linie ersetzen sollen — die rohe Jute, die sogar nach Spezialtarif II tarifiert wird. Nach Ziff. 1 Seite 106 A. T. V. gesteht der Satz „auch nach weiterer Verarbeitung” auch den weiter zugerichteten Packpapieren, •sofern sie noch keine Papierware geworden sind, den Sp. T. I zu, z. B. den satinierten, beschnittenen, in Bogen oder Rollen zerschnit tenen usw. - Hieraus folgt, daß auch den Papieren, nachdem sie in Rollen geschnitten sind, wie dies bei uns und hauptsächlich in unserem Zweigbetrieb B., Station H., geschieht, der Sp. T. I zuzugestehen ist. • Unsere ganzen Kalkulationen sind auf der Grundlage gemacht, daß die Rohstoffe zum Sp. T. I befördert werden. Hierzu kommt noch, daß wir ohnedies viel schlechter gestellt sind als die mittel- und nord deutschen Papiergarnspinnereien. Infolge Mangels geeigneter Fabri ken in Süddeutschland sind wir genötigt, die ganzen Papiere aus Nord- deutschland zu beziehen. Würde anderseits den Papieren, nachdem sie in Rollen geschnitten sind, der Sp. T. I nicht mehr zugestanden werden, so laufen wir Gefahr, die Fabrikation unseres Zweigbetriebes in B., Station H., einstellen zu müssen, da die Spinnereien ,die den Rohstoff (in Rollen geschnittenes Packpapier) verarbeiten, genötigt wären, diese Schneidarbeit im eigenen Betriebe auszuführen. Wir ersuchen die verehrl. Generaldirektion, zur nächsten Sitzung der Tarifkommission den Antrag zu stellen, daß Packpapiere, aus denen nach weiterer Verarbeitung Papiergarn hergestellt wird, so wohl vor wie nach dem Schneiden zu den Sätzen der Sp. T. I tarifiert werden. Die Stationsämter W. und H. bitten wir anzuweisen, alle ein- und ausgehenden Papiersendungen nach den Sätzen der Sp. T. I zu tarifieren, auch wenn sie als Spinnpapier — das wie erwähnt eben Packpapier ist — deklariert sind. Soweit in der letzten Zeit Sendungen infolge ungenauer Deklaration falsch tarifiert wurden, werden wir s. Zt. Rück erstattung der zuviel erhobenen Gebühren beantragen. * * * Antwort der Generaldirektion der Badischen Staatseisenbahnen auf obige Eingabe. Karlsruhe, 9. Mai 1917 Ihre Annahme, Spinnpapiere seien ihrer Qualität nach als Pack papier im Sinne der Stelle „Papier” des Spezialtarifs I anzusprechen, ist nach den uns vorliegenden Erhebungen nicht zutreffend. Wenn auch ein Teil der Spinnpapiere in der Stoffzusammensetzung ge wissen Sorten von Packpapier gleicht, so zeigen doch die ganz oder teilweise aus Natron- (Sulfat-)Zellstoff hergestellten Spinnpapiere Eigenschaften, die sie von Papier, das hauptsächlich Verpackungs- zwetken dient, wesentlich unterscheiden. Auch die Preisverhältnisse lassen erkennen, daß Spinnpapiere den Packpapieren nicht vergleich bar sind. Während sich gegenwärtig der Preis für Packpapier auf 40—-100 M. durchschnittlich auf 70 M. für 100 kg stellt, beträgt der Höchstpreis für Spinnpapier nach der vom stellvertretenden General kommando des XIV. Armeekorps erlassenen Bekanntmachung vom 20. Februar d. J. zwischen 75 und 225 M., durchschnittlich also 150 M. für 100 kg. Daß aus den Spinnpapieren Verpackungsmittel hergestellt werden, hat auf die Tarifstellung der Papiere selbst keinen Einfluß. Die in Rolln zerschnittenen Papierbahnen würden als ein Erzeugnis aus Papier auch-dann nicht unter den Begriff „Packpapier” fallen, wenn der Rohstoff an sich dieser Tarif stelle zugerechnet werden könnte. Die Frage der Tarifierung der Spinnpapiere ist von dem, der ständigen Tarifkommission der deutschen Eisenbahnen beigeordneten Ausschuß der Verkehrsinteressenten zum Gegenstand eines Antrages an die ständige Tarifkommission gemacht worden; über diesen An trag wird in der nächsten Sitzung dieser Körperschaft verhandelt werden. Bis zum Austrag der Verhandlungen muß an der Tarifierung des Spinnpapieres nach der Allgemeinen Wagenladungsklasse fest gehalten werden. Wir behalten uns ergebenst vor, Ihnen vom Ausgang der Ver handlungen in der ständigen Tarifkommission seinerzeit weitere Nachricht zu geben. Entgegen den Schlußfolgerungen, welche die Generaldirektion der Badischen Staats-Eisenbahnen auf Grund ihrer Erhebungen zieht, halten wir Spinnpapiere ihrem Wesen nach für Packpapiere, Insbesondere gilt dies auch von dem aus Natron- (Sulfat-)zellstoff hergestellten Spinnpapieren, die ja vor Einführung der Papierspinnerei als Kraftpapiere zu den zähesten und besten Packpapieren gehörten und auch jetzt noch gehören. Wir kennen zwischen bestem dünnem Kraftpapier und bestem dünnem Spinnpapier keinen wesentlichen Unterschied. Auch die Angaben der Generaldirektion der Badischen Staatseisenbahnen über die Preisverhältnisse erscheinen uns unzu treffend. Es geht nämlich unseres Erachtens nicht an, für Spinn papiere oder für Packpapiere einen Durchschnittspreis anzunehmen, da innerhalb beider Gruppen Preisunterschiede von außerordentlicher Höhe vorkommen. So gibt es dünne Pergamynpapiere, die nur zu Packzwecken dienen und doch höher bezahlt werden als das feinste Spinnpapier. Als ein Irrtum erscheint es uns ferner, die schmalen Spinnpapierteller (Streifenrollen) als Papierware im Sinne der Allgem. Tarif-Vorschriften anzusehen, denn nach den in der Eingabe der Spinnerei aufgeführten Bestimmungen dieser Tarifvorschriften ist verarbeitetes Papier nur dann als Papierware zu tarifieren, wenn sie unmittelbar dem Verbraucher dient, während Zwischenerzeugnisse (Halbfabrikate) nicht als Papierware sondern als Packpapier gelten. Spinnpapicrröllchen sind aber Zwischenerzeugnisse, mit denen der Verbraucher nichts anfangen kann, die vielmehr erst einer Weiter verarbeitung bedürfen und nur als Halbzeug angesehen werden können. Sie sollten also eher die viel mäßigere Fracht bezahlen, die für Roh-Jute gilt, an deren Stelle sie infolge der Kriegsereignisse getreten sind. Es wäre erwünscht, daß diese und andere Gründe, die für die billigere Frachtberechnung für Spinnpapiere und Spinnpapier röllchen sprechen, dem Ausschuß der Verkehrs-Interessenten seitens der Vertreter der Papierspinnerei bald erläutert würden, damit dieser Ausschuß genügend unterrichtet ist, um in der bevorstehenden Sitzung der Ständigen Tarifkommission die Interessen.der Industrie hinreichend wahrzunehmen. Schriftleitung.