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850 PAPIER-ZEITUNG Nr. 41/1917 .pierindustriezur Herstellung von Kriegstinte, die sich zürn Beschrei ben leimschwacher Papiere eignet, aufforderte. Es wurde darauf hingewiesen, daß sich die Papierindustrie in einer Zwangslage befindet und die Zustände nicht bessern könne, die Tintenfabrkation daher versuchen müsse, helfend ein- zugreifen. Sollte dies nicht möglich sein, so würde man allmählich gezwungen werden, den Gebrauch an Tinte einzu schränken und mehr und mehr zur Benützung von Schreib stiften überzugehen. Die Kriegstinte käme in erster Linie in Frage für das große Publikum, für Geschäftsleute, für den Gebrauch in Schulen usw., also für den Massenverbrauch. Wenn sie für schwach geleimte Papiere brauchbar ist, könnte bei gewöhnlichem Papier des täglichen Gebrauchs viel Harz gespart und somit eine Streckung der vorhandenen Harzbestände erzielt werden. Die Anregung fand bei der Mehrzahl der Fabriken weitgehendes Entgegenkommen, und an verschiedenen Stellen wurden sofort Ver suche zur Herstellung von Kriegstinte eingeleitet. Die zur Beurteilung der Tinten erforderlichen leimschwachen Papiere wurden von Papier fabriken und Papierhandlungen dem Amt in bereitwilligster Weise zur Verfügung gestellt und den Tintenfabriken übermittelt. Kleine Proben von Kriegstinten standen für praktische Versuche schon bald zur Verfügung, und es zeigte sich, daß mit den meisten leimschwache Papiere besser beschrieben werden können als mit unseren gewöhn lichen Schreibtinten; mit diesem ersten Erfolg kann man zufrieden sein, denn es ist zu erwarten, daß bei weiterer Beschäftigung mit der Frage und weiteren grundlegenden Versuchen sich noch bessere Ergebnisse werden erzielen lassen. Inzwischen hatte das Amt auch dem Herrn Unterrichtsminister über die Sachlage Bericht erstattet und unter Hervorhebung der Ursachen darauf hingewiesen, daß sich in letzter Zeit die Fälle gemehrt hätten, in denen Verbraucherkreise über nicht genügende Leimfestig keit (Tintenfestigkeit) unserer Schreibpapiere klagen, und daß sowohl Behörden als auch Privatleute die Beobachtung gemacht haben, daß beim Beschreiben von Papier die Tinte jetzt häufiger ausläuft und durchschlägt als früher. Insbesondere wurde auch vielfach über die Schul-Schreibhefte geklagt, die wegen mangelhafter Leimung von den Lehrern vielfach beanstandet und dann von den Schülern dem Papierhändler zurückgegeben worden sind. Eine Papier-Groß handlung teilt dem Amt u. a. mit, daß sie auf diese Weise „ungeheuren Schaden“ erlitten hat. Ist dies auch wohl etwas übertrieben, so dürfte doch zu erwägen sein, ob derartige wirtschaftliche Schädigungen unvermeidlich sind oder verhindert werden können. Letzteres könnte bis zu einem gewissen Grade geschehen, wenn die Lehrer über die Ursache der z. Z. nicht immer zu vermeidenden Leimschwäche unserer Papiere aufgeklärt werden. Es dürfte nur wenig Lehrer geben, die die Technik der Papierleimung kennen und so aus eigenem Wissen die Ursache des Uebelstandes kennen und ihr Rechnung tragen. Wenn sie aber darauf aufmerksam gemacht werden, daß es aus den angegebenen Gründen immer schwieriger wird, gut geleimte Schreib papiere herzustellen, daß man daher während des Krieges auch mit weniger gut geleimten Papieren vorlieb nehmen müsse, und daß ein jeder im vaterländischen Interesse seine Ansprüche an die Leimung des Papiers herabsetzen muß, so wird die Lehrerschaft dem gewiß gern Rechnung tragen und die Zurückweisung von Heften wegen schwachen Auslaufens und Durchschlagens der Tinte, so weit es angeht, vermeiden. Eine gewisse Vorsicht ist bei solchen Zurück weisungen überhaupt am Platze, da in manchen Fällen auch die Tinte schuld am Auslaufen sein kann. Der Laie ist merkwürdiger weise, wenn die Tinte beim Schreiben ausläuft, fast immer geneigt, ohne weiteres dem Papier die Schuld zuzuschreiben, obwohl der Gedanke, die Tinte verschulde den Uebelstand, doch ebenso nahe liegt. Der Herr Minister hat inzwischen die Königlichen Provinzial schulkollegien und Regierungen veranlaßt, die Lehrer durch die Schul leiter bezw. die Kreisschulinspektoren darauf aufmerksam machen zu lassen, daß es immer schwieriger wird, gut geleimte Papiere her zustellen, und daß man daher während des Krieges auch mit weniger gut geleimten Papieren vorlieb nehmen, und daß ein jeder seine An sprüche an die Leimung des Papiers herabsetzen müsse. Die Lehrer schaft würde den Umständen gewiß gern Rechnung tragen und durch Einwirkung auf die Schüler dazu beitragen, daß die Zurück weisung von Heften wegen schwachen Auslaufens und Durchschlagens der Tinte, während des Krieges soweit es angeht, unterbleibt. (Der Erlaß ist veröffentlicht im Zentralblatt für die gesamte Unterrichts verwaltung in Preußen 1916 Nr. 82, S. 419.) In einem weiteren Erlaß wurde auf das demnächstige Erscheinen der Kriegstinte für leim schwache Papiere aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, daß harte und spitze Federn, die bekanntlich das Durchdringen der Tinte durch leimschwaches Papier wesentlich mit bewirken, nach Möglichkeit zu vermeiden und die Federn nach jedesmaligem Ge brauch sauber auszuwischen sind. Es wird nunmehr Sache der Tintenfabrikanten sein, für die Ein führung und Verbreitung ihrer Kriegstinten zu sorgen und durch geeignete Ankündigungen, Besprechungen und Veröffentlichungen nicht nur in den Fach-, sondern auch in den Tagesblättern dafür zu sorgen, daß die Kenntnis von dem Vorhandensein, den Eigen schaften und der Verwendungsmöglichkeit der Tinten in die breiteste Oeffentlichkeit getragen wird. Erwarten darf man wohl von unseren Fabriken, daß jede einzelne ihre Ware erst nach gründlicher Prüfung auf den Markt bringt, damit die Verbraucher nicht durch ungünstige Erfahrungen mißtrauisch werden und sich dann den neuen Tinten gegenüber ablehnend verhalten. Aus einer Tafel im 4. und 5. Heft der „Mitteilungen des Kgl. Materialprüfungsamts (dem dieser Aufsatz entnommen ist) ist das Verhalten einiger dem Amt eingereichter Kriegstinten und einer unserer verbreitetsten Normaltinten auf leimschwachem Papier veranschaulicht. Als Papier wurde ein aus Hadern hergestelltes Urkundenpapier benutzt, das unmittelbar nach der Herstellung einwandfrei leimfest war, dann aber auf dem Lager allmählich seine Leimfestigkeit so weit verlor, daß die Tinte selbst bei schwacher Schrift auslief und durchschlug. Unter den Kriegstinten wurden vier von den dem Amt übersandten Proben ausgewählt, 2 schwarze Eisengallus-Kriegstinten, eine violette und eine rote Kriegstinte. Mit allen Tinten wurden Linien von %, % und 1 mm Breite gezogen, und die Tafel I zeigt sowohl die Vorderseite als auch die Rückseite des behandelten Blattes. Die Normaltinte ist bei allen Strichbreiten ausgelaufen und bei den % und % mm breiten Strichen auch durch geschlagen. Die Kriegstinten zeigen durchweg nur ganz schwache Neigung zum Auslaufen, aber kein Durchschlagen, auch nicht bei den 1 mm breiten Strichen. Mit diesen Tinten könnte man also das benützte sehr leimschwache Papier auf beiden Seiten beschreiben, ein sprechendes Beispiel für den Wert der Kriegstinten. Aufschlag freibleibend Einer unserer Lieferer hat uns im September 1916 Ware mit der folgenden Bedingung angeboten. „Obige Preise verstehen sich für 100 Stück brutto mit 25 v. H. Rabatt, Ware ab Fabrik, 30 Tage Kasse mit 2 v. H., Verpackung berechnet, 25 v. H. Aufschlag frei bleibend.” Er berechnet jetzt mit 25 v. H. Aufschlag auf den Brutto preis, nachdem der Rabatt abgezogen ist, während wir der Ansicht sind, daß der Aufschlag auf den Bruttopreis berechnet und von diesem Betrag der Rabatt von 25 v. H. abzusetzen ist. Die Ware kostet nach Rechnung des Lieferers 100 M. ab 25v.,H. Rabatt 25 ,, 75 M. zuzüglich 25 v. H. Aufschlag auf 100 M 25 ,, Endbetrag 100 M. Nach unserer Berechnung ist der Betrag 100 M. 25 v. H. Aufschlag 25 ,, 125 M. ' abzüglich 25 v. H. Rabatt 31,25 ,, Endbetrag 93,75 M. Wer hat recht ? Nach unserer Auffassung ist obige Vereinbarung derart zu ver stehen, daß der Verkäufer einen Nachlaß vom Kaufpreis im Betrag von 25 v. H. gewährt, sich aber das Recht vorbehält, diesen Nachlaß ganz oder teilweise aufzuheben. Aus diesem Grunde, und weil man nicht annehmen kann, daß der Verkäufer sich die umständliche Rechnungsweise, die der Käufer fordert, beim Verkauf zurecht gelegt hat, sind wir der Ansicht, daß die Art, wie der Verkäufer die Ware berechnet, richtig ist. Neue österr. Postwertzeichen. Demnächst kommen neue Brief marken zu 15, 20, 25 und 30 Heller und neue einfache und Doppel- karten für den inländischen Verkehr sowie Kartenbriefe zu 15 Heller mit dem Bildnisse des Kaisers Karl I. zur Ausgabe. Gleichzeitig wird die Gestalt der Eilmarken zu 2 und 5 Heller geändert. Die bisherige dreieckige Gestalt hat sich nicht bewährt, weshalb die Marken von nun an querrechteckig ausgegeben werden. Der Merkur kopf auf den bisherigen Eil marken ist beibehalten worden. Die bis herigen Marken zu 15 bis 30 Heller, die Eilmarken, Postkarten zu 8 und 8+8 Heller und Kartenbriefe behalten bis Ende Oktober 1917 ihre Gültigkeit und können im November 1917 kostenlos gegen andere Postwertzeichen umgetauscht werden. Papier für Butter. Der Berliner Kaufmann Richard G. wurde dieser Tage vom Schöffengericht zu 100 M. Geldstrafe verurteilt, weil er, als eine Kundin sich wegen Mitwiegens des Papiers mit der winzigen Buttermenge beschwerte, ihr erwiderte: „Machen Sie, was Sie wollen! Ich wiege das Papier mit, ich bekomme es auch nicht geschenkt.” Gegen die mitangeklagte minderjährige Ver käuferin wurde auf einen Verweis erkannt. Neue Bücher Der vaterländische Hilfsdienst. Erläuterungen und Materialien zum Gesetze über den vaterländischen Hilfsdienst v. 5. Dez. 1916. Auf Veranlassung des Kriegsamtes herausg. von Oberverwaltungs- gcrichtsrat Schijfer, M. d. R. u. d. preuß. Abg.-H., Leiter der Rechts abteilung des Kriegsamtes, und Geh. Justizrat Dr. Junck, M. d. R„ Mitglied der Rechtsabteilung des Kriegsamtes. 214 Seiten. Preis geheftet 3 M. Verlag von Otto Liebmann, Berlin W 57.