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72 satz zur Osterzeit der Mai oder Wonnemonat die schönste Jahreszeit im ganzen Jahr ist. Da stehen in Berlin die Bäume in frischem Blätterschmuck, zeigen die Blumen ihre Farbenpracht, weht ein lauer Wind und zwitschern die Vögel. Ferner macht man zu dieser Zeit keine besonderen Geschenke, aber man schreibt sich nach wie vor gegenseitig Postkarten, auf denen meist wie zu Ostern Hasen oder Maikäfer gemalt sind, wohl weil sie gerade zur Zeit des Pfingstfests zum Vorschein kom men. Die Maikäfer dienen auch Kindern als Spielzeug. Zwei Stück kauft man für 5 oder 10 Pfennig, legt sie in eine kleine Papierschachtel, tut Kastanienblätter dazu, und manchmal lässt man sie zusammen kämpfen, was lustig ist—gerade so wie die japanischen Kinder Grillen oder Wasserjungfern fangen und sich darüber freuen. XLVII. Das Alumnat eines Gymnasiums. In Berlin sind viele Gymnasien, aber ein Alumnat haben sie nicht alle oder vielmehr nur wenige. Das Alumnat, welches ich mir angesehen, war das des Joachimsthalschen Gymnasiums. Dieses Gymnasium ist wohl von den anderen etwas verschieden, eine besondere Art Schule hinsichtlich seiner Entstehung und seiner Einrichtungen, wie auch der Leistungen seiner Schüler. Das Gymnasium ist nun im Jahre 1607 in Joachimsthal in der Nähe von Potsdam errichtet worden, und nach seiner Ver legung nach Berlin ist sogar die Strasse, in der es liegt, Joachimsthaler Strasse genannt worden. Im Jahre 1907 (im 40. Jahre Meiji) gedenkt man also das dreihundertjährige Bestehen der Anstalt zu feiern. Da es ferner ursprünglich zu dem Zwecke gegründet worden ist, den Söhnen des Adels eine Erziehung zu geben, entspricht es dem japanischen Gakushüin (unserer Ritterakademie). Man legt daher ein grösseres Gewicht auf die Charakterbildung als auf die wissenschaftliche