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4 worden sei; aber wenn man weiter forscht, ist es, wie ich eben angegeben. Ueberdies schmückte man früher nicht wie jetzt das Innere des Hauses damit, sondern stellte die Tannen vor die Tür, wie ich gehört. Das sieht also der japanischen Kadomatsu noch ähnlicher. Aber das ist nicht die einzige Aehnlichkeit zwischen dem deutschen Weihnachts-und unserem Neujahrsfest: man vergleiche weiter die Speisen, die bloss zu Weihnachten ge gessen werden, die Pfefferkuchen, mit unseren Noshimochi * und Kuitsumi.\ Die Weihnachtsgeschenke sind gerade wie unsere Neu jahrsgeschenke, und die grenzenlose, freudige Erregung der Kinder —es ist alles dasselbe in Ost und West. Etwas verschieden ist jedoch der Modus des Schenkens. Es erhalten nämlich nicht nur die Kinder von den Eltern, die Nichte von der Tante, die Dienstboten von der Herrschaft, d. h. die Jungen von den Alten, passende Geschenke, sondern auch umgekehrt die Alten von den Jungen. Man beschenkt sich also gegenseitig. Wie ich selbst gesehen, schenkte ein Mädchen seinem Vater, welcher Raucher ist, einen Tabaksbeutel, der eigene Handarbeit war, und ein Dienstmädchen kam mit einem hübschen Stück Seife für einen kleinen Strolch in der Familie. Ist das nicht alles recht auf merksam ? Den Kindern geben die Eltern ferner einige Tage vor dem Fest einen sog. Wunschzettel, jedem Kind einen. Auf den schreiben die Kinder alles, was sie sich wünschen, und ge ben ihn den Eltern zurück, als ob sie nichts davon wüssten,— ein System, das sich empfiehlt. Ausserdem ladet man in wohl habenden Häusern bei Gelegenheit dieses Festes die armen Kinder der Nachbarschaft ein, schenkt ihnen Kuchen und Spielsachen und lässt sie einen Abend lang nach Herzenslust spielen. An diesem Tage überträgt man den eigenen Kindern die Pflichten der Hauswirte und lässt sie die armen Kinder bedienen. Man will nämlich schon vom zartesten Alter an ihren Wohltätigkeits- * Reiskuchen, die plattgedrückt wie Kuchen sind. t Der auch Horaikazari genannte Delikatessen- Ständer mit Reiskuchen, Nüssen, Apfelsinen und vielen anderen Neujahrsleckereien, der, wie der Weihnachtsbaum bei uns, später von den Kleinen geplündert wird.