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46 die Gelegenheit geboten, einen Blick hineinzuwerfen. Im allge meinen gibt es hier in Berlin äusser den besonderen grossen Gemäldeausstellungen immer wer weiss wie viele kleine Dauerausstellungen. Diese verfolgen jedoch meistenteils mehr geschäftliche Zwecke als rein künstlerische. Es sind sozusagen nichts weiter als Ausstellungen eines Kunsthändlers. So ist auch die diesmalige Ausstellung japanischer Bilder von der Firma Keller wid Reimer in der Potsdamerstrasse veranstaltet worden, wo in einem Hinterzimmer einige vierzig japanische Bilder grossartig aufgehängt sind, von denen aber die allermei sten leider weiter nichts als Schmierereien sind, von Malern, die Künstler dritten und vierten Ranges sind, gemalt. Von grossen Künstlern wie Gekko, Öshin, Gyokuen, Gejö Masao, konnte ich zwar einiges Wenige bemerken, aber auch das war nur das unbedeutendste von ihnen. Trotzdem kritisierte man, nur zur Reklame, die Ausstellung ernsthaft in den Zeitungen, und von der Kritik angeregt gingen auch Sachverständige hin, um sich dieselbe anzusehen. Weil es aber die grösste Verwirrung gibt, wenn man solche Bilder für japanische Meisterwerke erklärt und sie für eine japanische Kunstausstellung verwendet, so ist es mir — obgleich es keineswegs in meiner Absicht liegt, Bilder, die ausdrücklich für den Verkauf bestimmt sind, schlecht zu machen, im Interesse der japanischen Kunst unmöglich, still zu schweigen. Einem Deutschen, der mit mir die Ausstellung besuchte, habe ich auch schon meine Meinung über jedes einzelne der Bilder — ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen — gesagt, wobei der Aufseher, der neben mir stand und es hörte, ein böses Gesicht machte und mich anstarrte. XXXI. Festmahl am Tenchosetsu (Geburtstag des Kaisers). Es herrscht jetzt die schöne Sitte, dass alljährlich am Ge burtstag unseres Kaisers auf der Gesandtschaft ein Abendessen