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3i allen Umständen gesehen haben. Schon früher war das meine Absicht gewesen. Am 31. Mai dieses Jahres war es mir nun zu meiner Freude vergönnt, mir dieses prächtige, wunderschöne Schauspiel anzusehen. In Japan sind in jedem Jahr zwei Tage für die Parade bestimmt: der 8. Januar ^Rikugunhajime d.h. der Geburtstag des japanischen Heeres) und der 3. November {Ten- chösetsu, d.h. Kaisers Geburtstag). Auch hier wird sie zweimal, das eine Mal im Mai oder Juni, das andere Mal im Oktober oder November abgehalten, etwas früher oder später, wie es eben Majestät, dem obersten Kriegsherrn, am besten passt. Bei der japanischen Parade stehen weiter die Zuschauer — von be vorzugten Persönlichkeiten abgesehen — meist auf dem Saum des Exerzierplatzes und werden von hinten von der schaulustigen Menge gedrängt, während sie von vorn von Polizisten und Gen darmen zurückgestossen werden, und geniessen in dieser glück lichen Lage das Schauspiel. Hier dagegen können auch Damen und alte Herren mit einer besonderen Einlasskarte von der Polizei bis neben Majestät und noch dazu im Wagen mit dem Hut auf dem Kopf und mit aufgespanntem Schirm vorrücken und vergnügt zusehen. Noch ein Unterschied: die meisten Zuschauer haben sich Lebensmittel und Getränke mitgebracht und essen und trinken dabei, so wie wir uns die Dashi * bei einem Matsziri (Fest) ansehen. Jedesmal ferner, wenn ein bekannter Offizier kommt, um die Insassen eines Wagens zu begrüssen, ruft man ihm zu: „ Schwerer Dienst heut!” und reicht ihm belegte Brötchen und Sekt. Ungefähr so wie bei uns ein Sekitori (berühmter Ringer) auf dem Ringplatz von einem Gönner herangewinkt wird. In Japan kann man sich das nicht vorstellen. Ich hatte nun an diesem Tage auf Empfehlung der Gesandtschaft eine Einladungskarte bekommen können und nahm mir eine Equipage, da man mit einer gewöhnlichen Drosch ke nicht zugelassen wird. Um8 Morgens kamen wir zu * Reich verzierte Prozessionswägen, die an Festtagen mit Tanz und Musik durch die Strassen gezogen werden.