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Funktionieren einer Anmenge kleiner in- einandergreifenderEinzelheiten abhängt. And wer auch nur etwas geschichtlich denken kann, auch in der Technik, der sieht nicht nur den Geschwindigkeitsmesser über der Zahl 80 pendeln, er fühlt im Anterbewußtsein den weiten, weitenWeg, der zu der heutigen Leistung führt. Wer das richtige Verständnis für technische Leistungen gewinnen will, muh sich in die Geschichte derTechnik vertiefen. In seiner „Lebensfahrt" (Verlag Roehler LAmelang, Leipzig) erzählt der in diesem Frühjahr verstorbene erste Erbauer eines Motorwagens, Earl Benz, der seine er fahrungsreiche Tatkraft den Daimler- Benz-Werken bis zu seinem Tode zur Verfügung stellte, manch köstliche Ge- schichte von all' den Schwierigkeiten, die Karl Benz, der erste Erbauer eines brauchbaren Automobils, in jungen Jahren Aus den Kindertagen des Autos 1 »ns Menschen des 20. Jahrhunderts ist alles so selbstverständlich. Wir I I wundern uns nicht darüber, dah die „Bremen" in knapp fünf Tagen den Ozean überquert, dah wir in rund vier Stunden mitdemFlugzeug zeug von Berlin nach München fliegen. Es erscheint uns das natürlichste von der Welt, dah jeder leidlich gute Autofahrer im 80-Kilometertempo seinem Wochenendziel zustrebt. — And doch ist das alles gar nicht selbst verständlich. Ein Knall und die Herrlichkeit ist zu Ende, der Reifen hat Schluß gemacht. Nein, es ist wirklich nicht selbstverständlich. Jeder Autofahrer weih, wie die schöne glatte Fahrt vom tadellosen gen aus dem Aahre IKON. Mau sieht, schon damals svukte in den Köpfen die Hdee des „WochcnendaUlos" auf seinem Wege lagen. — So war 1884 in Baden noch das „Fahren mit elementarer Kraft" ver boten. Benz brauchte für seine Versuchsfahrten die Genehmigung des Ministeriums in Karlsruhe. Er erhielt sie für sechs Kilometer Geschwindigkeit inner halb und zwölf Kilometer auherhalb der Stadt. Damit war noch nichts zu wollen. So luder die entscheidenden Herren nach Mannheim zu einer Besichtigung ein, um sie heute ein Können. Hans Blotenberg. Bild rechts: »»-> Der Drehorgelmann als Automobilist. Scherzbild über die verschiedenen, durch die Einführung des Auto mobils zu erwartenden Umwälzungen. Der Leierkastenmann trägt nicht mehr seine Dreh orgel auf der Schulter, sondern fährt stolz im Auto. Bewegliche Arme rechts und links ziehen den Zuhörern das Geld aus der Tasche Bild unten: Die „Benzin Chaise" in bereits verbesserter Form. Im Wagen sitzt das Ehepaar Benz. Tas Bild flammt etwa aus dem Jahre , 1800 f von der Betriebssicherheit seines Fahrzeuges zu V überzeugen. DerFahrmeisterholte siemitderge- V jährlichen „Benzinchaise" vom Bahnhof ab,hatte I aber strengen Befehl, nicht schneller als sechs Kilo- D meter pro Stunde zu fahren. Zunächst behagte V es den Herren außerordentlich. Dannaberwurde ß ihnen bas Tempo langweilig. Als schließlich ein ß Milchfuhrwerk den Wagen überholt, ruft einer I der Beamten: „Können Sie denn nicht schneller V fahren?" „Können tue ich schon, aber es ist s polizeilich verboten!" „Ach was, fahren sie mal D zu, sonst fährt uns ja jede Milchkutsche vor." Damit war der Bann gebrochen. Heute fährt V auch das Milchauto in der Stadt seine 30 Kilo- V meter. Entzückend ist die Schilderung der ersten ß Fernfahrt, die 1888 heimlich von Frau Benz ß und den beiden Söhnen ins Werk gesetzt wird. Z Auf den steilen Schwarzwaldstrahen muhte ß reichlich geschoben werden. Der Lederüberzug der F Holzbremse brauchte oft Erneuerung beim Dorf- Z schuster. Mutters Hutnadel war gut, um die Z Verstopfung des Benzinzuflufles zu beseitigen. D Aber man kam durch. Das technische Ergebnis Z war der Einbau einer neuen Äbersehung für Z Bergfahrten. Auch in England bekam es der erste Fahrer mit der V Polizei zu tun. Er verstieß gegen die Lokomotiv-Akte, s nach der pferdelose Wagen nur mit 3,2 Kilometer D Stundengeschwindigkeit durch die Ortschaften fahren - durften, und 100 Meter voraus ein Mann mit roter Z Fahne zur Warnung gehen muhte. Aber schliehlich setzte D sich das deutsche Auto auch in England durch. 1899 erkennt - die „Daily Mail" die vorzügliche Arbeit des deutschen Z Wagens an, „obgleich er in Deutschland gebaut ist." Auf die Bauern wirkten die ersten Wagen wie Teufels- Z fuhrwerke, vor denen sie oft erschreckt ihrFuhrwerk im Stich - liehen und sich im Wald versteckten bis der Spuk vorüber ß war. Ähnliche Erfahrungen machte der Autofahrer auch ß nochspäter überallda.woderpferdeloseWagen zum ersten- ß mal bei bäuerlicher Bevölkerung auftrat. So erlebte es der Schreiber dieses im Winter 1912, dah ß eine ganze Kolonne bäuerlicher Schlitten auf der ver- ß schneiten Angara in Sibirien in Furcht und Schrecken ß Reißaus nahm, als eines der wenigen Irkutsker Auto- ß mobile auf dem zugefrorenen Fluh entlang fuhr. ß Selbstverständlich? Nichts ist selbstverständlich. Jeder ß Fortschritt hat Opfer gekostet. Jede Leistung verlangt auch ß