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Nr, 251. Pulsnitzer Tageblatt. — Sonnabend, den 26. Oktober 1929. Seite 6. Dresdner Brief Jahrmarkt i« Dresden. Eigentlich sollte er abgeschafft werden, der ölte, liebe Jahrmarkt. Er sei nicht mehr zeitgemäß im Jahrhnndert der Warenhäuser mit den Abteilungen sür jede Ware, wo die Dresdenerinnen tage« und stunden lang nmherschwctfen, ihre Schau- und Kauflust befriedigen können. Und doch ist er wieder genehmigt worden. Freilich nicht im Innern der Stadt, wo die Budenreihen zum Verkehrshindernis wurden, man hat ihn hinaus nach dem Alaunplatz verbannt. So wurde die Stadtver waltung den Wünschen von beiden Seiten gerecht. Da ist cs wohl an der Zeit einmal zu erzählen, wie sich die Jahrmärkte in alten Tagen in Dresden abgespielt haben. Damals waren sie eine Notwendigkeit. Schon im Mittelalter, soweit unsere Chroniken zurückceichen, fand der Markl auf dem Altmarkt statt, wo das Rathaus mit der Ratswaage stand. Nur die Landbäcker und Metz ger hielten auf der Pirnaischen Gaff seil. Vom Fenster des Rathau ses wehte eine rote Fahne zum Zeichen, daß auch fremde Verkäufer daS Marktrccht hatten. An der Ecke am Markt gab es Holz- und Bastwaren aus deu uinliegenden Heid dörfern, große und kleine Mulden, ausgepichte Becher, Fässer, Backtröge, Schweinetröge, Pferdetröge, Pflüge, Karren und andere Geräte, die anzeigten, daß im städtischen Leben die Erfordernisse der Landwirtschaft keinen geringen Platz ein- nahmen. Die Hausfrauen handelten um den Preis eines Trag- oder Handkorber, an der Brüdergoffe wurden Eier, Milch, Fische und Wild verkauft, und auch die Gemüsehändler hatten ihren bestimmten Platz und waren von Dresner Frauen umlagert. Unter den Einheimischen und den Bewohnern der Umgebung gab eS auch auswärtige Händler und Geschirrsührer Von Leipzig, Grimma, Freiberg, Meißen, Mittweida sind sie herbeigckommen, teils mit Wagen, teils mit Maultieren oder hoch zu Roß. Es gab ein großes Durcheinander an solchem Marktag. Am lautesten schrieen und schimpften die Salzhockenweiber, dalür waren sie bekannt. Dort vor dem Bauern im grünen Reck und roten Hut steht ein behäbiger Bürgersmann wägend und feilschend. Da kommt auch ein Gelehrter oder Doktor im langen Talar. An anderen Stellen hemmen wieder die Frauen das Fortkommen. Sie tragen ellenbohe Spitzenkragen oder wunderliche weiße, in steife Falten gelegte Tücher. Es läßt sich auch wohl eine vornehme Dame sehen im Prachtgewand mit langen, pelzverbrämten Aermeln und goldener Kette um den Hals. Bei den Waffenschmieden auf der Sporergaffe stehen ritterliche Gestal ten, den bunten Waffcnrock über dem dichtanliegenden Panzerhemd. Sie prüfen die Klingen, paff n den Schwertgurt um, wählen einen Spieß, mustern die Sättel und sind im Feilschen nicht bGde. Auch der Tuchhändler ans der Wilianschen Goffe ist beschäftigt. Käufer kom men und gehen, aber bei ihm kann man auch alles bekommen, feine Tuche, zierliche Teppiche, gold und silberdurchwirkle Decken und zarte spinnwebdünne Schleier. Wie in den Straßen, so war auch in den Gasthäusern alles überfüllt, und die Chronik hat uns eine Ratsverordnung ausbcwahrt, die aus hölzernem Schild im Schenkhau» „zum grauen Bären" sn der Scheffelstroß- allen sichtbar an der Wand hing. „Der aber zanket, der hier raufet, schlaget, fluchet oder schwöret, unflätig oder garstig Ding redet, soll mit zween Groschen gestraft werden. Der Rat zu Dresden." In späteren Jahrhunderten nahm der Jahrmarkt eine andere Form an, doch erst unserer Zeit war es Vorbehalten, diesen wichtigen Faktor im städtischen Leben als überflüssig zu erklären und nur so nebenher zu dulden. Nach den schlimmen Jahren des dreißigjährigen Krieges aber ist her Gallenmarkt, der immer in den Oktober fällt vom Kurfürsten eingerichtet worden, um den ausgeplündcrten Menschen Ge legenheit zu billigem Kaufen zu geben. Aus der Rokokoz.it sind uns vom Dresdner Jahrmarkt, der nnn auch auf dem Neustädter Markt abgehaltcn wurde, Stiche und Lithographien erhalten geblieben, die uns kaufende Frauen im weitgebauschten Reifrock, galante Herrn hoch zu Roß und Sänftenträger im Gewühl des Marktes zeigen. Andere Zei ten, andere Sitten. Aber den fröhlichen Lärm eines Markttages mit dem rielcu abwechslungsreichen Treiben auf Gaffen und Plätzen kann ten doch nur die längst vergangenen Jahrhunderte. Jetzt können wir uns kaum mehr ein rechtes Bild machen von diesen Volksansamm lungen, die gleichzeitig Volksfeste waren. Keeiua Lertdow. Kunstleben in Dresden Residenz-Theater Publikum und Presse geradezu begeistert ausgenommen« Operetten erfolg „Marietta", mit Ilse Muth und Kammersänger Stieber- Walter in den Hauptrollen, zur Aufführung. Jeden Mittwoch und Sonnabend nachmittags 4 Uhr, sowie jeden Sonntag 2 Uhr geht das Kindermärchen »Schneewittchen und die sieben Zwerge" mit großem Kinderballett in Szene. Am Sonntag nachmittag« v,5 Uhr wird al« Fremdenvorftellung bei kleinen Preisen Lehars »Friederike" wiederholt Central-Theater Schubert - Berts, unsterbliches Singspiel »Das Dreimäderl- haus" wird an allen Abenden dieser Woche wiederholt. In allen Vorstellungen singt Kammersänger Adolf Inßmann den Schubert. Sonntag nachmittags 4 Uhr wird bet kleinen Preisen ebenfall« »Das Dreimäderlhaus" als Fremdenvorftellung gegeben. Autoren-PremiLre im Dresdner Albert Theater Dresden, 22. Okt. Fred Angermayers dreiaktige« Schau spiel »Flieg roter Adler von Tirol I" ging am Montag kurz nach seinen Uraufführungen im Bremer Schauspielhaus und im Inns brucker Loewenhaus - Theater (Esel-Bühne) auch im Dresdner Albert - Theater in Anwesenheit des Autors erstmalig in Szene, dessen sicher gezeichnete Figuren einen festen Echönherr'schen Zug Haden, ist sür>einen Verfasser ein gelungener Wurs. Auch in Dres den war der Eindruck des Abends tiefgehend und echt. Unter Direktor Leuthetsers Regie, der übrigens mit diesem Stück in den nächsten Tagen in Brandenburg a. H gastieren wird, gab es ein« geschloffene Aufführung, die darstellerisch und szenisch in allen Tei len ausgeglichen war. Don den Mitwirkenden find die Herren Barthel, Wenck, Wtldberg, Rainer, Becker, Studt, Willi und Oie» tal sowie die Damen Iordan, Rubner, Weymuth und Meinz zu nennen. Bühnenbildner Kemmerlin halte für stimmungsecht« Szenerie gesorgt. Das stark besetzte Hau» dankte dem Autor durch reichen Beifall. Die Ausnahme war herzlich. Gegen üblen Mundgeruch. „Ich will nicht versäumen, Ihnen Mitteilung zu machen, daß ich seit dem Gebrauch Ihrer Zahn paste „Chlorodont" nicht nur reine weiße Zähne besitze, sondern auch den bei mir sonst üblichen Mundgeruch verloren habe. Ich werde Ihr „Chlorodont" aufs beste empfehlen. Gez. E. G., Mainz. — Ueder« zeugen Sie sich zuerst dmch Kauf einer Tube zu 60 Pf., große Tube 1 Mk. Chlorodont-Zahnbürsten 1,25 Mk., für Kinder 70 Pf. Chw» rodont-Mundwaffer 1,25 Mk. Zu haben in allen Chlorodont Ver kaufsstellen. Börse und Handel Amtliche sächsische Notierungen vom 25. Oktober. Dresden. Die Börse zeigte eine freundlichere Haltung. Auf fast allen Marktgebieten regte sich lebhafteres Interesse, das zu Kurserhöhungen führte. Den größten Gewinn wiesen die reinen Arbitragewerte aus. So gewannen Bergmann 12, Schubert u. Salzer 11, Dr. Kurz-Aktien 11, Reichsbank 8, Polyphon 7, Kcramag 5^0, Dresdener Mbumingenußscheine 4, v. Heyden 3,50, Hutschenreuther, Dresdner Bank und Brau bank fe 3, Dresdener Gardinen 2,75, Wanderer und Darm städter Bank je 2^0, Deutsche Bank, Kommerz- und Privat bank, Heidenauer Papier. Jndustricwerke Plauen, Plauener Gardinen, Max Kohl, Schönherr, Sachsenwcrk-Stammakticn, Rosenthal und Volkstedter je 2 Prozent. Dagegen verloren Felsenkeller 2M, Mimosa, Verein. Photoaktien, Sachs. Malz fabrik und Dresdener Schnellpressen je 2 Prozent. Die übrigen Kursveränderungen lagen unter 2 Prozent. Rentenwerte ruhig. Achtprozentig« Leipziger Slavtanleihe verloren weitere 0,5 Prozent. Leipzig. Die Böse wies eine etwas stärkere Tendenz auf. Kurscrhohungen überwogen und betrugen durchschnittlich 2 bis 3 Prozent. Wesentlich Wer notierten Polyphon um 9, Schubert u. Salzer um 7, Mansfeld um 1,50, Falkensteiner Gardinen um 4, Leipziger Bier um 2,75, Chromo-Naujok um 2,25 Prozent. Banken etwa 2 Prozent höher. Freiverkehr ruhige Chemnitz. Die Börse verkehrte in freundlicherer Haltung. Der lebhafteren Nachfrage stand fast gar kein Angebot gegen über. Schubert u. Salzer gewannen 10, Thüringer Gas 4, Wanderer 8,50 Prozent. Bankaktien fast durchweg 1 bis 2 Prozent höher. Niedriger lagen unter anderem Mimosa um 3 Prozent. Freiverkehr ruhig. Dresdener Produktenbörse. Börsenzeit: Montag und Freitag nachmittag 2—4.30 Uhr. 2b. 10. 21.10. 25.10. 21. 10. Weizen Wetz.-Kl 10,8—11,4 11,0—11,6 77 Kilo 226—231 229—234 Nogg.-Kl. 10,8-11,8 11.0-12,0 Roggen Kaiseraus. 73 Kilo 177—162 181—186 zugmehl 43,5—45,0 44,0-45,5 Wintergerst 17 7-182 180—185 Bäcker- Sommergs 208-223 210-225 mundmehl 37P—39,0 38,0—39,5 Hafer, tnl. 164—172 166-174 Weizen- Raps, tr. — nachmehl 15,5—16,0 15,5-16,0 Mais Inland- Laplaia 105—197 198-200 weizenm. Cinqu. 22/1—23,0 22/1-23,0 Tvpe 70 83/1-34,0 33,5—34,5 Rotklee — — Roggen- Trocken- mehl 0 l schnitzel 13,2—13,4 13,6—13,8 Tvpe 60 N 29L—go.O 29,5—30,5 Zucker- Roggen- schnitzel — —— mehl I Kartoffel- Type 70 A 27,5—28,5 28,0—29,0 flocken 17,0—17,3 17,1—17,5 Roggen- Futtermehl 13,5—14,5 13,7—14,7 nachmehl 15,5—16,5 16,0—17,0 ' ' Berliner Börse vorn Freitag. Die Börse eröffnete ziemlich freundlich, wenn auch eine ge wisse Nervosität, die durch die Panikstimmung an der Nerv-Parker vom Donnerstag ausgelöst wunde, nicht zu verkennen war. Im allgemeinen ist aber die Auffassung verhältnismäßig ruhig. Man glaubt zwar kaum, daß sich das amerikanische Publikum, wenn das Spekulationsfieber an der New-Parker Börse abgeflaut ist, für deutsche Aktien interessieren wird; dafür setzt man große Hoffnungen auf den amerikanischen Dondsmarkt, der für Aus- lvn-dsanleihen wieder aufnahmefähig werden dürste, wofür in der Tat bereits Anzeichen vorliegen. Don dieser Seite aus erwartet man schließlich eine Besserung der Verhältnisse an den deutschen Börsen. Die Biehpreise der Woche. > (Mitgeteilt vom Deutschen Landwirtschaftsrat.) Rinder Kälber Schafe Schweins Augsburg - . 20—58 60-85 — 68—91 Berlin - . . 40—59 55-100 38—75 75—87 Bremen . - . 27—57 45—88 38—52 68-86 Breslau - - . 26—56 60—86 50—66 78—91 Dortmund - - . 25—60 60—95 38-55 75—92 Danzig - » . 15—41 28—63 19—39 60—69 Dresden . 25—62 63—92 48—72 75-87 i Chemnitz . 20—60 60—89 38—66 74—89 Düffeldorf . 22—59 55—90 — 75—89 ' Elberfeld . 20—59 45—88 — 72—90 Essen . . . 25—60 60—125 40—58 77—91 ' Frankfurt a. Nr. . 80—61 70—85 — 86—91 : Hamburg . 17—57 40-94 20—70 70—88 ' Hannover - . 20—57 40—90 40—63 73—86 ' Karlsruhe . 18—58 63—85 — 70—92 - Kassel . - . 25—62 60—84 — 77—88 Kiel . . . 18-54 31—81 43-68 50-80 Köln . . . 40-62 70-110 48—60 72—88 Leipzig - . . 26—63 60—88 33—65 77—90 Magdeburg . 24—60 45—82 40—60 75—89 , Mannheim . 18-62 54-86 52—56 75—90 s Nürnberg - —— 7«—OS SO—84» 103—420» . 24-59 80-105 — 86—91 ' Nogensburg . 10—60 70—105' 80—95» 75-442» ' Plauen - . 20—58 70—87 25-60 80-92 Stettin . 45—54 40—83 20—60 75—88 Stuttgart . 18-57 65—87 —— 63—90 Wiesbaden . 25—64 52—80 42—55 84—90 Zwickau . 20—57 70—88 35-60 78—88 Di« Preis« sind Marktpreise für nüchtern gewogen« Tiere und schließen sämtliche Spesen des Handels ab Stall und Fracht, Mrrkt- und Verkaufsspesen, Umsatzsteuer sowie den natürlichen Gewichtsverlust ein, müssen sich also wesentlich über die Stall- preise erheben. (Ohne Gewähr., * Schlachtgewicht, Oop^i-iukt 1929 dv Karl Köhler «8-, Tv„ Berlin-Zehlendorf. 45> Nachdruck verboten „Sie haben eine merkwürdige Art, gnädiges Fräulein, mir gewissermaßen die Weiterführung eines Gespräches abzuschneiden. Ich wollte doch eigentlich ganz etwas anderes wissen und weiß nun nicht, ob ich fragen darf." Er sah sie mit einem ganz verborgenen Lächeln an und Rose- Marias Herz klopfte heftig, fühlte sie doch, daß der Herzog ihre Unterhaltung aus eine Bahn leiten wollte, die leicht gefährlich werden konnte. „Wollen wir jetzt nicht lesen, Hoheit?" „Aha, sehen Sie, da haben wir wieder dieselbe Geschichte. Wenn ich jetzt nicht all meinen Mut zusammennehme, dann er fahre ich nicht, was ich gern wissen möchte. Zumal ich ganz ge nau weiß, daß Sie sehr böse sein werden mit mir. Aber so bin ich — ich muß in mein Unglück hineinrennen, selbst wenn eine Warnungstafel aufgerichtet ist." „Hoheit, Sie wissen fraglos ganz genau, was erlaubt ist und was nicht." „O weh — jetzt haben Sie die Sache selbst zum Klappen gebracht. — Erlaubt ist was gefällt, und mir gefällt es, zu wissen — ob Sie — Himmel, ist so eine einfache Frage schwer. — Also, es interessiert mich, ob Ihr Herz noch frei ist. — So nun habe ich meine Taktlosigkeit heraus." „Und nun erwarten Sie natürlich auch eine Antwort?" Rose-Maria hatte durch seine Unsicherheit ihre eigene Sicher heit wiedergefunden und sah ihn mit leichtem Lächeln an. „Also die soll Ihnen werden. Mein Herz ist nicht frei — absolut nicht, schon seit Jahren besetzt. Sind Sie nun beruhigt?" Herzog Ernst hatte sich bei ihren Worten interessiert auf gerichtet und jetzt sank er mit etwas blassem Gesicht in die Kissen zurück und ein müder Zug trat in sein Gesicht. Es tat ihm weh, daß diese Frau, die erste, die ihn seit langen Jahren wieder interessiert hatte, die Frau, die er sicher geliebt hätte, daß diese Frau für ihn nicht erreichbar war. Rose-Maria sah diese Veränderung in seinem Gesicht, aber sie wagte nicht, sie sich zu ihren Gunsten zu erklären. Äwer da sie sein müdes Gesicht sah, trat Mitleid bei ihr in den Vordergrund und sie lächelte ihm zu. „Mein besetztes Herz ist nicht tragisch zu nehmen, Hoheit, es ist nur von einer ganz unglücklichen, aussichtslosen Liebe be setzt, die mich nicht hindert, vergnügt und froh zu sein." „Mit andern Worten — Sie halten es für möglich, daß es einem anderen Manne gelingen würde. Sie üher diese un glückliche Liebe hinwegzubringen?" „Sagen Sie, Hoheit, finden Sie nicht, daß im allgemeinen unser Gespräch etwas reichlich intim ist für ein erstes Kennen- lerncn?" „Da, habe ich es nicht gesagt — immer wenn es inter essant wird, schweifen Sie ab." Er mußte jetzt wider Willen lachen und Rose-Maria lachte auch. „Also gut, verschieben wir das Thema auf ein späteres Mal." „Ja, soll denn die kleine Komödie wirklich weitergeführt werden? Wie soll ich denn die „Lesestunde" vor Frau Görner verantworten?" „Einen Augenblick — das werden wir gleich haben. Wie spät ist es jetzt." „In zehn Minuten fünf." „Ganz famos. — Fünf Minuten werden noch verschwatzt, dann werden fünf Minuten fleißig gelesen. Und morgen kom men Sie wieder um diese Zeit. Bitte, nicht nein sagen. Sie können sich nicht denken, wie froh ich bin, mich mit einer reizen den, klugen Frau zu unterhalten." „Das will ich Ihnen gern glauben, aber wir wollen ruhig die „reizende und kluge Frau" einfach in „eine Dame" ver ändern. Komplimente sind nicht erlaubt. Komplimente macht man doch nur dummen Frauen. Oder wollten Sie mir durch die Blume sagen, daß Sie mich für —" „Halt — keine Gotteslästerung! Für was ich Sie halte, das behalte ich für mich, sonst bekomme ich doch nur wieder einen Verweis. Die Wahrheit zu sagen, müssen Sie mir schon gestatten." „Gut — weil Sie krank sind." „Ist das nun ein Vorzug — oder wie soll ich das auffassen?" „Kranke sind Kinder — und Kinder soll man nicht ernst nehmen." „Da — wieder habe ich eine Dusche bekommen. Habe ich das verdient?" Rose-Maria lächelte nur, ergriff jetzt wirklich d,e Zeitung und las vor: „ „Kurzer Tendenzbericht der Berliner Vorborse. Heute mor gen zeigten sich die Käufe und Verkäufe der —" „Hilfe! — Das habe ich nicht verdient! So ungezogen bin ich nicht gewesen. Daraufhin habe ich noch etwas gut." „Und zwar?" „Daß ich Ihnen sagen darf, daß ich die Stunden bis mor gen Nachmittag zählen werde." Er hatte ihre Hand ergriffen und drückte sie an seine Lippen und empfand dabei so stark, daß er von dieser Frau nicht lassen und wenn er gegen Schwierigsten zu kämpfen hätte. Rose-Maria ließ ihm für einen Augenblick ihre Hand, war es für sie doch ein wundervolles Gefühl, den Mann, den sie so lange geliebt hatte, zu fühlen, zu sehen und zu empfin den, daß sie ihm nicht gleichgültig war. Aber dann raffte sie sich schnell zusammen, wußte, daß es nie geschehen durfte, daß sie die Seine würde, da er sie ja nie he'^t--- konnte Mit weichem Lächeln entzog sie ihm ihre Hand und stand auf. „Es ist fünf Uhr, Hoheit." „Die Uhr soll der Teufel holen." „Nicht doch — ich habe noch nie solch hübsche Uhr gesehen. Was soll der Teufel damit. Bei dem würde sie doch nur zer schmelzen." „Wenn es noch etwas bedurft hätte, den äußeren Reiz Ar" Persönlichkeit zu verstärken, so hätte es diese entzückende Dro- lerie fertiggebracht." Er sah sie ganz weltentrückt an und konnte doch dabei keine Minute ruhig liegen. „Erstens einmal ist es für Kranke nicht erlaubt, Kompli mente zu machen, und zweitens bitte ich Sie, endlich wieder ruhig zu liegen. Ich kann mir nicht denken, daß der Herr Pro» fessor Ihnen empfohlen hat, Turnübungen zu machen. „Was er befohlen hat oder nicht, weiß nicht mehr — ich weiß nur, daß ich morgen aus dem. Bett springen werde, ganz gleich, ob der Verband leidet, ob mein ^Fuß leidet — wenn Sie nicht pünktlich vier Uhr hier "scheinen. „Brrr! Der Tyrann von ehedem? Herzogliche Gnaden mit Kinderungezogenheit. Was bleibt mir anders übrig, al- pünktlich zu erscheinen." „Rose-Maria Jung- — Wissen Sie, daß Sie einen wunder- voll passenden Namen haben." Er wird etwas weniger gut passen, wenn ich eine alte Jungfer von vierzig Jahren geworden bin, was mich aber jetzt nicht daran hindern soll, zu gehen. — Haben Sie noch eine Be stellung für Hochheim — ich treffe heute abend Herrn Fall, der Briefe für Tante mitnimmt." ' „Was — wen treffen Sie?" „Herrn Fall, wir wollen zusammen in ein Theater gehen." Er sah sie groß an und etwas wie Schmerz lag wieder aus seinen Zügen, dann sagte er leise: „Dieser Fall — und Ihr — Ihr Herz — hängt das zu sammen?" 1 „Bestimmt nicht, Hoheit," unterbrach ihn Rose-Maria lachend, „wir sind aber gute Freunde oder vielmehr, ich hoffe, daß wir es werden?" „Wieso meinen Sie^das?"