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3750 Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme o, Nr. 101 Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Buchdruck *** *** Steindruck Buchgewerbe 88888858585533333108 Eingesandte Werke finden Besprechung || Buchbinderei * * || * * * Buchhandel V Berliner Typographische Gesellschaft Am Dienstag, 10. Dezember, abends 8 Uhr, folgte eine grössere Zahl von Mitgliedern einer Einladung zur gemein samen Besichtigung und Besprechung der Drucksachen-Aus- Stellung im Buchgewerbesaal. Der Vorsitzende, Herr Könitzer, gab eine Schilderung der Eröffnungsfeierlichkeit und bemerkte dabei, dass er Wünsche betreffs eines eigenen Heims für die Berliner Typographische Gesellschaft nicht in Mainz, sondern bei der Einweihung des Buchgewerbehauses in Leipzig ausge sprochen habe. Hierauf folgte eine Besprechung der ausgestellten Druck sachen durch den Vorsitzenden, wobei derselbe auf die Her stellungsweise einzelner Neuheiten auf dem Gebiete der Repro duktionstechnik, wie z. B. die Gigantografie und die Citochromie, näher einging. Auch, machte derselbe darauf aufmerksam, dass das Einladungs-Zirkular zur Eröffnung des Buchgewerbesaals und das Programm für die Ausstellung aus der bisher noch nicht veröffentlichten, mit dem ersten Preise ausgezeichneten Schrift »Siegfried« in Wilhelm Woellmer’s Schriftgiesserei her gestellt worden sei. Diese Drucksachen haben somit der Fach welt etwas Neues gebracht. Nach dem Wortlaut des Statuts hätte die ordentliche Generalversammlung der Gesellschaft in der ersten Hälfte des Monats Januar stattzufinden; da indessen bis dahin ein ordnungs mässiger Kassenabschluss wegen vieler Beitragsreste nicht möglich ist, beschliesst die Versammlung, die Generalversamm lung in die zweite Hälfte des Monats Januar zu verlegen. Aus der Mitte der Versammlung werden verschiedene Vor schläge betreffs Einziehung der Beiträge gemacht, ohne dass etwas Positives dabei zutage gefördert wird. Es soll der Generalversammlung vorbehalten bleiben, über eine andere Art der Beitragserhebung Beschluss zu fassen. Der Vorsitzende machte darauf aufmerksam, dass Anträge für diese General versammlung rechtzeitig einzureichen sind. Als Eingang ist zu verzeichnen ein Katalog der Firma L. Jürgens, bei dessen Titel und Umschlag Linoleumschnitte des Herrn Ph. Wilhelm zur Anwendung gelangten. Als neue Mitglieder werden ange meldet: die Herren Walzenfabrikant Paul Sauer und Buch druckereibesitzer Adolf Schulz. Es gelangt ein Schreiben des Deutschen Buchgewerbevereins zur Verlesung, in welchem von der Typographischen Gesellschaft monatliche kurze Berichte über ihre Thätigkeit für das Archiv erbeten werden. Die An wesenden erklären sich hiermit einverstanden, und die Erledi gung der Angelegenheit wird zunächst bis zur Generalversamm lung dem Schriftführer E. Baumeister übertragen. Schriftgiesserei und Buchdruckerei Von einem Schriftgiesser Schluss zu Nr. 98 III. Das Liefern vom Lager als Hauptkennzeichen des modernen Schriftgiesserei-Betriebes im Gegensatz zu früherer Zeit ist nach dem Vorhergesagten zwar aus dem Bedürfniss der Praxis des Buchdruckers entstanden, ein gut Theil hat aber auch der Wettbewerb der Schriftgiessereien untereinander dazu beigetragen. Die ins Ungemessene gewachsenen Läger der Schriftgiessereien sind gleichzeitig die Ursache dafür, dass die letzteren über immer geringeren Verdienst, die Buchdrucker anderseits über hohe Preise klagen. Verringerung der Läger erscheint nicht nur möglich, sondern für den Schriftgiesser unbedingt nöthig. Bis jetzt hat noch jede Giesserei mit nur geringen Ausnahmen alle Schriftgarnituren und Einfassungen, ebenso Vignetten usw. von der Zeit ihres Schnittes ab aufs Lager genommen. Jede neu geschnittene Garnitur vergrösserte das Lager, und da die Herstellung von Neuheiten noch an Ausdehnung zu gewinnen scheint, muss für jede Giesserei ein mal der Tag kommen, wo das weitere Wachsen des Lagers unmöglich wird. Wenn heute grössere Giessereien Läger von 400 000 kg haben, so kann man sicher sein, dass davon mindestens der vierte Theil veraltete oder durch Neuschnitte ersetzte Schriften usw. betrifft. Von diesen 100 000 kg geht nur selten etwas hinaus, 99 pCt. des Bedarfs werden von den übrigen 300 000 kg gedeckt. Diese 300 000 kg müssen also die ganzen Unkosten des Lagerns mit auf bringen; nach meinem Ueberschlage kostet das Lagern für 100 kg im Jahr ein schliesslich Werthverzinsung 25 M.; jene festliegenden 100 000 kg verursachen also jährlich 25 000 M. Unkosten. Da bei ist zu bemerken, dass für die Werthberechnung nur der Metallwerth und der Gusslohn berechnet wurde. In Wirklich keit muss dieser Betrag noch weit höher angesetzt werden. Auf den 300 000 kg verkaufsfähiger Waare ruhen also jährlich 25 000 M., die — wenn man den Umsatz auf 100 000 kg an nimmt — jedes Kilo um 25 Pf. vertheuern. Auf jedem ver kauften Kilo liegen aber — das wolle man nicht vergessen — noch die Lagerkosten der nicht verkauften 200 000 kg, die zusammen 50000 M. ausmachen und jedes verkaufte Kilo noch um weitere 50 Pf. belasten! Deshalb fort mit dem Lager-Ballast! Fort mit jenem alten Material, das man mit Leichtigkeit durch neueres ersetzen kann. Ich will garnicht die ästhetische Seite betonen — nur die nüchterne Erwägung möge den Buchdrucker leiten. Heraus auch mit den ungezählten Zentnern alter Schriften aus den Druckereien, die nur noch als Zeug zu betrachten sind. Auch dem Buchdrucker dürften für das Kilo und Jahr die nicht gebrauchten Schriften 25 Pf. Unkosten verursachen. Nehmen wir an, dass abgenutzte und veraltete Schriften einen Zeugwerth von 60 Pf. für das Kilo darstellen, und dass eine Buchdruckerei nur ein Regal mit 12 grossen Kästen ver lassen im letzten Winkel stehen hat, so ergiebt sich folgende Verlustrechnung an todt darin steckendem Kapital: Der Altpreis für ein grosses Regal beträgt etwa 20 M. „ „ „ 12 grosse Schriftkästen „ „ 36 „ zusammen 56 M. 10 pCt. Zinsen von diesen todtliegenden 56 M. machen 5 M. 60 Pf. aus, hierzu kommt noch die Miethe für 21/2 qm pro Jahr = 25 „ — „ zusammen 30 M. 60 Pf. 12 Kästen mit zusammen 300 kg alter Brotschrift ver ursachen also pro Jahr 30 M. 60 Pf. Unkosten. Hierzu kommt noch der Zinsverlust für 300 kg Zeug ä. Kilo 60 Pf. = 180 M., also 18 M. das Jahr. Ein Regal mit alter Schrift kostet demnach einer Druckerei das Jahr 30 M. 60 Pf. + 18 M. = 48 M. 60 Pf. Aus diesen Zahlen geht hervor, wie viel praktischer es häufig sein wird, alte Schriften lieber als Zeug zu verkaufen, und wenn wirklich nach Jahren wieder einmal Bedarf da ist, solche neu und wenn möglich auch von neuem Schnitt zu kaufen, anstatt dann dem Schriftgiesser mit Nachlieferungen zu kommen und ihn auf diese Weise zu zwingen, während eines Menschenalters alte Schriften stets noch am Lager zu führen. Je mehr sich Buchdrucker wie Schriftgiesser befleissigen, die Vorstellung fallen zu lassen, als ob in beider Geschäft nach altehrwürdigen Gebräuchen verfahren werden müsse, um so eher werden die Betriebe sich ihrer eigenthümlichen Natur gemäss entwickeln. Die Schriftgiesserei ist ein Fabrikations betrieb, welcher hauptsächlich Waare als Stapel-Artikel erzeugt; die Buchdruckerei vermittelt den Verbrauch dieser Waare beim Publikum. Alle sonstigen idealen Bestrebungen und kunstgewerblichen Neigungen können diese zwei Grund begriffe nicht erschüttern. Der Fabrikant kann um so besser und preiswerther erzeugen, je schlanker sich der Absatz ge staltet. Jede Nachfrage aber und auch alles Feilhalten alter Waare, die keinen regelmässigen Absatz mehr hat, erschwert den Verkehr zwischen Fabrikant und Käufer. Der Käufer der Schriftgiesserwaare ist oft nicht genug