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Nr. 79 PAPIER-ZEITUNG 2963 Stromer war ängstlich bestrebt, sich das Monopol zu sichern, daher liess er die beiden Italiener sowie den Tiermann einen heiligen Eid schwören für Niemand anderen diesseits der Alpen je Papier zu machen, auch Niemand die Arbeit zu lehren. Tiermann sollte in dieser Beziehung nur auf 10 Jahre gebunden sein, dann aber Lehrlinge ausbilden dürfen. Aus Stromers eigener Feder ist uns erhalten geblieben, welche Schwierigkeiten ihm die Italiener bei allen Gelegen heiten in den Weg legten, wie sie weitere Landsleute heran ziehen, die Mühle in eigenen Betrieb gewinnen wollten usw., und wie er sie schliesslich gefangen setzen lassen musste, um sie mürbe zu machen. Schon im ersten Jahre trieben zwei Räder 18 Stampfen, und im Verlauf einiger Jahre hatte er 12 Arbeiter, ausserdem drei Frauen derselben und einen Schreiber ständig beschäftigt, ferner stets drei Zimmerleute zur Instandhaltung der Stampf werke. Die gefangen gesetzten Italiener, mussten, um wieder frei zu kommen, ihm ihren Eid nochmals schriftlich geben, und er forderte einen ähnlichen Eid von jedem Mitarbeiter, auch von den Frauen und Zimmerleuten. * * * Während man bisher annahm, die Papiermacherei in Sachsen habe viele Jahrzehnte nach der Nürnberger Mühle begonnen, erwähnt Dr. Falke im »Archiv für Sächsische Geschichte« die urkundlich bewiesene Thatsache, dass man 1398 beabsichtigte auf den Klostergütern zu Chemnitz eine Papiermühle anzulegen, wobei laut fürstlichem Kopialbuch jenes Jahres nebst der Er- laubniss auch das Privilegium ertheilt wurde, dass diese Mühle die einzige im Lande bleiben sollte. Ob diese allerälteste erwähnte sächsische Papiermühle vollendet wurde und je in Betrieb kam, darüber fehlen weitere beglaubigte Angaben, aber diese Urkunde bleibt trotzdem hoch interessant in der Geschichte der Papierfabrikation und lässt die wichtige Frage offen, wer wollte das Papier damals anfertigen, und wer lehrte die Herstellung? Nebst dem ansuchenden Abte des Klosters sind zwei Deutsche, niclaus burwalde bürgen zu Chemnitz und otte voit als Mitansucher ge nannt. Anscheinend war — wie stets um jene Zeit der Abt der Schirmherr, die letzteren wollten die Ausführenden sein. Die ersten Privilegien-Urkunden über die spätere Chem nitzer Mühle beginnen mit 1616. Doch ist hierbei zu beachten, dass Privilegien und dergl. gewöhnlich erst erbeten wurden, nachdem die Mühle bereits bestand, häufig erst, wenn der Besitz durch Konkurrenz bedroht erschien, sodass manche Mühle (ebenso wie ja auch Innungen usw.) ein oder mehrere Menschenalter weiter zurückreichen kann als ihr erstes Privileg. * * * Im Uebrigen gilt die Papiermühle zu Dresden als die älteste Chursachsens. Ihre Entstehung fällt in die Zeit des Herzogs Albrecht, des zweiten von Kunz von Kaufungen einst (1455) geraubten Prinzen, welcher von 1464 mit seinem Bruder Ernst, von 1485 (nach der Theilung) allein in Sachsen regierte. Ein späteres Reskript besagt, dass jener Herzog die Mühle ursprüng lich selbst erbaute, um Papier für seine Hofhaltung und Kanzleien zu haben. Dann ging sie an die • Familie Schaffhirt über. Der Enkel des ersten Schaffhirt machte 1577 eine grosse Beschwerde — die Papiermacherfamilie Schaffhirt war sehr beschwerdelustig — darüber, dass ein Dresdner Rathsver- wandter, namens Georg Schwarz, eine neue Mühle zu König stein errichtet habe (1577) und ihm in Dresden die Hadern wegkaufe. Zugleich bat er die Regierung, dass Niemand sich seines Rautenkränzleins im Papier, als ob es in Dresden ge macht sei, bediene. Er erhielt auf seine Eingabe das Privilegium, dass inner halb 4 Meilen von seiner Mühle keine neue gebaut, auch Nie mand anders Hadern aufkaufen dürfe. Der Beginn dieses Privilegiums »Weil jetzt allenthalben viele Papiermühlen ent stehen«, zeigt übrigens, dass um jene Zeit das Gewerbe in guter Entwicklung sich befand. * * * Ein anderer Schaffhirt (Michael) erbaute die Papiermühle zu Freiberg. Auf seine Beschwerde, dass er s. Z. auf Anregung des Herzogs Heinrich die Mühle erbaut, dazu Platz, Wasserfall und Felder erhalten, ihm aber noch das versprochene Privileg fehle, erhielt er dasselbe am 17. Februar 1557 mit dem üblichen Umkreis. Später hatte die Stadt seinem Sohne 700 Gulden geborgt, auch sonst hatte er Gelder aufgenommen, doch diese Umstände sowohl als das Privileg hinderten nicht, dass um 1578 eine zweite Mühle bei Freiberg in Lössnitz errichtet wurde. Georg Strumpfelt hatte da ein Gut gekauft, und durch kurfürst liches Reskript wurde festgestellt, dass dessen Vorfahren bereits auf jenem Gute mit einer Papiermühle belehnt waren, ehe Schaffhirt sein Privileg erhielt. In der Folge gab es denn oft böse Streitigkeiten zwischen beiden Papiermacher-Familien. * * * Im Uebrigen wird bereits im 16. Jahrhundert über die Konkurrenz der Lausitzer Mühlen geklagt, so 1594 über die zu Bautzen. 1588 soll Karl von Kittlitz als Besitzer der Herrschaft Spremberg i. L. daselbst die Papiermühle angelegt haben. 1658 brannte dieselbe ab und kam erst 1788 wieder zum Aufbau. Die ersten Privilegien der anderen sächsischen Mühlen datiren aus späterer Zeit. Wie leicht erklärlich, finden wir nur wenige in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in dem der 30jährige Krieg Deutschland zu einem Schutthaufen ver wandelnd alles geschäftliche Leben in sich zusammenfallen machte. 1607 begründet Georg von Bindauff die Mühle zu Herms dorf a. d. Böder. 1620 entsteht die Mühle zu Obergurigh im Amte Stolpen. Vom Jahre 1653 datiren die Privilegien der Papiermühlen zu Kospuden bei Leipzig, Lamperswatde bei Möhla, Schedewitz (Schedevitz) bei Zwickau, Königstein (erneuert), Weida, Tornau, Plauen, Colditz usw. Vom Ende des 17. Jahrhunderts an mehren sie sich schnell, die Entstehung der meisten anderen sächsischen Papiermühlen fällt in diese Zeit und in das 18. Jahrhundert. * * * Nach amtlicher Zählung wurden 1770 in den chursächsischen Landen 70 Papiermühlen gezählt, doch waren dabei einige übersehen worden. Diese 70 Mühlen fabrizirten jährlich zu sammen für 25000 Thaler Papier. Die Einfuhr von böhmischem Papier wurde auf 10000 Thaler, der Gesammtverbrauch im Kurfürstenthum auf rund 36000 Ries geschätzt. 1767 wurden 71 Meister und 135 Gesellen als in sächsischen Papiermühlen beschäftigt festgestellt. 1804 zählte man amtlich 89 Papier mühlen. * * $ Als Kuriosum wurde bei der amtlichen Umfrage 1770 fest- gestellt, dass von allen privilegirten Mühlen nur noch vier in gutem Betriebe waren und gutes Papier fertigten (Weida, Colditz, Königstein und eine zu Freiberg); die besten Mühlen seien die ohne Privileg. Keine einzige klage über Mangel an Rohstoffen, aber Alle über Mangel an Absatz. So verlor sich das einst so heiss umstrittene Privileg von selbst. Hermann Florie Neues Kaolinlager in Böhmen. Auf der Fürstlich von Metternichschen Domäne Plass bei Pilsen in Böhmen wurde durch Bohrungen ein mächtiges Kaolinlager sichergestellt, welches sich hei einer ausser gewöhnlichen Mächtigkeit auf eine sehr grosse Fläche erstreckt und somit, soweit es bisher bekannt ist, als das grösste Kaolinlager be zeichnet werden kann. Der Kaolin ist nach Aussage von Sach verständigen sehr gut und nicht nur für die Papier-Industrie, sondern auch zu Porzellanzwecken vorzüglich geeignet. Das Lager liegt un mittelbar an der Bahn, und die Domäne Plass beabsichtigt in nächster Zeit ein grosses, nach den neuesten Erfahrungen modern eingerichtetes Schlämmwerk zu bauen und die reichen Naturschätze selbst zu heben. Probenschau Papierausstattungen von Schaller & Co. in Berlin S, Wasser- thorstrasse 46. Wir erhielten eine Anzahl Kassetten mit Brief papier, die als Herbstneuheiten der Firma auf den Markt ge bracht, feinen Geschmack, sorgfältige Arbeit und vorzügliches Papier zeigen. Papier Tolstoi heisst ein Karton, der mit helllila Papier überzogen, in geprägter Umrandung das fotografische Bild des russischen Dichters trägt. Der Inhalt besteht aus 25 Briefbogen, 17X12 cm gross, und Umschlägen in derselben lila Farbe. Das Papier hat auffallend weite Rippung und rauhe Oberfläche. Die nachstehend abgebildete Kassette Akropolis trägt auf der Vorderseite das in Strichzeichnung und Golddruck ausge führte Bild eines antikenTempels. Das Briefpapier ist anscheinend auf der Steindruckpresse mit den grauen, blauen und gelben Aderungen des Marmors bedruckt. Ausserdem sind die Briefbogen mit Prägungen verziert, welche Mädchen in griechischen Gewändern bei verschiedenen Beschäftigungen darstellen, unter jeder dieser Hochprägungen steht ein dem Bild angemessener griechischer Spruch in altgriechischen Versalien, so liest man auf einem