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3804 PAPIER-ZEITUNG Nr. 97 Russischer Zoll auf polnische Bücher Vergl. Nrn. 80 und 84 Die in Warschau erscheinende polnische Zeitschrift »Ksiazka« (das Buch; 1901 Nr. 6) schreibt: »Der kürzlich abgehaltene Internationale Verleger-Kongress in Leipzig hat sicher keine Ahnung davon gehabt, wie aktuell sich als bald sein einstimmig gefasster Beschluss gegen die Erhebung eines Zolles von Büchern erweisen werde. Inzwischen ist ein grosser Zoll über die polnischen Bücher verhängt worden, die jenseits der russischen Grenze gedruckt sind. Anlässlich dieses Zolles zerbricht sich unsere ganze Presse den Kopf, wem wir wohl diese Einrichtung zu danken haben, den Verlegern, den Buchdruckern oder den Papierfabrikanten? Wenn es überhaupt wahr ist, dass in dieser An gelegenheit die Bemühungen irgend einer interessirten Partei von entscheidendem Einfluss gewesen sind, so wäre es natürlich schwer, zu fordern, dass sich diese Partei selbst zu ihrem Triumf bekennen sollte. Man kann nur vermuthen, wer die Helden sind, nach dem Grundsatz: cui bono, wer könnte einen Nutzen davon haben? Dass an dem Zoll den Buchhändlern und Verlegern nichts gelegen sein konnte, ist ohne Weiteres klar. Die bedeutendsten Warschauer Verleger haben ihre Werke in Krakau drucken lassen, weil sie dort ein besseres und billigeres Papier, einen eleganteren und korrekteren Druck erhalten und auch mit grösserer Pünktlichkeit bedient werden. Diese Vortheile deckten reichlich die Kosten des Transportes und sicherten dem Publikum eine dauerhaftere und geschmackvollere Waare. Jetzt sind durch den Zoll benachtheiligt das Publikum, die Verleger und die Buchhändler. Das Publikum — denn die Kosten des Zolles wird immer der Käufer tragen. Damit ist es aber noch nicht genug; er wird auch auf das Buch warten müssen; denn der Buchhändler kann grössere Vorräthe nicht führen, weil er sonst auf längere Zeit ein beträchtliches Kapital im Zoll festlegen und zur Verzinsung desselben den Preis der Bücher erhöhen müsste oder gar bei Nichtverkauf des Vorraths den schon bezahlten Zollbetrag ganz verlieren würde. Er bezieht also nur einzelne Exemplare auf Bestellung; das vergrössert wieder die Kosten der Zusendung und sogar der Zollzahlung, denn für Bruchtheile eines Pfundes wird zweifellos so viel gezahlt werden müssen, wie für das ganze Pfund. Die Vertheidiger des Zolls werden dem entgegenhalten: Der Zoll wird dazu zwingen, dass die Verlagswerke in Warschau gedruckt werden, und damit werden alle obigen Unbequemlichkeiten ausge glichen. Ausserdem wird der Schutzzoll dazu beitragen, dass sich Buchdruck und Papierfabrikation im Lande heben. Darauf antworten wir: erstens, es handelt sich nicht nur um die künftigen Verlagswerke, sondern nicht weniger auch um diejenigen, die schon im Ausland er schienen sind, und die das Publikum braucht; zweitens handelt es sich hierbei nicht nur um die ausländischen Verlagswerke der Warschauer Verleger, sondern auch um die Krakauer und Lemberger Verlags werke, die von den dortigen Verlegern und Instituten herausgegeben wurden. Wo auch ein polnisches Buch erschienen sein mag, sein eigentliches Terrain sind doch immer die ethnografischen Grenzen; auch steckt das Wesen eines Buches in seiner geistigen Fysiognomie, deshalb müssen ihm gewisse Rücksichten vor aller anderen Waare zuerkannt werden. Drittens würde das Publikum das schlechte Papier und den schlechten Druck der einheimischen Verleger bezahlen müssen, denn es1ist ganz sicher, dass sich die Papierfabrikanten, die sich schon jetzt von der ausländischen Konkurrenz nicht aus ihrer Ruhe haben bringen lassen, noch weniger bemühen werden, ihre Fabrikate zu verbessern, wenn ihnen der Absatz eines jeden minderwerthigen Zeuges gesichert ist. Das Gleiche gilt von den Buchdruckern, bei denenfder Schutzzoll ebenfalls keinen fachlichen Fortschritt bringen, noch ihre geschäftliche Gewissenhaftigkeit vermehren wird, soweit sie sich nicht schon vorher um Beides gekümmert haben. Am Zoll gewinnen können nur die Papierfabrikanten und die Buchdrucker, nicht aber die Papierfabrikation und die Buchdrucker kunst. In jedem Falle hat Derjenige, der nach einem solchen Ge winn jagt, sich und seiner bürgerlichen Gewissenhaftigkeit ein trauriges Zeugniss ausgestellt.« (Börsenbi. f. d. deutschen Buchhandel) Tauschgeschäft einer Druckerei Vom Main Ein hiesiger Fahrrad-Händler A. »verkaufte« an eine grosse aus wärtige Druckerei einen Motorwagen zum Preise von 4500 M. unter folgender Bedingung: Die Druckerei bezahlt den Wagen nicht baar, sondern liefert an A. Drucksachen auf Abruf zu Grosshandels-Preisen, bis die Forderung beglichen ist. Der Fahrradhändler selbst hat keinen Bedarf für so viel Drucksachen, sondern er liefert solche an seine Lieferanten von Lampen, Glocken, Radreifen usw. und ver pflichtet sich genau so viel Waaren dieser Lieferanten umzusetzen, als sie Drucksachen durch ihn beziehen. Jedem vernünftigen Kauf mann wird die Verwerflichkeit eines derart ungesunden Geschäfts in die Augen springen. Warnung an dieser Stelle ist somit überflüssig. Alle anständigen Papierhändler mögen sich hüten, mit derartigen »Vertrags-Druckereien« in Verbindung zu treten. Dies ist die einzig mögliche, wirksame Strafe gegen solche Auswüchse unseres Geschäfts zweiges. E. R. Buchdrucker-Versammlung. Am Sonntag, 24. November, vormittags 10 Uhr, fand im grossen Saale des »Kreuzbräu« in München eine allge meine Versammlung der tariftreuen Buchdruckergehilfen statt. Auf der Tagesordnung stand Berichterstattung der Tarif-Schiedsgerichts- beisitzer und Neuwahl derselben, zu welchem Punkte Herr Kassen verwalter Zöltsch die segensreiche Thätigkeit dieser Einrichtung hervorhob. Sodann folgte die Stellungnahme zu dem mit 1. Januar 1902 zu errichtenden paritätischen Arbeitsnachweis, dessen Vortheile sich nur auf die Angehörigen der Tarifgemeinschaft erstrecken sollen, und zu welchem Zwecke eine zu wählende Gehilfenkommission mit den Prinzipalen in Verhandlungen treten soll. Ein weiterer Punkt der reichhaltigen Tagesordnung behandelte die zukünftige Berechnung des Minimaltarifs für München, und folgende Tarife wurden festgestellt: Für Ausgelernte 19 M. 50 Pf. (bisher 17 M. 65 Pf.), für Gehilfen im Alter bis zu 21 Jahren 25 M. 50 Pf. (bisher 24 M. 68 Pf.), bis zu 23 Jahren 26 M. und über 23 Jahre 26 M. 50 Pf.; für Maschinensetzer 25 pCt. höher. Zwecks Vorstellung bei den Prinzipalen um Einführung des gemeinsam vereinbarten Tarifs wird eine Wahl von Vertrauens männern vorgenommen. N. Die Plakate In den Wartesälen sollen nach den neuesten Ent schliessungen der preussischen Eisenbahndirektionen verschwinden, ausgenommen diejenigen, die für Wohlthätigkeitsanstalten, Unter stützungen reisender Personen, für Frauen- und Mädchenheime be stimmt sind. -t. Goldene Hochzeit. In Gronau feierten in voller körperlicher und geistiger Frische der Buchbindermeister Wilhelm Brunott und Frau das Fest der goldenen Hochzeit. Pastor Baring überreichte dem Jubelpaare die ihm vom Kaiser verliehene Ehejubiläumsmedaille, g. Büchertisch Systematische Zusammenstellung der Zolltarife des In- und Aus landes. Herausgegeben im Reichsamt des Innern. D. Holz- und verwandte Industrien, Papier-, Leder- und Kautschuk- Industrie: Vierter Nachtrag. Für die Bezieher der einzelnen Ab- theilungen kostenlos! E. S. Mittler & Sohn, Königliche Hofbuch- handlung, Berlin SW 12, Kochstrasse 68—71. Zu der im Reichsamt des Innern bearbeiteten »Systematischen Zusammenstellung der Zolltarife des In- und Auslandes« ist der vierte Nachtrag zu Band D: »Holz- und verwandte Industrien, Papier-, Leder und Kautschuk-Industrie« erschienen. Durch diese Nachträge, die alle seit dem Erscheinen der vorangegangenen Nachträge eingetretenen Aenderungen zuverlässig verzeichnen, werden die Zusammenstellungen bis auf die neueste Zeit ergänzt. Die öffentliche Ankündigung der Arznei- und Geheimmittel und die Gesetzgebung. Von Gustav Schmidt, Redakteur des »Zeitungs- Verlages«, mit einem Gutachten von Dr. Stenglein, Reichs- gerichtsrath a. D. Hannover, 1901. Diese 45 Seiten starke Broschüre verdankt ihre Entstehung einem Beschluss der Generalversammlung des Vereins Deutscher Zeitungs- Verleger vom Juni 1901, wonach reichsgesetzliche Reglung des Ge heimmittelwesens anzustreben sei. Der Geschäftsführer des Vereins sammelte alles ihm erreichbare Material betreffend die öffentliche An kündigung von Arznei- und Geheimmitteln. Dieser Stoff wurde ge ordnet und bildet den ersten Theil des Heftes. Im zweiten Theil hat sich Reichsgerichtsrath Dr. Stenglein zu derselben Angelegenheit ge- äussert. Beide, sowohl der Zeitungs-Fachmann wie der berühmte Jurist, kommen zu dem gleichen Ergebniss, dass die bestehenden Landesgesetze und Vorschriften über Ankündigung von Geheim mitteln besonders rücksichtlich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Redakteure und Zeitungs-Verleger verbesserungsbedürftig sind. Beide fordern einheitliche Reglung durch die Reichsgesetzgebung sowohl für Arznei- als auch für Geheimmittel, da beide Waarengattungen ihrem Wesen nach zusammengehören. Ausserdem wird gefordert, dass Redakteuren und Verlegern die Verantwortung abgenommen und allein dem Anzeigenden aufgebürdet werde. Die hohe See als Luftkurort. Eine populäre Abhandlung über die sanitären Einflüsse und die Entwicklung der Seereisen von G. Lehmann & Felskowski. Verlag von BoU & Pickardt in Berlin. Unter diesem Titel erschien im Umfange von 40 Seiten Lexikon- Format eine mit zahlreichen Abbildungen der inneren Einrichtung eines modernen Seedampfers illustrirte Broschüre, welche die Vor züge des Aufenthalts auf hoher See in lebhaften Farben schildert. Neben anderen Vollbildern bringt das in der Buchdruckerei R. Boll hergestellte Heft zwei prächtige Dreifarbendrucke, Seebilder nach Aquarellen von W. Stöwer, welche die Lustyacht »Prinzessin Victoria Luise« bei ihrer Ausfahrt in See und beim Landen der Passagiere an der skandinavischen Küste darstellen. Eine sinnige Originalzeich nung ziert den Umschlag des auch typografisch trefflich ausgestatteten Heftes. Preis ist nicht angegeben. Das Buch scheint vornehmlich zu bezwecken, den Vergnügungsdampfern der Hamburg-Amerika-Linie Reiselustige zu werben.