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3256 PAPIER-ZEITUNG Nr. 87 Abruf, und als erste Lieferfrist war Mitte Februar vereinbart. Der erste Abruf erfolgte am 18. Januar für 10 000 kg »schnellstens zu liefern«. Die Fabrik erklärte am 25. Januar, die verlangten 10 000 kg vor drei Monaten nicht liefern zu können, da sie auf mehr als 10 Monate ihre Erzeugung ver geben habe. Auf neueres Drängen des Papierhändlers A erklärte sich die Papierfabrik am 31. Januar bereit, die ersten 10 000 kg in 8—10 Wochen zu liefern. Mit diesem Liefertermin erklärte sich der Papierhändler im Nothfall einverstanden, ersuchte aber um thunlichst vorherige Sendung, was aber die Papier fabrik ablehnte. Da die ursprünglich vereinbarte Frist (Mitte Februar) nicht eingehalten wurde, so muss die zweitvereinbarte (Lieferung des Papiers 8 Wochen nach dem 31. Januar) als eine Nachfrist im Sinne des Handelsgesetzes angesehen werden. Die Lieferung hätte demnach gegen Ende März er folgen sollen. Sie erfolgte aber nicht. Der Papierhändler machte von seinem Recht, vom Vertrag zurüekzutreten und Schadenersatz zu fordern, nicht Gebrauch, sondern drang am 12. April auf Lieferung der 10 000 kg. Am 1. Mai erhielt A Ausfallmuster und am 4. Mai eine Sendung von 5000 kg statt der geforderten und zugesagten 10 000 kg. Auch diesmal ge duldete sich noch der Papierhändler A und gab Nachfrist, den Rest bis Ende Mai zu liefern. Er schrieb am 4. Mai: »Das ganze Quantum muss bis Ende dieses Monats geliefert sein; nebst den fehlenden 5000 kg empfehle ich Ihnen sofort 10 000 kg zu liefern«. Infolge dieser Mittheilung konnte die Papierfabrik annehmen, dass der Papierhändler unter dem ganzen Quantum nur die zu wenig gesandten 5000 kg des ersten Abrufs verstand, und sie antwortete am 8. Mai, dass sie wunschgemäss 10 000 kg bis Ende Mai verladen werde. Der Papierhändler berichtigte aber dies am 10. Mai dahin, dass die fehlenden 5000 kg sofort und der Rest der ganzen Lieferung, d. h. 16 400 kg bis Ende Mai geliefert werden müssen. Hier auf erwiderte die Papierfabrik am 13. Mai, dass sie 10 000 kg »Ende dieser Woche, spätestens Anfang nächster Woche« an anfertigen werde, lieber die Lieferung des Restes äusserte sich die Papierfabrik nicht, ebensowenig schrieb darüber der Papierhändler in seinem Brief vom 23. Mai, worin er sich lediglich nach den 10 000 kg Druckpapier erkundigte, die trotz Versprechung noch nicht abgesandt waren. Ende Mai wurden nun 10 000 kg geliefert, und am 1. Juni theilte Papierhändler A der Papierfabrik mit, dass sein Auftraggeber den Rest wegen Lieferungsverzögerung nicht mehr annehme, daher trete auch er, der Papierhändler, aus demselben Grund vom Vertrag zu rück und mache die Papierfabrik für seinen Schaden haftbar. Die Papierfabrik will nicht anerkennen, dass sie in Liefer verzug gekommen sei, der Papierhändler beansprucht dagegen 200 M. Schadenersatz und bezahlte am 8. August die Rechnung der Fabrik unter Abzug von 200 M. lieber die Frage, ob dieser Abzug gerechtfertigt ist, wird nun von beiden Theilen unser Schiedspruch angerufen. Wir entscheiden, dass der Papierhändler nicht berechtigt ist diesen Abzug zu machen, dass er vielmehr die fehlenden 200 M. des Rechnungsbetrages der Papierfabrik einzusenden verpflichtet ist. Der Papierhändler A wäre berechtigt gewesen wegen der ersten Theillieferung, als diese zweimal nicht zur richtigen Zeit geliefert wurde, unter Rücktritt vom Vertrage Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, da in diesen Fällen Nachfrist gewährt und vom Lieferer nicht eingehalten wurde. Bei den späteren Lieferungen wurde jedoch keine Nachfrist vereinbart. In dem Brief vom 10. Mai forderte zwar A Lieferung des ganzen Restes bis Ende Mai, dies wurde aber von der Papierfabrik nicht zugesagt. Die Frist von 3 Wochen zwischen Abruf und Ablieferung dieses Papiers war zu kurz, denn der Papierhändler wusste, dass die Papierfabrik mit Aufträgen überhäuft war, und er musste auch deshalb eine längere Frist gewähren, weil Während derselben Zeit für ihn eine Theilsendung von 10000 kg angefertigt werden sollte. Wenn wir aber auch annehmen, die Abruffrist von 3 Wochen sei angemessen, und die Papier fabrik B habe sich mit derselben stillschweigend einverstanden erklärt, so war doch diese Frist die erste für die letzte Sendung gegebene, also keine Nachfrist, und als Ende Mai nur die Theilsendung von 10000 kg und nicht auch der Rest von 16 400 kg ankam, war der Papierhändler nicht berechtigt, vom Vertrag zurück zu treten, sondern er musste vorher eine an gemessene Nachfrist gewähren. Da er dies aber nicht that, ist er nicht berechtigt, von der Papierfabrik einen Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu fordern. Beschwerden der österreichischen Papierfabrikanten In einer am 15. Oktober unter dem Vorsitz des Reichraths- Abgeordneten Ritter v. Kink abgehaltenen Sitzung des Vereins der österreichisch-ungarischen Papierfabrikanten wurde beklagt, dass die Unterrichts-Verwaltung ohne zwingende Veranlassung im Ausland gedruckte Lehrbücher für die Mittelschulen zulasse und dadurch den betheiligten heimischen Industrien Abbruch thue. Der Verein beschloss, den Handelsminister sowie den Unterrichtsminister zu ersuchen, sie mögen dafür sorgen, dass die für den Absatz in Oesterreich bestimmten Lehrbücher auch in Oesterreich hergestellt werden, was umso eher durchführbar sei, als sehr verwendbare und anerkannte Lehrbücher auch von österreichischen Verfassern zur Verfügung stehen. Die Her stellung im Inlande würde den heimischen Druckereien und Papierfabriken jährlich grossen Gewinn bringen, der sonst dem Auslande zufällt. Weiter stellte der Verein fest, dass trotz der im Jahre 1898 verfügten Aufhebung des Bodenflächen-Tarifs für Hohholz, wodurch die Fracht nach Deutschland um 40 M. der Waggon theurer wurde, die Menge des nach dem Ausland verfrachteten Rohholzes von 15800 Waggon im Jahre 1899 auf rund 20000 Waggon im Jahre 1900 und nach Deutschland um volle 40 pCt. zugenommen hat. Bei der Besprechung des neuen deutschen Zolltarifs wurde mit allem Nachdruck betont, dass dessen die Papier- und Papierstoff-Industrie betreffende Positionen die von dem Verein erhobene Forderung eines Ausfuhr zolls auf Schleif- und Zellstoffholz in erhöhtem Maasse rechtfertigen. Zahltage vergl. »Zumuthung« in Nr. 88 Gegen die Einrichtung sogenannter »Zahltage« lässt sich nichts einwenden, solange grosse Geschäftshäuser und Grossisten sich ihrer bedienen. Anders verhält es sich, wenn die Inhaber von Detail-Ge schäften »Zahltage« ansetzen, und vom Lieferanten verlangen, er soll an diesen Tagen sein Guthaben abholen lassen. Es kann dem Lieferanten nur angenehm sein, im Voraus zu wissen, an welchem Tage er bei dem und dem Kunden Geld holen lassen kann, falls er rechtzeitig von der Einführung des »Zahltages« in Kennt- niss gesetzt ist, aber das ist leider nicht immer der Fall. Hat sich ein Laden-Inhaber plötzlich entschlossen, nach dem Beispiel seines Freundes X. einen Zahltag festzusetzen, so denkt er nicht daran, seinem Lieferanten von dieser Einrichtung Mittheilung zu machen, sondern begnügt sich damit, dem Boten des Lieferanten zu sagen, er habe an dem und dem Datum in jedem Monat Zahltag. Der Bote hat also unverrichteter Sache den Weg gemacht, und darin liegt eine nicht zu unterschätzende Last für den Lieferanten, namentlich in Gross städten. Selbst für den Fall, dass die Zahltage bereits bekannt wären, wäre es bei der ganz willkürlich nach dem Belieben der Laden-In haber erfolgten Festsetzung der Zahltage an verschiedenen Daten im Monat für den Lieferanten mit den grössten Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten verbunden, alle diese bestimmten Tage einzu halten, um zu seinem vielleicht schon länget fälligen Guthaben zu kommen. Hierzu kommt noch, dass die Boten bei den weiten Ent fernungen z. B. in Berlin die verschiedenen Touren mit der »Elek trischen« fahren müssen, um noch zur rechten Zeit die Quittung vor legen zu können, und selbst dann kommt es vor, dass die »Zahl stunden« vorüber sind, der Weg also vergeblich war. Die Fahrgelder der Boten sind erheblich grösser als die Einziehungskosten mittels Nachnahmekarte, welche die Detaillisten oft mit Entrüstung auf nehmen. Sie übersehen dabei, dass es sich in vielen Fällen um kleine Beträge handelt, die eine Spesenlast, wie die geschilderte, keineswegs vertragen, soll dem Lieferanten überhaupt ein nennenswerther Ver dienst bleiben. Ein Beispiel der Detaillisten-Zahltage: Für kleine Arbeiten hatte ein Berliner Fabrikant bei einem Laden-Inhaber ein Guthaben von 1 M. 65 Pf., zum Theil aus dem Monat August und zum Theil aus September stammend. Nachdem am 1. Oktober d. Js. ein »Auszug« mit der Post übersandt war, schickte der Fabrikant am 12. Oktober (Sonnabend) eine Quittung. Der Bote brachte aber diese Quittung zurück mit dem Stempel-Abdruck »Zahlung Sonnabend nach dem 15. von 9—1 Uhr«. Derart kleine Beträge sollten doch sofort aus der Be triebskasse gezahlt werden. Die gesetzlichen Vorschriften über die Reglung der Schuldver hältnisse verlangen, dass der Schuldner den schuldigen Betrag dem Gläubiger übermittle. Durch die Sitte, besser Unsitte, der Zahltage wird gegen obigen Rechtsgrundsatz verstossen, und es wäre wünschens- werth, wenn Grossisten und Fabrikanten recht bald dagegen Front machten. Die Laden-Inhaber thäten auch im eigenen Interesse besser, die Zahltage aufzugeben, denn auf die sonst vom Lieferanten in Be zug auf die Zahlung erwartete Kulanz müssen sie andernfalls ver zichten. Ein Zahlungs-Aufschub, der für den Ladenbesitzer oft.r forderlich und unschätzbar ist und vom Lieferanten gern bewilligt wurde, ist nach Einführung des Zahltags nicht mehr zu erwarten. Kann der Detaillist an seinem Zahltage einmal nicht zahlen, so hat er sich selbst Unannehmlichkeiten bereitet und womöglich seinen Kredit erschüttert. P. K.