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Sonnabend, den 24. Oktober 1936 PulSni^rr Anzeiger — Lhorner Anzeiger Nr. 250 Seite 12 ÜLZöuäi-ÜtinKnlnd Dem Alter vermittelt es Erkenntnis und Trost. Der Jugend eröffnet das Buch den Einblick in die Welt. Uchen Bedarf dem Lesesaal niit Werken aus ältester Zeil bis zu den neuesten Erschei nungen auf dem Büchermarkt. Das Wissen der Well war tet ans uns. So loi und still dieser Lesesaal erscheinen mag, in den nur gedämpftes Lichl dringt, hier geben nch die großen Geister der Welt ein Stelldichein. So arm und bescheiden einer auch sein mag, nennt er nur du Kunst des Lesens sein eigen, wird ihm kein Großer der Vergangen heit die Gesellschaft verweigern. Homer Hai auch für unS die Irrfahrten des Odysseus beschrieben, für uns lebten Cervantes mit seinem köstlichen Don Quichote,'dem Ritter von der traurigen Gestalt, und Shakespeare, leben Wolsram von Eschenbach und Walter von der Vogelweide. Friedrich der Große schrieb für uns die Geschichte seiner Zeit, für Das Buch will ein schönes Gewand haben; Buch binderet kann künstlerische Arbeit sein. geben oder gar, durch das Studium angeregt, in eigen- schöpferischer Arbeit zu neuen wertvollen Erkenntnissen zu gelangen. umgewendeicr Blätter. Die Wände des hohen Raumes bilden Regale, bis obenan mit Büchern der Handbibliothek gefüllt. Tausende Werke, die sozusagen zu dem täg- dcs Geistesarbeiters gehören; aber hinter sind weite, große Büchcrmagazine, gefüllt ^8^^544/6 uns sein politisches Testament, in uns flammt das Feuer Arndts und Fichtes wieder auf. uns ergreift die Tiefe Goethe- fcher Gedanken, das heilige Feuer der Begeisterung Schillers. Was die Weisen der Welt von Plato bis Kant ergrübelt haben, irgendwie hat es auch unser Denken geformt. Was die Menschen je erfunden und er sonnen haben, was sie gelebt und gelitten haben, die Ge schichte der Menschheit ist i>n Büchern festgehalten, denn die Bücher sind das Wellgedächtnis, sind die Sammelbecken der Welt- crfahrung, und die Besten unter ihnen sind die wahren Mensch heitsfreunde, die uns di? er habensten und größten Gedan ken der Denker, Dichter und Forscher aufbcwahrt haben. Und nun sehen wir die Menschen in dem großen Lese saal mit ganz anderen Augen an. Wir sehen auch sie am Fort schritt der Menschheit wirken, insofern nur der Leser die Kraft besitzt, die hohen Gedanken eines guten Buches in sich lebendig werden zu lassen, sie weiterzu kau» ein Flüsterton unterbricht oder das leise Knistern Nun sucht der Dichter den Weg zu scu..m Volke, er sucht schauen will, ob nicht noch neue Geheimnisse hinter den Bildern verborgen sind. Nach den Bilderbüchern kommt die Fibel als treuer Begleiter durch das erste Schuljahr, ein Bilderbuch noch, in das mehr und mehr das geschrie bene Wort eindringt. Auf einmal besitzen die Kinder selbst die deutschen Märchen und die alten Sagen, das alte Lied, das aus dem Volke kam, das erste Gedicht, das eines Dich ters Mund entströmte. Glücklich das Kind, dem diese ersten Geschichten nicht nur zum Ererzierplatz für grammatikalische Hebungen ge macht werden, so wichtig dieses Exerzieren auch sein mag, um das geschriebene und gedruckte Wort dem Kinde über haupt erst zu erschließen. Glücklich das Kind, in dem die Freude an dem Buch erwacht. Der deutsche Junge ist kein Stubenhocker und kein Bücherwurm, aber das wäre auch kein rechter Junge, dem nicht mit Robinson Crusoe die Abenteuerlust geweckt worden wäre, der sich nicht an den »Geschichten deutscher Helden der Vergangenheit und Gegen watt begeistert hätte. Wir wollen Karl May nicht schmä hen, aber lebensvoller sind die Bücher, die von dem Leben deutscher Forscher und Kolonialpioniere erzählen,- die der Jugend den Geist der unsterblichen Deutschen einhauchen von Armintus bis Schlageter und Horst Wessel. mar des Buches, das- Papier müsse! Wie soll der Einband sein? Alles F sein wollen. Erst dann beginnt der nnt werden. Le erwogen der Dichter MM« Aufnahmen Dr. Weller (3), Gropp, Mayr lBavaria) — M. In den Bibliotheken stehen die Schätze Reihe an Reihe. „Sage mir, was für ein Buch du liest, und ich will dir sagen, wer du bist." Ist diese Abwandlung eines alten Wortes, aus den Umgang mit Büchern bezogen, nicht eine der tiessten Wahr heiten? Der Einfluß des Buches auf die Menschen ist von jeher von größter Bedeutung gewesen. Es Hai Bücher ge geben, die blutigste Zeitalter herauffühtten, Bücher, die den heuchlerischen Glanz, die geschmeidige Behendigkeit des Versuchers besaßen, die dunkelste Menschengesühle auf- wühlten. Aber diesen nachtschweren Erscheinungen der Weltliteratur stehen in überreicher Fülle Werke des Men- schcngeistcs gegenüber, die mit der Kraft der blumen- wcckendcn Sonne den Menschen einen neuen Gei stesfrühling bescherten. Es gehört vielleicht zu den glück haftesten Stunden überhaupt, wenn ein junger geistes hungriger Mensch einem guten Buch begegnet, wenn ihm ein heiliges Ahnen von der Größe deutschen Schrifttums aufgehl und er unter Büchern seine besten Freunde findet. Von allem Gedruckten dringt die Bildersprache zuerst in des Kindes Seele: da findet es die Welt seiner kleinen Freuden beisammen, und das Kind, das manchmal so ruhig und besinnlich hinter seinem Bilderbuch styt, hält Zwiesprache mit den Bildern. Wir Erwachsenen ahnen oft nicht, welch phantasievolle Gedanken das Kind mit seinem Bilderbuch verknüpfen. Freilich, unzerreißbar muß cs schon sein, denn die Freundschaft des Kindes mit dem Buch führt dazu, daß es oft ganz real hinter die Dinge Mühevoll war die Herstellung des alten Buches — dafür über dauerte cs Jahrhunderte. Alltag erheben. Wer hätte nicht schon einmal all seine« geschäftlichen Acrgcr vergessen, wenn er einem Meister deSl Humors begegnete und sich zum Beispiel an den Verse« und Bildern Wilhelm Buschs mit herzhaftem Lachen e»-» götzte oder bei seinem Fritz Reuter eine der heitere« Szenen nm die unsterbliche Gestalt des alten Onkel BräfiGl erlebte. Dichter wie Wilbc'm Raabe, Theodor Stör« oder Gottfried Keller babcu vielen Menschen Stunde« schönster Erhebung und Erbauung geschenkt. Mit eine«! Buche durch die Urwälder und Suppen zu abentcuer«. ist eines der spannendsten Bucherlcbnissc der Gegenwart.; Für eines jeden Menschen Geschmack und Neigung gibt gute Bücher, die unterhalten und belehren Georg B-rA» -i- Wie viele Menschen mögen wod! dabei tätig sein, nm uns ein neues Buch zu schenken! Nehmen wir einen Dich ter, dessen Empfindungen durch ein großes Erlebnis so erregt wurden, daß er dieses Erlebnis ans innerstem erhält die Korrekt»rabzüge jur die Autorenkorrektur, Setzer, Drucker, Korrektoren. Künstler. Zeichne.', Brxtz- binder. vom Autor bis zürn Leser ist eine Menge Menschen in Liebe um die Ausstauung dcs schönen Buches besorgt. Eines Tages liegt es im Laden des Buchhändlers, wir greifen danach, blättern darin, aus einmal Hali uns ein Satz gefangen, der in der Seele widerkling!. Wir tragen das Buch nach Hause. Und wenn es so recht heimlich und still in unserer Bücherecke ist, laden wir das neue Buch zur Zwiesprache ein und vergessen in dem Gespräch mit dein Dichter Zeit und Stunde. Was unklar in unserer Seele schlummerte, erwacht zu freudiger Klarheit. * So Werden die Bücher unsere guten Kameraden, die uns im Leide trösten und ausrichten und uns über den einen Verleger, so wie der verantwortungsvolle Ver leger einen Dichter sucht. Gerade bei den besten deutschen Verlegern ist es nicht nur ein Geschäft, sondern zugleich die Erfüllung einer kulturellen Sendung. Das Buch Hai seinen Verleger gefunden. Tau send Dinge sind zu besprechen, ebc der Druck be ginnen kann, denn das Buch will auch ein seinem Inhalt gemäßes Gewand tragen Es wird eine Schrift gesucht, di? das Ange erfreut, deren Formen selbst erst eines Künstlers Hand stba-Ec. Das For- Zwange in eine zeitlose Form bringt und die Schwingun gen seiner Seele uns in der Sprache der Dichtung über mittelt. Weit ist der Weg vom Gedankm zum Aufdruck im Es öffnet sich die Tür des weiten Lesesaalcs einer geformten Wort. Es ist ein heiligesMiugen stiller Stunden, großen Bibliothek. Hier herrscht tiefes Schweigen, das denn jedes echte große Buch ist mit Her-bttn geschArben. 'M MR