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logen N. J. Wawilow treten die verschiedenen Kulturpflanzen in den von ihm und seinen Mitarbeitern ermittelten Gen- oder Mannigfaltigkeitszentren in großer Formenfülle auf. In diesen Zentren vermutet man die Ursprungsgebiete der Kulturpflanzen. Die in den jungbronzezeitlichen mittelvogtländischen Siedlungen nachgewiesenen Kulturpflanzen stammen nach der Theorie N. J. Wawilows aus verschiedenen Genzentren: Ostasien brachte die Nackt gersten hervor, aus Südwestasien kamen Hafer, Roggen, Erbse und klein samige Ackerbohnen, die Mittelmeerländer sind Ursprungsgebiet der diploiden Weizen (Einkorn), Linse und großsamigen Ackerbohne und Nordostafrika (abessinisches Gebirgsland) tetraploider Weizen (Emmer) und bespelzter Gersten. Neuerdings vertritt H. Helbaek39) auf Grund der im Jahre 1950 begonne nen Ausgrabungen im Zuge des „Irak-Jarmo-Projektes“ teilweise eine von N. J. Wawilow abweichende Ansicht. Er weist darauf hin, daß z. B. alle bis her beschriebenen Funde vom Kulturemmer relativ gleichartig und schon hochspezialisiert sind, was Hunderte von angebauten Generationen voraus setzt. Körner aus dem frühen Stadium der Kultivation wurden in Qal’at Jarmo — im irakischen Teil von Kurdistan — geborgen. Habitus und Größe dieser verkohlten Körner stehen dem wilden Emmer sehr nahe. Auf Grund dieser Funde schließt H. Helbaek, daß der Emmer vom nord östlichen Irak und möglicherweise auch noch von anderen Gegenden innerhalb des Verbreitungsgebietes des wilden Prototypes aus nach dem Westen an das Ostufer des Mittelmeeres gebracht wurde. Von da aus sei er u. a. nach Abessinien und später auch nach Ägypten gelangt 39 40 ). Die neueren Funde unterstützen die Vermutung, daß der Ackerbau an den Randzonen des vorderasiatischen Hochlandes — das Gebiet von Zagros-Taurus- Gebirge bis nach Syrien und Palästina — begonnen habe, da hier die Wild formen von Weizen und Gerste weit verbreitet sind 41 ). Die Anfänge der landwirtschaftlichen Produktion datieren in das 9. bis 6. Jahrtausend v. u. Z. Bereits in mesolithisch-protoneolithischen Schichten des Natufien (z. B. Jericho) konnte das Ernten von Wildgetreide nachgewiesen werden. Zu den ältesten präkeramischen Siedlungen mit domestizierten Weizen- und Gerstenformen gehören außer Jarmo vor allem Jericho und ferner Tepe Sarab in Westiran sowie Ghar i Kamarband am Kaspischen Meer. Alle 39) H. Helbaek, The Paleoethnobotany of the Near East and Europe, in: R. Braidwood and B. Howe, Prehistoric Investigations in Iraqi Kurdistan, Teil VII, 1960, S. 102. 40) Vgl. R. Coulborn, Der Ursprung der Hochkulturen, in: Urban-Bücher 65, Stuttgart 1962, S. 38 und S. 156, Anm. 22. 41) H. Helbaek, a. a. 0., S. 110.