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Etwa von der Jahrhundertwende an haben sich nach- und teilweise neben einander H. Seger in der deutschen Forschung, J. Kostrzewski für Polen und J. Böhm sowie J. Filip für das Gebiet der Tschechoslowakei mit ihren Schü lern um die weitere Aufhellung der Probleme verdient gemacht. Trotzdem besitzen wir auch heute noch keine klare Definition für die Lausitzer Kultur. Auf Grund dieser Tatsache war es teilweise auch möglich, mit verschwomme nen Begriffen, die kaum über die allgemeinen Fakten der Urnenfelderkulturen hinausgingen und einige einzelne Formen (besonders Doppelkegel und Buckel gefäße) oder auch nur Typenanklänge zum Inhalt hatten, die „Lausitzer“ bis zum Ural und ans Mittelmeer wandern zu lassen, vor allem aber weite Teile des Balkans einzubeziehen. Es ist selbstverständlich, daß die Lausitzer Kultur ein wesentlich größeres Gebiet einnahm als die namengebende Land schaft und daß man im allgemeinen die Grenzen etwa mit der Saale im Westen, mit Nordböhmen, Nordmähren und der nordwestlichen Slowakei im Süden angibt, in östlicher Richtung annähernd die polnische Ostgrenze, dar über hinaus aber die Westukraine eingeschlossen, während im Norden die Ostsee mit ihren westlichen Bereichen nicht mehr erfaßt wird, sondern ein Ausklingen der Lausitzer Kultur mitten im brandenburgischen Gebiete zu verzeichnen ist. Die Baierdorfer Variante undangebliche lausitzische Infiltra tionen in Ungarn rechnet man im allgemeinen nicht mehr zum Verbreitungs gebiet der Lausitzer Kultur. Nun kann aber keinesfalls der umschriebene Bereich unserer Kultur als einheitlich bezeichnet werden, da z. B. der Ost- i gruppe die der Lausitzer Kultur eigentlich fremde Körperbestattung eigen ist. Ein Hauptkennzeichen sind ja gerade die großen Urnenfriedhöfe mit relativ gefäßreich ausgestatteten Gräbern, in denen der Anteil der Metallfunde im Durchschnitt als recht dürftig gelten muß, wenn bronzene und eiserne Alt sachen nicht überhaupt völlig vermißt werden. Auch an vielen anderen Merk malen sieht man, daß das gesamte Gebiet der Lausitzer im engsten Sinne wohl kaum von den Trägern einer einheitlichen Kultur besiedelt und daß die angedeutete räumliche Abgrenzung laufenden Veränderungen unterworfen war. So war besonders sowohl am Anfang der Entwicklung als auch an deren 3) Noch bis kurz nach der Jahrhundertwende allerdings war man, angeregt durch die Ent deckungen der sogenannten Schlackenwälle in Schottland, in großen Teilen der damaligen Wissenschaftlerkreise, besonders aber bei den interessierten Laien der Meinung, daß auch die Lausitzer Burgwälle mit in verschiedenem Grade verschlackter Sleinfüllung der holz gesicherten Befestigungsmauern keltisch seien. Der Verschlackungsgrad war hier aber niemals weiter gediehen als bis zur leichten Schmelze des Gesteinsmaterials in unmittel- barem Kontakt mit den in Brand geratenen Balken des Holzgerüstes der Wälle. Von „Glaswällen“ kann ebensowenig die Rede sein wie von einer beabsichtigten Konstruktion durch Verschlackung. Vielmehr handelt es sich bei den geringen Resten von Holzröhren umkleidungen (z. B. Löbauer Berg) lediglich um Anzeichen von Brandkatastrophen, die bei entsprechendem, leicht schmelzbarem Gesteinsmaterial ebenso an den Wällen aus der Zeit der slawischen Besiedlung nachweisbar sind (z. B. der sorbische Wall auf dem De chantsberg bei Nossen, Kr. Meißen).