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Vk5 6MIM8ÜO^ kV 88KUK ^/V40 - V^t.ä6'- Vkk^65-ek5.^k «. LkkM 8^/V es Jahrgang 1931 * Nr. 49 Berlin, den 3. Dezember 1931 Mionalpropaganda bei uns und in England Man kann es als glücklichen Zufall bezeichnen, daß sich Gelegenheit bot, an einem praktischen Bei spiel zu vergleichen, wie man bei uns und in England den Wert der Ikationalpropaganda beurteilt. Wir kündigten bereits in der letzten Nummer an, Latz Ler 2 t November Gelegenheit geben wird, fest zustellen, ob der VolkswirtsckMftliche Aufklärungs- Lienst in der Lage sein wird, in Deutschland die nationale Werbung mit der gleichen Energie und Zielklarheit aufzuziehcn, wie sie in England jetzt Lurchgeführr wird. Die Eröffnung der Wander ausstellung hätte angesichts der katastrophalen Lage Deutschlands das Signal zu einer alle Kreise des Volkes aufrüttelnden Werbung für deutsche Waren werden müssen. Vergeblich erwartete Man eine Uebertragung der Eröffnungsrede durch den Rund funk über alle deutschen Sender. Es ist allerdings besser, nachdem man die Eröffnung miterleben konnte, das;'die Eröffnung der großen Oeffenilich- keit verborgen blieb. Die Eröffnung zeigte, daß es Lem Volkswirtschaftlichen Aufklärungsdienst immer noch nicht gelungen ist, sich die Förderung aller dazu berufenen Stellen zu sichern, daß er vielleicht aber auch in sich selbst zu große Hemmungen zu über winden hat. Es verlohnt nicht, auf die Art, in der versucht wurde, die breite Oeffcntlichkeit auf die Ausstellung des Volkswirtschaftlichen Auf klärungsdienstes und, soweit wir unterrichtet sind, überhaupt erstmalig auf die Ziele des Volkswirt schaftlichen Aufklärungsdienstes aufmerksam zu machen, obwohl gelegentlich der Eröffnung der Aus stellung der entscheidende Augenblick gekommen war, darauf näher einzugehcn. . Objektivität, Ruhe, und Sachlichkeit haben ohne Zweifel auch für solche Veranstaltungen ihren Wert. Aber matt unterschätzt doch die Wirkung einer stärker auf die Bcgeistcrungssähigkcit abge-> stellten Ausstellungs-Eröffnung. Der große Appells an die zahlreich erschienenen Frauen, den uns England in so vorbildlicher Weise vorgemacht hat, fehlte. ,Mic .Befürchtung, die Tr. Paulsen, aü spcaw, Last Lic Pälvle: „Kauf deutsche Wären" wenn sie erst einmal von der breiten Masse des Poltes, die tagaus, tagein auf Arbeit, wartet tagaus, tagein in Deutschland den Wettbewerb des Auslandes zu sühlen bekommt, aufgcgriffen ist, vielleicht in drastischeren Formen ihren Aus druck findet, als jetzt in Ler Arbeit des Volkswirt schaftlichen Aufklärungsdienstes,, liegt gar nicht so weit! ! Um so unverständlicher ist es, daß der j Volkswirtschaftliche Aufklärungsdienst nicht die j offizielle Förderung seiner Arbeit findet, die diese Arbeit gerade jetzt verdient. Wir Deutschen sind doch so, daß bei aller Gegensätzlichkeit gegenüber diesen oder jenen Maßnahmen der Regierung der Ruf zur gemeinsame,! Hilfe für die Rettung der deutschen Wirtschaft schließlich gehört wird. Ist die Winterhilfe dafür nicht wieder ein glänzender Beweis? — Inwieweit es dem Volkswirtschaftlichen Auf klärungsdienst selbst an der notwendigen Ini tiative fehlt, inwieweit es grundsätzliche Einstellun gen zum Problem sind, die eine etwas größere Aktivität verhindern, kann vorerst unerörtert bleiben. Es genügt die Feststellung daß er zur Zeit seiner Aufgabe nicht gerecht wird. Dem Engländer greift die Not an die Kehle wie uns, aber seine Reserven sind ungleich stärker, und trotzdem entfaltet er eine Propaganda, die beispiellos ist in den Ausmaßen und in der Beteiligung der englischen Bevölkerung. Der Prinz von Wales hat am 16. November im englischen Rundfunk einen Appell an die bri tischen Frauen gerichtet, nur britische Erzeugnisse zu kaufen, uni neue Arbeitsgelegenheiten zu Laud und zur See zu schaffen. Mit diesem Aufruf ist unter dem Schlagwort „Luv briiisk Loocks" eine Kampagne von einer Intensität und Gründlichkeit eröffnet worden, die jeden Augenzeugen in Er staunen setzt. Ungeheure Meugen von Plakaten sind in. ganz England an allen möglichen Stellen angeklebt worden. 40 OVO Anschlagsäulen sind kostenlos zu dieser Propaganda zur Verfügung gestellt worden. (Diese Anregung haben wir be reits im Vorjahr dem „Volkswirtschaftlichen Auf klärungsdienst" gegeben. Woran sind seine Be mühungen gescheitert?) In 25000 Schulen wird den Kindern systematisch die Bedeutung der Be wegung eingehämmert. 8000 Lichtspieltheater legen zwei Minuten lange „Lu;--biUisü"-Werbe- silme ein. 1900 'Motorradfahrer sind zu Rund fahrten verpflichtet, alle Automobilklubs, Theater, 8ox Scouts (Pfadfinder), Flugzeuge sind zu dieser Propaganda hcrangezogen worden. Auf Schrit und Tritt begegnet so jeder Eng länder der Mahnung, nur englische Waren zu kaufen, der sich bei der indi ¬ viduellen, Nationalen Einstellung des Engländers kaum ein Mitglied der Nation entziehen kann. Wie stark die Begeisterung für diese Bewegung auch einflußreiche Persönlichkeiten erfaßt hat, geht daraus hervor, daß die Bürgermeisterin von Chelsea an jeden einzelnen Kolonialwarenhändler ihres Bezirkes Handschreiben gerichtet hat. Die Londoner Stadtverwaltung hat be schlossen, bei alllen Anschaffungen englische n Er z e u g n i s s e n den Vor zug zu geben. Für das diesjährige Weih nachtsgeschäft verspricht man sich bereits gute Wir kungen von dieser Propaganda. — Noch hat der „Volkswirtschaftliche Aufklärungsdienst" Zeit, we nigstens den geringen Ertrag des Weihnachts- Verbrauches Deutschland zukommcn zu lassen. Aber trommeln mutz er, nicht nur Pfeifen! Sv. So wirb! man in Enqland unter der Parole: Kauft britische Maren! Blumen-Verkaufsstellen schließen am Heiligabend wieder um 6 Uhr Wir machen darauf aufmerksam, daß der Ver kauf in den Blumcn-Vcrkaufsstcllen aller Art am Heiligabend auch in diesem Jahre bis 6 Uhr nach mittags stattfinden darf. . ttsNclünger p»ek<tung p§vr«!s«lung un«! gvmiLcMvn vung in Kester <2uslität unck feäsr ^swünsckien dlenu« liefern SsrUnse oUngsrksneis« a. vsrttn 0 17, Peeriuovlv. 10-13 Tslspbon: Amckseos 2508/00 Oie unwirischafttiche Nevisenwirtschaft LW. — Die deutsche Volkspartei hat im Preußischen Landtag eine Kleine Anfrage eingebracht, in wel cher die Regierung ersucht wird, auf die für die Devisenbewirtschaftung maßgebenden Stellen im Sinne einer E i n s ch r ä n k u n g d c r D e v i s e n- zutcilung für die überflüssige landwirtschaftliche Einfuhr, insbe sondere für die Einfuhr von Butter, Obst und Ge müse, einzuwirken. Damit ist gerade von einer Partei, der man vielfach nachgesagt hat, sie ver trete so einseitig eine falsch verstandene Industrie- Politik, daß sie unter Vernachlässigung der ernäh rungspolitischen Interessen sich gegen Ne Devisen verweigerung für überflüssige Einfuhrerzeugnisse gewandt habe, die entscheidende Ftage der volks wirtschaftlichen Sparpolitik, die im Wirtschafts beirat der Reichsrcgierung vernachlässigt worden war, erneut angeschnitten worden. Die Begründung für die Kleine Anfrage gibt denn auch einige be sonders drastische Beispiele für die heute gehand habte unwirtschaftliche Devisenwirtschaft. Die De visenzuteilung ist bisher rein schematisch nach den Devisenbctcägen von 1930 gehandhabt worden. So hat man im Oktober ohne Rücksicht auf die eigene Erzeugung und c f die Preisverhältnijse für die> Butiereinfuhr Zweidrittel und für die Obst- und Gemüseeinführ die Hälfte der Devisen vom Okto ber 1930 zur Verfügung gestellt. Angesichts des Preissturzes, der gegenüber dem vergangenen Jahr auch im Ausland eingetreten ist, heißt das, daß der Menge nach auf Grund dieser Devisen ungefähr die gleichen Erzeugnisse ins Land gebracht werden konnten wie im vorigen Jahr. Dabei hat man außer Acht gelassen, daß die Buttcrcrzeugung in Deutschland selbst gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist und daß wir einen Preis sturz zu verzeichnen haben, der bis unter den Preis stand der Vorkriegszeit heruntergegangen ist. Bei Obst und Gemüse liegen die Verhältnisse insofern noch schlimmer, als 1930 ein verhältnismäßig schlechtes Obstjahr war, während wir in diesem Herbst Rekordernten zu verzeichnen haben. Die überflüssige Einfuhr hat denn ja auch dazu geführt, das; große Mengen an deutschem Obst und Gemüse nicht abzusetzen waren und buchstäblich verfault sind, Mengen, deren Wert nicht allzu weit hinter dem Wert der überflüssigen Einfuhr zurückstchen. Die Anfrage der Volkspartei legt also wirklich den Finger auf eine gefährliche Wunde. Den Blick nach innen! „Wertzollerhöhungen", „Jmporttaxen", „Not gesetz gegen Dumping", „Kauft britische Wa ren!" — Feldzüge, „Einfuhrbeschränkungen"^ „Devisenkontrolle" und wie sonst die schönen Bezeichnungen heißen mögen, sind nichts an deres als Umschreibungen für Maßnahmen, die in der Sprache des Volkes „Schutz der natio nalen Arbeit" genannt werden. Die da. hinter stehenden gesetzlichen Bestimmungen sind nur der Beweis dafür, daß der Traum von der internationalen Arbeitsteilung aus- geträumt ist. Denn deutlicher kann sich der Wille der Völker zur autark e n Wirtschafts form nicht mehr offenbaren, als in diesen Beschlüssen fast aller europäischen Kabinette. Von den paneuropäischen Wirtschaftsideen ist wohl auch dem begeistertsten deutschen Paneuro päer nichts anderes im Gedächtnis geblieben, als die Schalmeienklänge des großen Redners Briand, mit denen er die deutsch-österreichische Zollunion zerschlug und den wachsenden Wi derstand gegen den französischen Imperialis mus abwehrte. Die Welt ist eine andere gef worden, seit man sich in Genf vergeblich auf j vielen Konferenzen um den Weltwirtschafts frieden bemühte. Die Regierungen der Völler um Deutschland machen es ihren Völkern zuin Zwang, zunächst an die heimische Wirt- i schüft zu denken! Sie sind dabei freß ' von j irgendwelchen Rücksichten. „Erst wir, dann s die anderen!" ist der Grundsatz, nach dem / Politik und Wirtschaft gemacht werden! — Man könnte Platzen vor Neid angesichts der Begeisterung und des Schwunges, mit denen man in England die Massen sür das hei misch e. Erzeugnis gewinnt, und.der UnentG schlossenheit und der BegeisterMgsloW mit der das amtliche und private Deutschland solchen Bestrebungen bei uns gegenübersteht, nnd angesichts der Halbheit, mit der in Deutschland die nationale Propaganda geführt wird. Dabei wird täglich deutlicher, daß alle Entschließungen des Völkerbundes zum Zoll frieden und alle großen Erklärungen unbe lehrbarer Freihändler nichts daran geändert haben, daß selbst die ältesten Freihandels- länder in sehr oft rigorosen Schutzmaßnahmen die einzige Rettung sehen. Alle diese Vor gänge zeigen, daß auch Deutschland, will/«s sich die Voraussetzungen als selbständige natio nale Macht in einer gesunden nationalen In dustrie und Landwirtschaft erhalten, den Weg der anderen gehen muß. Noch zögert man, so daß die Gefahr besteht, daß man eines Tages, wenn endlich Maßnahmen zum Schutze der deutschen Wirtschaft kommen sollen, fest stellen muß: „Zu spät!" Bei uns wird mau scheinbar zur zwangsweisen Bevorzugung der heimischen Erzeugnisse aller Art erst dann zu rückfinden, wenn nns unsere Armut den Ein kauf ausländischer Erzeugnisse unmöglich macht! Wer die Begeisterung, mit der der Berufs stand an den Wiederaufbau und Ausbau der Betriebe ging, miterleben konnte, wer. den Willen zur Selbsthilfe, der nach der Inflation in unserem Berufe mit selten erlebter Schwung kraft in die Tat umgewandelt wurde, in allen Kreisen des Berufsstandes lebendig werden sah, dem wird der Niedergang umso schmerz licher sein. Es sind nicht nur materielle Werte kann: geahnten Unifanges, die zusammen brechen, sondern auch solche in der Wirtschaft eines geschlagenen Volkes nicht zu unter schätzende ideelle Werte, die dieser Winter 1931/32 im Gartenbau zunichte zu umchsn droht. Gegen die sinkende Kauftkraft im Volke — als eine nicht unwesentliche Ursache für die Not im Berufe — kämpfen andere Berufs stände mit uns — seither vergeblich, gegen die Flut ausländischer Erzeugnisse — als der Hanptursache an dem Niedergang des deut schen Gartenbaues — hat man nns, obwohl die Katastrophe im Gartenbau kaum noch irgend jemandem unsichtbar geblieben sein kann, im mer noch nicht zu schützen gewagt. Diesen Kamps um den Schutz unserer Betriebe vor dem nunmehr unerträglich gewordenen auslän dischen Wettbewerb müssen mir mit allem Nachdruck wcitcrfiihrcn. So ist das Ringen um die Existenz unseres Berufes in ein Stadium getreten, bei denk