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242 CH. Iriarte's Wanderungen in Dalmatien. schwarze Kleider gestattet, aber nur von Wolle bei Verlust des vierten Theiles ihres Vermögens. Litzen und Tressen waren Jedermann ohne Unterschied des Standes und Ge schlechtes untersagt, ebenso echter und unechter Gold- und Silberschmuck sämmtlichen Frauen und Männern. Gold- uud Silberbrocat wurde ausdrücklich in den Bann gethan, ebenso wie das Anschaffen neuer Litzen. Nur den adeligen Damen, Antoninen und Lazarinen war der Gebrauch von Schleier, Haube, gefältelter Mantille und falschen Edelsteinen mit Ausnahme von Granaten, die Jeder tragen konnte, er laubt. Alleu Männern war es bei Strafe der Ver bannung verboten, das Gewerbe eines Haarkünstlers auszuüben oder zu lehren. Drei Monate Haft im Schlosse von San Lorenzo standen darauf, wenn Jemand beim Bassetspiel, Pharao oder Primspiel ertappt wurde. Nur für das Gewand des übrigens allmonatlich wechselnden Rectors waren manche Ausnahmen statuirt. Dies Gesetz war zunächst nur für fünf Jahre erlassen worden; als aber 1773 einige Adelige und Cittadini sich auf der Straße mit Dreispitz, Frack, Stahldegen, Kniehosen, Seidenstrümpfen und Schnallenschuhen zu zeigen wagten, erneuerte der Senat am 13. Mai sein früheres Decret und fügte die Bestimmung hinzu, daß kein Senator und Adliger sich französisch kleiden und öffentlich anders als in der Toga erscheinen dürfe, bei Strafe eines dreijährigen Ausschlusses aus dem Senate resp. dem Großen Rathe, dem alle Adeligen über 20 Jahre angehörten. Diese drakonische Kleiderordnung hat es freilich nicht zu Trachten der Canalesen auf dem^Markte in Ragusa. hindern vermocht, daß heutigen Tages die Ragusaner Tracht wieder die bunteste und anziehendste weit und breit ist. Fast alle Bewohner des Ragusaner Districtes, welcher, nur vom Meere und von türkischem Gebiete umschlossen, vom Hafen Klck im Norden bis zur Sutorina im Süden sich ausdehnt, sind serbischen Stammes und sprechen Serbisch, und nur in der Hauptstadt hat das Italienische festen Fuß gefaßt. Dort wohnten seit jeher Italiener, und besonders unter dem Handwerkerstande sind sie viel verbreitet. Grie chische Kaufleute sind erst unter der französischen Herrschaft (1808 bis 1814) zugewandert. Die regen Handelsbezie hungen zu der gegenüber liegenden Küste, die Pflege der Wissenschaften und der Literatur, welche die Ragusaner sich angelegen sein ließen, und auf der andern Seite der Mangel jeder Civilisation bei ihren slavischen Brüdern hatten natur gemäß zur Folge, daß die Ragusaner sich von letzteren ab- und dem italienischen Geiste zuwendeten. Noch der Herzog von Marmont bezeichnete den Ort als „eine Oase der Ci vilisation inmitten der Barbarei«; und sehr viel anders mag es auch heute dort noch nicht stehen. Doch zu Ende der fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts war die Kenntniß des Italienischen in Ragusa selbst gewöhnlich nur beim männ lichen Geschlechte zu finden, während seit 1849 in allen Schulen jene Sprache als Hauptsprache eingeführt wurde, die serbische nur als Nebensprache, so daß die Kenntniß der erstem allgemein verbreitet ist und auf den Sprachenkarten -Ragusa als italienische Insel im südslavischen Meere erscheint. Falsch aber ist die Annahme, daß dies Italienisch sich aus