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Mit dksonlterer Nerückskllügung lter Anthropologie uiul Ethnologie. Begründet von Karl Andree. In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von vr. Richard Kiepert. Braunschweig Jährlich 2 Bände ä 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postaustalten zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen. 1877. Peking u n d U m geb» n g. m. Die Sommcrpaläste ini Nordwestcn der Residenz. dtach vollendeter Mahlzeit nahm Choutzä's Gesellschaft ihre Wanderung wieder auf und erreichte, stets dem Seenfer folgend, eine große Dschunke von Marmor, welche von dem Geländer nur etwa ein Meter entfernt ist. In ihrem Verfalle und ihrer Regungslosigkeit gleicht sie dem jetzigen chinesischen Staate. Die einzelnen Theile, aus denen die eine wie der andere bestehen, lockern und lösen sich, halten aber noch einst weilen zusammen; nur stückweise könnte man beide vom Flecke bringen, indem man sie erst gewaltsam zerstörte und dann von Neuem wieder aufbaute, und wenn beide noch vor handen sind, so danken sie das nicht etwa einer trefflichen Leitung, denn sie sind nicht lenkbar. Ihre Existenz ist mir dem Umstande zuzuschreiben, daß keine lebendige Strömung da ist, um das Schlammbctt, welches sie trägt, sortzuspülcn. Unweit davon erhebt sich ein zierlicher Kiosk auf einer Brücke, deren zwei Marmorpfeiler mit je einem stehenden Löwen geschmückt sind. Alles Land ringsum aber ist von Brom beersträuchern, Judendorn und wildem Weine so dicht über wuchert, daß man sich nur mit Mühe durch dieses Gewirr von Grün einen Weg zu dem nahen Fuße des Hügels Wan schöu-schan bahnen kann. Früher stieg man auf vier mächtigen Doppeltreppen, die durch Absätze unterbrochen sind (s. Bild auf S. 132 der vorigen Nummer), zum Gipfel empor; aber heutigen Tages macht das"hEbgerhllte Trümmcrwerk diesen Weg unmög lich. Haufen-Äm SchM, Bausteinen, bunten Ziegeln und zerbrochene ilder- be^ckc>l die Stufen, und nur einige maruivnse' Listvcu Mch SWu^, die wenig von ihrer Ber- Globps^E'Nrr.io^ 1/ goldung bewahrt haben, stehen noch aufrecht. Man thut also besser, die seitwärts gelegenen kleinen Fußpfade uud unterirdischen Gänge zum Hiuanfsteigcn zu wählen. Halb wegs trifft man dort auf den Bronzetempel, dessen ein zelne Theile unter Kaiser Kien-lung (1736 bis 1796) von Jesuiten gegossen worden sein sollen. Dies Meisterwerk ist 25 Fuß hoch und mißt 64 Fuß im Umfange ; der Unterbau besteht aus Marmor, der Tempel selbst durchweg aus Metall; und da letzterer Umstand leicht die völlige Zer störung des interessanten Denkmals durch räuberische Hand herbciführen könnte, so hat man die hinaufführenden Trep pen und den Umgang mit Dornsträuchern angefüllt. Nach kurzem Steigen erreicht man von dort den Gipfel des Hügels Wan-schou-schau, welchen ein großes Gebäude in einem aus indischen und occidentalischen Motiven ge mischten Stile krönt. Es ist aus Steinen, Ziegeln und Kacheln erbaut und wurde von dem Feuer verschont. In seinen Mauern von gelb emaillirten Ziegeln sind nur drei stets geschlossene Thüren ausgespart und das ganze Bauwerk ist mit kleinen grün lackirten Nischen bedeckt, in denen gelbe Porcellangötzen von circa 20 Centimeter Höhe sitzen. Einige Schritte weiterhin steht ein großer Porticus mit herrlicher Aussicht auf Peking, den See, die Berge im Westen und die Dörferund die Thürme in der Ebene, welche zum Gc- dächtniß buddhistischer Heiliger errichtet wurden. Der nörd liche Abhang des Hügels trägt unter Anderen einen kleinen 15 Fuß hohen Thurm, welcher ganz aus buntem Porcellan besteht, den Tsiöu-long-tin oder Thurm der neun Drachen. 19