Volltext Seite (XML)
Cameron's Reise quer durch Afrika (1873 bis 1876). 341 minder dicht war das Wasser bevölkert, wie das gelegentliche Schnauben eines Flußpferdes, der auftauchende Rücken eines Krokodils oder sich emporschnellende Fische bewiesen. Ein schwerer Fieberanfall, den Cameron auszuhalten hatte, nöthigte ihn am dritten Tage, südlich von der Mündung des Malagarazi zu landen und einige Tage bis zu seiner Gene sung dort zu verweilen. Uebrigens zeigten sich seine Beglei ter gleich saumselig auf dem Wasser, wie zuvor auf dem Lande: am ersten Tage der Weiterreise legten sie kaum 2 deutsche Meilen zurück; am folgenden landeten sie, um ein Gewitter abzuwarten, und weigerten sich dann, noch am sel ben Tage Ras Kabogo zu passiren, wo ein Teufel und seine Frau residiren sollten. Diese wurden am andern Morgen durch ein Opfer besänftigt: der eine der Führer hielt ein Ruder, auf dessen Schaufel einige Perlen lagen, dann spra chen beide: „Du großer Mann, du mächtiger Teufel, du großer König, du nimmst alle Männer, du tödtest alle Män ner, laß uns jetzt vorbeifahren." Sprachen es, verbeugten sich, warfen die Perlen in das Wasser, und weiter ging die Fahrt nach Süden. Am 23. März wurde Ras Kungwe umschifft (circa 6° 5' südl. Br.), wo der unbekanntere Theil des Sees beginnt und die Breite desselben am geringsten wird und bis 3^ deutsche Meilen abnimmt. Jenseit dieses Vorgebirges erheben sich mächtige, waldbedeckte Berge, von deren Abhängen krystallene Bäche und Wasserfälle in den See stürzen. Am Ufer finden sich namentlich da, wo Flüsse münden, kleine Ebenen feinen Sandes oder groben Gerölles. Kleine Kornfelder im Dickicht zeigen die Schlupfwinkel Das Dorf Kitata am Tanganyika-See. armer Leute an, deren Dörfer durch mächtigere Nachbaren überfallen und deren Genossen an die Sklavenhändler von Udschidschi gegen Lebensmittel (Korn, Oel und Ziegen), das jene zu faul sind selbst zu producircn, verkauft wurden. Die einzige Arbeit, zu welcher sich die Bewohner dieser mächtige ren, wohlbcfestigten Dörfer herablassen, ist außer dem Skla venhandel ein wenig Fischfang und Tabacksbau. In der folgenden Nacht erhob sich ein solches Unwetter mit Donner und Blitz, daß Cameron seinen Leinwandverschlag auf dem Hintertheile der „Betsy" verließ und sich von der Sicherheit seiner Boote überzeugte. Sie waren halb voll Wasser; aber während er die am Lande schlafenden Leute herbeiholte, um sie auszuschöpfen, führte der Sturm sein Zeltdach fort und der Regen durchweichte Bett, Karten, Bücher und Flinten. Die Feigheit und Ungewohntheit seiner Leute, zu Boote zu fahren, war überhaupt sehr hinderlich: bei dem geringsten Winde erklärten sie: „See schlecht, Boot zerbricht" und wei gerten sich, weiter zu fahren. Ihre Gewohnheit, stets am Ufer entlang zu fahren, verursachte die meisten Gefahren; aber cs war unmöglich, sie von den Felswänden los zu ma chen und auf den offenen See hinauszusteuern, kein geringer Nachtheil auch für die herzustellende Karte. Am 28. März fuhr die „Betsy" durch den Canal zwischen dem Festlande und der Insel Kabogo, wo gelandet wurde. Sie ist dicht bevölkert, fruchtbar und gut bebaut; jede Hütte steht allein auf ihrem Acker und unter dem Schatten einer Sykomorc oder eines sonstigen Baumriesen, und das Ganze hatte ein so friedliches, sicheres Aussehen, wie es seit Kawele dem Rei senden noch nicht vorgekommen war. Gegenüber auf dem Festlande steht das Dorf des Häuptlings Ponda, dessen Va ter einst die ganze Landschaft Kamcndi (zwischen 3^/z und 6^2" südl. Br.) beherrscht hatte. Nach dessen Tode waren jedoch zahlreiche Parteien entstanden und das Reich zerfallen, so daß sich Ponda mit dem stark befestigten Dorfe Karyan Gwina begnügen mußte. Mit vieler Mühe erhielt Came ron Erlaubniß, dasselbe zu besuchen. Es war in guter Ord-