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Fa » st. Zweiter Theil. 1. Es liegt nicht in meiner Absicht, auf irgend eine de- taillirte Exposition des zweiten Theils von „Faust" einzu gehen, sondern ich gedenke nur, so weit ich es zu thun im Stande bin, in großen, umfassenden Umrissen die Ent wickelung und den organischen Zusammenhang der Ideen nachzuweisen, welche unter seiner verwirrenden Masse von Masken und dunklen Allegorien pulsiren und glühen. „Faust" ist kein gewöhnliches Drama, ward wahrschein lich von seinem Verfasser niemals zur Bühnendarstcilung bestimmt und kann daher auch nicht nach den gewöhnlichen Regeln der dramatischen Kunst bcurtheilt werden. So oft ich auch den „Faust" lese, so macht er mir doch immer den Eindruck, als sei er in diesem Augenblick so eben frisch aus seines Schöpfers Hand hervorgegangen. Es wird für mich ewig eine Art Offenbarung bleiben, eine unerschöpf lich universale Enthüllung, welche jeder neuen Generation neue Probleme und immer neue VorrLthe von gewaltigen und tiefen Wahrheiten darbietet. Es ist im tiefsten in nersten Sinne die Epitome, der Auszug und Inbegriff, das edelste Ergebniß eines großartigen und edlen Lebens. Es ist ein gewaltiges Werk, weil sein Verfasser ein gewal tiger Mensch war. Er war (wie zu behaupten ich kein Be denken trage), das vollkommenste, von der ganzen Geschichte auszuweisende Beispiel von einem Menschen, welcher zur vollen Reise und Statur intellektueller Mannhaftigkeit her-