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Torso, nur ein arniseliges Bruchstück der Pracht und Herrlich keit von Anno dazumal Das kärgliche Nestchen Weihnachts- markt hat sich in die Außenbezirke und bis vor die Tore der Riesenstadt verzogen, und es muß schon der Nundsunk kommen um den Berlinern von W und den anderen feudalen Stadt teilen zu berichten, wie es aus solch einem echten Berliner Wcihnachtsmarkt aussiehi oder vielmehr ausgesehen hat Da gegen sind wir mit unserer berühmten „Weißen" noch ganz im Lot trotz Bierstcuer. Geträukcsicucr und wie dre Dinge, die uns das Leben schwer machen, sonst noch heißen mögen lind wenn wir jetzt gerade auf die „Berliner Weiße" mit und ohne „Schuß", worunter man ein bißchen Himbeer oder auch ein bißchen Kümmel verstehen kann, aus die „kühle Blonde", auf den „Sekt von Spreealhen" Hinweisen, so geschiehi das aus einem ganz bestimmten Grunde: sie fcierie nämlich in den Vorweihnachtslagen das 250 Jubiläum ihrer Großjährigkeit, nicht ihrer Geburt, wie man hier und da lesen konnte In Wirklichkeit existiert nämlich dieses köstliche Getränk, das die „Ausländer" nicht selten mit Mißtrauen und mit Furcht vor Leibweh genießen, schon länger, und das merkwürdigste ist es, daß sie nicht von einem Berliner, sondern von dem Brauer Brouhan aus dem Hannoverschen erfunden worden ist. Was uns aber nicht abhalten darf, sie als eine echte „Berliner Pflanze" anzusprechen. Berlin ohne Weiße, das ist genau so undenkbar wie Athen ohne Eulen! Und daß sie ihren Zauber auf Herz, Magen und Gemüt nicht bloß zu Weihnachten, son dern zu allen Zeiten des Kalenderjahres ausübt, des wollen wir uns aufrichtig freuen! Diogenes von der Panke. polltllcke Hunchchsu Deutsches Reich Der neue Verwaltungsrat der Reichsbahn. Von den am 31. Dezember 1930 aus dem Verwal- tungsrat der Deutschen Reichsbahngefellfchafi ausscheiden den Mitgliedern hat die Reichsregierung die Herren Ge heimer Kommerzienrat Dr. Peter Klöckner, Retchsbahn- direktionspräsident a. D. Dr. Vitus von Hertel, Staats sekretär a. D. Dr. Karl Stieler uno Hermann R. M. Münchmeyer wiederernannt. Ferner sind die Herren Landrat a. D. Freiherr von Wilmowsky, Marienthal bei Eckartsberga, und Ministerialdirektor Geheimer Rat Dr Erich Klien, Dresden, neuernannt worden. Herr von Hertel ist von der bäuerischen Regierung, Herr Dr. Stieler von der württembergischen Regierung und Herr Dr. Klien von der sächsischen Regierung benanm worden. Werbebeirat beim Deutschen Landmirtschaftsrat. Der Ständige Ausschuß des Deutschen Landwirt- schastsrates hat auf Anregung der Landespräsidenten der Konferenz der Deutschen Landwirtschafts- und Bauern kammer beschlossen, einen Werbebeirat beim Deutschen Landwirtschaftsrat aus Fachleuten der Landwirtschaft und des Werbewesens einzusetzen. Der Werbebeirat ist bereits gegründet und wird Anfang des nächsten Jahres seine Tätigkeit aufnehmen. Die Aufgaben des Werbe- beirats erstrecken sich in der Hauvtsacke aus die theoretische werden m einer Hühnerfarm „fabriziert", die ui größtem Stile in Finow in der Mark eingerichtet ist 5000 Hühner, die in Käfigen gehalten werden, legen vori täglich 1400 bis 3000 Eier, die fofon aus ein lausendes Band rollen und von diesem zu einer Sammelstelle weitertransporliert werden. Klärung der notwendigen Werbung, auf die Ordnung und Ergänzung der bereits vorhandenen Werbematznahmen und auf die Herbeiführung einer Zusammenarbeit zwischen den bereits bestehenden landwirtschaftlichen Werbestellen. Begnadigungen in Sachsen. Die Nachrichtenstelle der Staatskanzlei in Dresden teilt mit: Aus Anlaß des Weihnachtsfestes sind vom Justizministerium 185 Begnadigungen verfügt worden, wodurch größtenteils Gefangene in Freiheit gesetzt werden, im übrigen Strafen gemildert (umgewandcU oder herabgesetzt) oder erlassen oder Bewährungsfristen be willigt wurden. Das Volksbegehren in Lippe. Nachdem nunmehr die Deutschnationale Polkspartei ihren Mitgliedern empfohlen hat, dem von den National sozialisten und der Konservativen Volkspartei eingebrach ten Volksbegehren aus Auflösung des Landtages ihre Zu stimmung zu geben, haben sich weitere Parteien dazu ent schlossen, das Volksbegehren zu unterstützen. Die Land volkpartei und die Wirtschastspartei empfehlen jetzt ihren Wählern ebenfalls, für das Volksbegehren zu stimmen. Arbeitszeitkürzung in Hamburg. Zur Verminderung der Arbeitslosigkeit in Hamburg will der Hamburgische Senat einen Versuch durchführen. Mit Wirkung vom 4. Januar l931 wird die Arbeitszeit für alle im Arbeitsverhältnis stehenden Beschäftigten in den staatlichen Betrieben und Verwaltungen auf 44 Stun den für die Woche herabgesetzt. Für die dabei freiwerden den Lohnsummen und die ersparten Wohlfahrtsunter stützungen erfolgen sodann Neueinstellungen. Bei diesen Neueinstellungen sollen vorwiegend solche Erwerbslose be rücksichtigt werden, die bereits seit längerer Zeit arbeits los sind und demgemäß von den Folgen der Arbeitslosig keit besonders schwer getroffen werden. Frankreich Absperrung ausländischer Arbeiter. Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit in Frank reich, die zwar nach der amtlichen Statistik kaum die Ziffer von 5000 erreicht hat, hat sich das französische Arbeitsministerium zu scharfen Absperrmaßnahmen ent schlossen. Die Einreise ausländischer Arbeiter soll in Zu kunft grundsätzlich untersagt werden Weiter soll die Kontrolle über Ausländer, die in Frankreich leben, verschärft werden. Arbeiter, die als angebliche Touristen eingereist sind, sollen in Zukunft keine nachträgliche Arbeitserlaubnis mehr erhalten. Holland. Mahl und Mischgebot für Weizen. Die holländische Zweite Kammer hat mit 58 gegen 3l Stimmen das neue Weizengesetz genehmigt, das ein Mahl- und Mischgebot für holländischen Weizen eingesührt. Dem Gesetz zufolge mutz der eingesührle Weizen mit 25 Prozent holländischem Weizen gemischt werden. Die Maßnahme hat den Zweck, der notleidenden holländischen Landwirt schaft Hilfe zu bringen. Bisher wurde in den Bäckereien nur amerikanischer oder kanadischer Weizen verwandt, während der holländische Weizen verfüttert wurde. In Zukunft soll der holländische Weizen auch verbacken werben. Freistaat Danzig. Ein neuer Senatspräsident. Die Verhandlungen über die Regierungsbildung in Danzig in den Personalfragen für den neuen Senat, der anfangs des nächsten Jahres gewählt werden soll, wickel ten sich ab. Die Deutfchnationalen forderten den Posten des Präsidenten als eine der Vorbedingungen für ihre Regierungsbeteiligung. Nach einer Aussprache innerhalb der bürgerlichen Parteien wurde der von den Deutsch nationalen als Präsident vorgeschlagene Abgeordnete Dr. Ziehm statt des bisherigen Präsidenten Dr. Sahm vom Block der bürgerlichen Mitte akzeptiert. Dr. Ziehm über nahm die Leitung der weiteren Verhandlungen zum Zweck der Rcgierungsstützung durch die National sozialisten. Aus Zn- und Ausland Berlin. Der Stahlhelm kündigt ein Volksbe gehren zwecks Auslösung des Preußischen Landtages an. Berlin. Ter Kirchensencu der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union Hai beschlossen, daß auch die Bezüge der nn Dienst der Kirchengemeinden und kirchlichen Verbände stehenden Psarrer, Beamlen und Angestellten > entsvrecbeud den Bestimmnnaen der Verordnuna des Reichs präsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und 'Finanzen ge kürzt werden sollen Berlin. Im Alter von 84 Jahren starb der Königlich preußische General der Artillerie a. D Robert Köhne. Am 1. April 1865 trat Köhne in die preußische Armee ein; 1908 trat er in den Ruhestand. Berlin. Der Polizeihauptmann Schüler, der von der thüringischen Regierung fristlos entlassen worden war, ist bei der preußischen Schutzpolizei als Polizeihaupimann angestellt worden. Auch der in Thüringen entlassene Kriminalkommissar Machts ist seit längerer Zen Kriminalkommissar in Berlin. Braunschweig. Die braunschweigischen Kom munalwahlen wurden vom 8. Februar 1931 auf den 1. März verlegt München. Der aus den Ereignissen des Jahres 1923 be- kanme Staatsrat Dr. von Kahr, Präsident des Verwal tungsgerichtshofs, tritt wegen Erreichung der Altersgrenze am 1. Januar in den Ruhestand. London. Im Tharawaddybezirk kam es zu schweren Ausschreitungen. Etwa 300 Personen griffen zwei Dörfer an, enthaupteten die Bürgermeister, erschossen mehrere Personen und eroberten füns Kanonen Es wurde sofort in dische wie englische Polizei aus Rangun entsandt. Moskau. Um die Produktion im Donezbecken zu heben, hat die russische Regierung beschlossen die Löhne für die Arbeiter im Donezbecken ab 1 Januar 1931 zu erhöhen. Außerdem werden auch die Löhne in anderen Bergbaugebieten erhöht werden. Die Erhöhung der Löhne soll 12 Prozent betragen. Von Tigern zerrissen. Das Ende des Tierbändigers. In einem Zirkus in der Nähe von Toulon ereignete sich ein folgenschwerer Zwischenfall. Der Raubtierbändiger war in den Zwinger getreten, in dem sich sechs sibirische Tiger befanden, um mit ihnen die Morgenarbeit zu beginnen. Plötzlich stürzte sich ein Tiger auf ihn und zerschlug ihm mit seiner Tatze das ganze Gesicht. Blutüberströmt brach der Unglückliche inmitten der Tiger zusammen. Das Blut war das Zeichen für die anderen Tiere, sich ebenfalls auf ihn zu stürzen. Sämtliche sechs Tiger fielen über ihn her und hieben immer wieder mit ihren Tatzen aus ihn ein. Erst nach geraumer Zeit gelang es Zirkuswärtern, der» vollkommen zerfleischten Bändiger in Sicherheit zu brin gen. Er starb jedoch bald nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus. Der Tiger, der den Bändiger zuerst an gegriffen hatte, hatte bereits vor zwei Jahren einen Bändiger völlig zerfleischt. Berenguer ernstlich erkrankt. Verschlimmerung im Befinden des spanischen Ministerpräsidenten. Nach Meldungen aus Madrid hat sich das Befinden des Generals Berenguer in den letzten Tagen verschlim mert. Der spanische Ministerpräsident, der bereits die Ge schäfte der Regierung wieder übernommen hatte, muß auf Anraten der Ärzte das Bett hüten! General Berenguer ^eidet an einer Halskranküeit. Eine Geburts- und MuttermedaiNe, me als FamMengedenkstuck zur Erinnerung an Vie Stunde der Geburt von der Preußischen Staatsmiinze in Bronze, Silber und Gold geprägi wird und durch die Berliner Zentralstelle deutscher Gedenkmünzen zur Ausgabe gelangt. Die Vorderseite zeigi eine symbolische Darstellung des Mutterglücks, währeüd die Rückseite das Lebensbuch durch- rankt von jungen Lebensbäumchen, darstellt Lie Seiten des aufgeschlagenen Buches sollen zur Eingravierung des Geburtsdatums bzw. zur Aufnahme späterer wichtiger Lebensdaten dienen. Johannes Termolen Originalroman von Gert Rothberg. 16. Fortsetzung Nachdruck verboten „Die Nacht ist grauenvoll, wenn man sie in Schmerz und Trauer durchwacht," so hatte er gesagt damals. Er hatte recht mit seinen Worten. Ja, tausendmal ja. Und heute trauerte sie in Schmerz und Entsagung um ihn selbst. 7. Kapitel. Langgestreckt erhob sich der weiße Bau mit den vielen in der Sonne blitzenden Fenstern. Das Elisenhaus! Erbaut und der Stadt geschenkt von Iohannes Termo len. Genannt nach seiner Mutter Elise. Schon dehnten sich behaglich in den weißen, sauberen Betten die mageren, kranken Gliederchen elender Kinder. Schon saßen in dem Bau „Altersheim" arme Alte bei sammen und sahen mit glänzenden Augen um sich. Sie, die ein Leben lang in Armut, Schmutz und Arbeit verbracht, saßen nun sauber gewaschen und angezogen mit sorglosen Gesichtern beisammen. Sie konnten es noch immer nicht fassen, daß sie nun einen solch lichten Lebensabend haben sollten. Die Pflegerinnen in ihrer dunklen Tracht, mit den wei ßen Häubchen und den freundlichen Gesichtern, huschten hin und her. Alles war in Aufregung. Heute sollte Iohannes Ter molen kommen. Unten im Hof waren die Herren vom Rat versammelt, um Termolen zu begrüßen. Zwei kleine, weiß gekleidete Mädel standen mit ängstlichen Gesichtern auf den Stufen, drückten die Blumen an sich und hörten sich gegenseitig schnell noch einmal ihr Gedicht ab. Da klang die Hupe. Die Herren stellten sich in Positur. Der Bürgermeister hielt den Zylinder in der Hand und Fabrikbesitzer Hermann Mothes wollte eben seinen Freund erstaunt fragen, warum er den Zylinder dauernd drehe, als er bemerkte, daß im Rande der feierlichen Kopfbedeckung ein beschriebener Streifen lag. „Aha!" Mothes wußte, warum gedreht wurde. Das Auto hielt und Termolen kam mit Stettenheim den gelben Kiesweg herauf. Der Bürgermeister dankte in wohlgesetzten Worten dem hochherzigen Erbauer des Elisenhauses. Er wollte gerührt weitersprechen, als Termolen ihm freundlich auf die Schul ter klopfte. „Ist geschenkt, mein Lieber. Ich weiß schon, was Sie sagen wollen." Die beiden Mädelchen knixten, sagten ihre Gedichte her und überreichten die Blumen. Termolen schenkte jeder eine größere Summe. Dann ging er weiter. Plötzlich blieb er stehen. Dort drüben, die ausgetrete nen Stufen hinunter zum Wasser, war die Mutter immer gegangen, um den großen Zuber voll Wäsche zu spülen. Er hatte ihr dann immer diesen Zuber hingetragen. Termolens Blick ruhte auf dem Rasenrundteil, das sau ber gepflegt mitten vor dem Gebäude lag. Eine ganze Weile blickte er sinnend auf die grüne Fläche. Dann wandte er sich ab und schritt nun schnell ins Haus hinein. Es schien alles nach seinem Wunsche zu sein. Er richtete ein paar freundliche Worte an die Pflegerinnen. Den zwei Aerzten schüttelte er die Hand. Aus dankbaren Augen blick ten die alten Leute ihren Wohltäter an. „Gott soll es Ihnen segnen!" murmelte ein Mütterchen. Gott? Iohannes Termolen dachte nach. Wie lange war es denn her, daß sein Fuß keine Kirche mehr betreten hatte? Mit einem sonderbaren Gefühl im Herzen betrat er die kleine Kapelle, auf der das goldene Kreuz in der Sonne blitzte und ernst mahnte: „Du sollst in keiner Lebenslage den vergessen, der dich nie verläßt." Schweigsam lehnte Termolen dann im Wagen neben Stettenheim. Einige Wochen später stand auf dem Rasenplatz vor dem Elisenhause ein schlichtes Denkmal. Es stellte eine gebückte Frauengestalt dar, die sich über einen Zuber beugt. Termolen saß Bankier Haiden in dessen Arbeitszimmer gegenüber. „Ich ahnte es längst, Haiden, daß Sie jeden Halt ver loren haben. Einmal habe ich Ihnen geholfen um Ihrer Familie willen, ein zweites Mal kann ich Ihnen nicht helfen." „Helfen Sie mir, Termolen!" sagte Haiden tonlos. „Nein!" Hart und unerbittlich klang das Nein. Haiden sank in sich zusammen. „Was soll aus meiner Familie werden, Termolen?" „Ihrer Familie werde ich helfen, Haiden. Es wird eben irgendwoher plötzlich ein Ueberschuß aus der Konkurs masse da sein, aus dem Ihre Familie eine lebenslängliche Rente erhalten kann." „Und ich?" Irre Angst sprach aus den Blicken des Bankiers. „Sie haben die anvertrauten Gelder unterschlagen, Mündelgelder, Haiden, ich kann nichts mehr verdecken, die Staatsanwaltschaft hat Kenntnis von dritter Seite." „Was soll ich tun?" Die Frage war nur wie ein Hauch. Termolen reichte ihm die Hand. „Sie werden wissen, was Sie zu tun haben, Haiden." — Die ganze Stadt war in Aufregung über den plötzlichen Tod des Bankiers Haiden. Die Witwe und ihr Töchterchen erhielten eine lebens längliche Rente, da sich ein Ueberschuß aus der Konkurs masse ergab. Niemand wußte, daß Termolen die Sorge für Frau Haiden und ihr Kind auf sich genommen hatte. An Haidens Name klebten keine Verwünschungen, es war alles bezahlt. ^Fortsetzung folgt.)