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Meile über den neuen MMavk- präsidenten. Der V o sche Beobachter, das führende Blatt der NSDAP., beschäftigt sich eingehend mit dem Wechsel in der Reichsbankleitung. Er kritisiert die Bankpolitik Luthers, besonders seine Zinspolitik, die zu der Krise beigetragen habe. Dann heißt es zum Schluß: Es geht um das Schicksal der deutschen Volkswirtschaft, die heute mehr als je darauf angewiesen ist, daß ihr eine Reichsbankpolitik zur Seite steht, von der sie alle über haupt mögliche Unterstützung und Hilfe erfahren und be anspruchen kann. Die nationale Regierung, die erst seit wenigen Wochen amtiert, in dieser Zeit aber schon ein großes Maß von wirtschaftspolitischer Aufbauarbeit ge leistet hat, wird in der Lage sein, in organischer Zusam menarbeit mit dem neuen Reichsbankpräsidenten, der d a s Vertrauen des Reichskanzler genießt, diese begonnene Aufbauarbeit mit immer zunehmenderem Er folg fortzusetzen. Der dem Reichswirtschaftsminister nahestehende Ber lin er.Lokal-Anzeiger weist auf die internationale Wertschätzung, dis Dr. Schacht genießt, hin. Dr. Schacht ist dem In- und dem Auslande ein guter Bekannter. In seinen Entschlüssen war Dr. Schacht oft etwas impulsiv, aber seine Verdienste um die deutsche Wirtschaft sind außerordentlich. Erinnert sei an seine Arbeiten in der Frage der Reparationen. In Reden und Vortrags- reisen sowie durch sein Kampfbuch „Das Ende der Repa rationen" hat er besonders im Auslands wertvolle Auf klärungsarbeit im Interesse Deutschlands geleistet. Außer ordentlich sympathisch berührt es aber, als er 1931 auf einer Tagung erklärte: „Wenn der erste Redner der Tagung die Farben Schwarz-Rot-Gold für sich in Anspruch genommen habe, dann wolle er sich als Sprecher der Farben Schwarz-Weiß-Rot bekennen." Erinnert sei vor allem auch an die schönen Worte Dr. Schachts auf dem Bankiertag zu Köln, wo er seinerzeit erklärte, daß die Hoff nung aus ausländische Hilfe in seiner Bilanz mit nicht mal einer Mark zu Buch stehe, das Vertrauen auf «ufere eigene Kraft aber mit 160 Prozent. * Das Ausland zur Ernennung Or. Schachts. Die Ernennung Dr. Schachts zum Reichsbankprä- stdenten rst in London ruhig und teilweise mit Befriedi gung aufgenommen worden. Man glaubt, daß die in manchen Kreisen gehegten Befürchtungen, Schacht werde eine finanzielle Expansionspolitik betreiben oder in der Frage der deutschen Auslandsverschul dung eine für die Gläubiger ungünstige Haltung ein nehmen, unbegründet seien. Die „Times" glaubt, daß Dr. Schacht sich bemühen werde, bessere Zins- und Tilgungsbedingungen für die deutschen Auslandsschulden zu erreichen. Dr. Schacht sei der Vater der stabilen Mark und könne sein Kind niemals verleugnen. Man glaubt daher, daß diese Er wägung seine ganze Zusammenarbeit mit der Regierung in deren Hauptproblem, nämlich der Herabsetzung der Arbeitslosigkeit, beherrschen werde. Auch andere Blätter sind der Ansicht, daß Dr. Schacht keine Experimente mit der deutschen Währung machen wird. » Große Beachtung in Frankreich. Dem Wechsel im Reichsbankpräsidium wird von der französischen Presse große Beachtung geschenkt. Man folgert aus dem Wechsel, daß Deutschland sich ganz in sich zurückziehe. Zu der wirtschaftlichen Autarkie ge selle sich jetzt auch die finanzielle Autarkie. Der Staat werde nunmehr nicht nur über die Reichsbank herr schen, die eine Art Monopol werde, sondern auch über die Privatbanken, die nunmehr unter Schachts Kontrolle ge stellt werden würden. Es habe den Anschein, daß das dritte Reich die Schaffung einer dirigierten Wirtschaft im Auge habe und wahrscheinlich mit der ganzen oder der teil weisen Verstaatlichung der Banken beginnen wolle. »WM»MMI»MI!M^ I MltEEM»*»»» > »»««»MW» KWMerMkbsei u»»coeir-«ccuisLc»vir ou«L« «eisreir wrno-rrt 1. Mitten in Berlin, in der Invalidenstraße, liegt der „Gambrinus", eine kleine Speisewirtjchaft, die sich von außen ganz unansehnlich ausnimmt. Betritt man das Lokal aber, so findet man ein sauberes, im altdeutschen Stils ein gerichtetes, äußerst behagliches Gastzimmer. * Der Wirt ist ein patenter Mann. Er heißt Effler und stammt aus dem Vogtland. Vier Söhne hat er und eine prachtvolle Frau, die ausgezeichnet kochen kann Ist's also ein Wunder, daß sich das studierende Völkchen zu Vater Effler drängt? Um die Mittagszeit ist kein Stuhl zu kriegen. — Zwei der markantesten Erscheinungen unter den Gästen des „Gambrinus" waren die Brüder Michael. Stud. med Klaus und stud. jur. Werner Michael. Zwillingsbrüder, vierundzwanzig Jahre alt. Zwei schlanke, bildhübsche Kerle. Werner, bereits im fünften Semester, hatte seinen Bruder Klaus nach Verlust des Michaelshofes erst nach Berlin ge holt, und nun lebten und arbeiteten die Brüder zusammen. Sehr ähnlich sahen sich beide. Welliges Braunhaar und tiefbraune Augen waren der schönste Schmuck der kraftvollen Gesichter, die im Verein mit den gertenschlanken Gestalten jeden schönheitsfrohen Menschen sofort gewannen. Sehr gern wurden sie gesehen. Besonders der immer frohe, vor Temperamrnt sprühende, schlagfertige Werner war einer der beliebtesten unter den Gästen. „Mahlzeit, Leute!" rief Werner, als er mit seinem Bruder eintrat. „Mahlzeit, Herr Hauptmann!" gröhlte der Chorus. Die Bierseidel flogen in die Höhe. „Silentium!" Schneidig schmetterte es Werner über die fröhliche Gesellschaft hin. „Stelle euch hier meinen Zwillingsbruder vor: Stud. med. Klaus Michael." Die Bierkrüge klapperten. „Er sei uns willkommen!" Stehend wurde das Seidel ausgetrnnlen, und die Brüder setzten sich. Scherzworte flogen zu ihnen herüber. Da öffnete sich die Tür wiederum. In ihrem Rahmen er- schien eine Studentin, - ein bildhübsches, junges Mädchen, Ser Präsident des Statistischen ReM amts bemlaudt. Reichswirtschaftsminister Dr. Hugenberg hat den Präsidenten des Statistischen Reichsamies, Geheimen Regierüngsrat Prof. Dr. Wagemann und seinen stän digen Stellvertreter Direktor Dr. Wohlmann st etter beurlaubt. Die Vertretung hat der dienstälteste Direktor übenommen. Der Reichswirtschaftsminister hat einen Sonderkommissar für Personal- und Organi sationsangelegenheiten des Statistischen Reichsamtes ein gesetzt. Die Gründe für die Beurlaubung Professor Wagemanns. Die Beurlaubung Professor Wagemanns und seines Stellvertreters ist, wie in unterrichteten Kreisen verlautet, u. a. auf erhebliche Mißstände im Betrieb des Statistischen Reichsamtes zurückzuführen, wo kommu nistische und sozialdemokratische Kreise schon seit langem ein unbehindertes Betätigungsfeld gefunden haben. Außerdem soll sich Professor Wagemann gegen die von der Regierung geplante Zusammenlegung von Statistischem Reichsamt und Preußischem Statistischen Landesamt ausgesprochen haben. Dr. Dorpmüllers Empfang beim Reichskanzler. Reichskanzler Adolf Hitler hatte am Freitag in Berlin, bevor er seinen Flug nach München antrat, den Generaldirektor der Deutschen Reichsbahngesellschaft, Dr. Dorpmüller, empfangen. Der Kanzler hatte bei der Unterredung im Beisein der zuständigen Fachminister zum Ausdruck gebracht, welche großen Entwicklungs möglichkeiten für die Wirtschaft darin liegen, daß sich die Reichsbahn den Kraftwagen mehr als bisher nutzbar macht und ihn in ihren gemeinwirtschaftlichen Be trieb eingliedert. Der Reichskanzler hat damit die volle Zustimmung aller an der Besprechung Betei ligten gefunden. Bei der Besprechung wurde auch der Bahnspeditionsvertrag eingehend erörtert. Sie Aufhebung ber Einstellung-Prämie. Festlegung der Einzelbestimmungen. Der durch die Notverordnung des Reichspräsidenten vom 15. Dezember 1932 für die Fragen der Arbeits beschaffung eingesetzte Ausschuß des Reichs kabinetts, der am Freitag unter dem Vorsitz des Neichskommissars für Arbeitsbeschaffung tagte, beschäftigte sich mit der Aufhebung der Einstellungs prämie, die nach dem am Mittwoch gefaßten Beschluß des Reichskabinetts bekanntlich zum 1. April d. I. erfolgen soll. Schädigungen der Wirtschaft und Härten sollen dabei nach dem Wunsche des Reichskabinetts aus - geschaltet werden. Der Ausschuß beschloß daher, daß diejenigen Arbeitgeber, die im ersten Viertel des Jahres 1933 Einstellungsprämien beantragt und ge nehmigt erhalten haben, diese auch noch für das zweite Vierteljahr 1933, also bis zum 30. Juni 1933, erhalten sollen, falls sich ihr Antrag auch auf dieses Vierteljahr er streckt. — Die Einzelheiten der Verordnung über die Auf hebung der Einstellungsprämie werden in einer am Mon tag beim Reichsarbeitsminister stattfindenden Sitzung fest- acleat werden. Die -Aktion in der Beamtenschaft. Der Regierungspräsident von Stade, Dr. Rose, und der Regierungsvizepräsident Dr. Wiesner sind beurlaubt worden. Mit der Führung der Geschäfte beauf tragt ist der Regierungsdirektor Dr. von Mallinckrodt. Oberbürgermeister Dr. Berger in Oppeln ist beurlaubt worden. Dr. Berger gehörte, als er zum Oberbürgermeister von Oppeln gewählt wurde, der SPD- an. Er trat vor kurzer Zeit aus der Partei aus. übermittelgroß, schlank, mit einem kecken Jungengesicht. Ihr auf dem Fuße folgte der kleine Müller, der mit seinem quecksilbrigen Temperament und seinem guten Mutterwitz auch recht beliebt war. Er war fast mehr breit als lang und verdiente den Spitznamen „Fäßchen". „Mahlzeit, Schicksalsgenossen!" „Mahlzeit, Schlanker!" Müller zog eine Grimasse zu seiner schönen Begleiterin. Tscha, meine Gnädigste," sagte er mir Würde, „das ist unser sogenannter guter Ton." Die Angeredete lachte und zeigte dabei zwei tadellose Zahnreihen. „Silentium!" Ruhe trat ein. „Ich stelle euch hiermit meine Kusine vor!" „Oller Schwerenöter!" „Ruuhe," brüllte das „Fäßchen" über die ganze Gesell schaft. „Uns sieht man doch die Verwandtschaft auf hundert Schritte an." Die Studenten wieherten vor Lachen. Student Schloch- stein, der den Spitznamen „Krauseminze" führte, verschluckte sich bei seinen Löffelerbsen. „Aber nur im Nebel," rief Werner dem „Fäßchen" zu. Der Wirt, Herr Effler, erschien auf der Bildfläche und be grüßte die Gäste; >, .Nu woll' mex Lischt mal Platz für euch zweie schaffen," polizeikommandeme m vMn. Wie verlautet, ist in Breslau der Posten eines Polizeikommandeurs Süd - Ost und in Königsberg der Posten eines Polizeikommandeurs Ost geschaffen wor den. Für den Breslauer Posten wird der Name des Polizeiobersten Niehoff und für Königsberg der des Obersten Bertram genannt. Die Ernennungen sind jedoch noch nicht erfolgt. Ein SA.-Mann in Altona erschossen. Bei einem kommunistischen Feuerüberfall auf SA.- Leute in der Lenchenstraße in Altona wurde ein SA.-Mann durch Bauchschuß tödlich verletzt. Bei Unruhen in der Gürtnerstraße wurde eine 60jährige Frau schwer verletzt. In der Bürgerstraße in Altona erhielt ein an den Unruhen unbeteiligter Schauer mann zwei Brustschüsse. 600 Kilogramm gestohlener Sprengstof aufgefunden. Anläßlich der in der vergangenen Woche in der Um gegend von Göttingen aufgedeckten terroristischen Ver brechen konnte festgestellt werden, daß der Sprengstoff diebstahl auf dem Hohen Hagen bei Dransfeld von Kommunisten ausgesührt worden ist, daß dqbei den Tätern umfangreiches Material in die Hände gefallen ist und daß es teilweise zu Brückensprengungen Verwendung gefunden hat, die von den Kommunisten zu Übungs zwecken ausgefühn wurden. Etwa 600 Kilo dieses Sprengstoffes hat man jetzt in der Nähe von B L d Lauterberg in Waldverstecken gefunden. Einzelheiten zu der Bluttat des SPD -Führers. Zu dem blutigen Vorfall in Freiburg werden von der Polizeidirektion Einzelheiten gegeben: Bei ver schiedenen sozialdemokratischen Führern wurden Haus suchungen nach Waffen vorgenommen, u. a. auch bei Nuß baum. Da Nußbaum als sehr aufgeregter Mensch bekannt war, wurden mit der Durchsuchung zwei besonders er fahrene Kriminalbeamte beauftragt. In Begleitung des Polizeiwachtmeisters Schelshorn begaben sich die Beamten zur Wohnung Nußbaums. Als sie Einlaß forderten, fielen durch die Scheibe der geschlossenen Korridortür mehrere Schüsse. Wachtmeister Schelshorn wurde sofort tödlich getroffen. Der Kriminalbeamte Weber erhielt einen schweren Bauchschuß und mußte in hoff nungslosem Zustande in die Klinik eingeliefert werden. Ein zum Offnen der Tür herbeigerufener Schlosser wurde durch einen Schuß am Fuß verletzt. Der dritte Beamte drang mit dem Schlosser in die Wohnung ein und konnte Nußbaum überwältigen. Nußbaum ist geborener Elsässer. Dem Badischen Landtag gehört er seit 1929 an. Oum-Oum-Geschosse bei Kommunisten gefunden. Bei einer Haussuchung bei dem Kommunisten Klunker in Hartmannsdorf in Sachsen wurden Waffen und Munition gefunden. Die Revolverpatronen waren durch Abfeilen der Spitze in Dum-Dum-Geschosse ver arbeitet worden. InWittstock (Dosse) machte die Polizei Wafsen su n d e im Garten des kommunistischen Führers Denker. Unter anderem fand man ein komplettes Maschinengewehr mit Ersatzlauf und Schloß, vollkommen fertig zum Ge brauch, drei Jufanteriegewehre Modell 98, acht Hand granaten, zwei Seitengewehre, 1800 Schutz Munition und weitere Zubehörteile. Nach den bisherigen Ermittlungen sind die Waffen im Frühjahr 1932 vergraben worden. Der SA. ist es gelungen, einen großen Waffenfund in Elstra bei Kamenz in Sachsen zu machen. Bei dem Bürgermeister Rauchfuß wurde ein ganzes Wasfenlagcr gefunden. Darunter befanden sich fünf Militärgewehre mit Munition, sieben Seitengewehre, Revolver, Brand ringe, Dolche und Gewehrersatzteile, ferner nicht weniger als 3000 Schutz Munition. Bürgermeister Rauchfuß wurde seines Amtes enthoben und verhaftet. « Er pfropfte einen Stuhl zwischen Werner und Klaus, und plötzlich hatten die Brüder das hübsche Mädel in ihrer Mitte. „Und ich?" fragte Müller. „Und dich! — Ja, wo soll ich dich unierkriegen! Du bist zu breit geraten. Geh' in die Küche, meine Frau tafelt dir auf dem Plättbrett auf " „Gambrinus, du versündigst dich an deinem Urbilde!" „Halt, ich hab's, Herr Effler," kam eins Stimme aus dem Hintergründe/ „Wir bammeln unseren lieben Spund draußen als Firmenschild auf." „Da ziehe ich die Küche vor. — Leben Sie wohl, schöne Kusine " Mit gemachter, täppischer Grazie warf er ihr eine Kuß hand zu „Auf Wiedersehen, Großpapa!" lachte die kecke Studentin- „Um Gottes willen, Großpapa!" Mit hochgshobenen Händen zog sich das „Fäßchen" in dis Küche zurück. Seine Kusine saß nun zwischen den Brüdern Michael. „Herr Effler, wir protestieren. — Sie bevorzugen," rief stud. Hetzer. Der Wirt schüttelte seinen kurzgeschorenen Kopf. „Keine Spur nich'! Für so 'ne nette, hübsche Dame muß ich doch die hübschesten von euch Gesellschaft heraussuchen. Wer von euch will Herrn Werner ausstechen?" „Oho — ohol" „Herr „Gambrinus", Sie uzen mich." „Nich in die Tiete. — Stimmt's oder habe ich recht?" Die hübsche, junge Dame sah mit spitzbübischem Lächeln auf ihre Nachbarn zur Rechten und zur Linken. „Herr Wirt haben sicher recht," rief sie mit ihrer frischen Jungenstimme. „Oho," brüllte der Chorus. Klaus wurde blutrot und war etwas befangen. Aber der fröhliche, weltmännische Werner war der Situation ge wachsen. „Mein gnädiges Fräulein, gestatten Sie: Mein Bruder Klaus — Werner Michael. Gehen Sie heute über eine Brücke?" „Das wäre wohl möglich. — Aber ich breche mir kein Bein. Gestatten: Hanna Eschler." „Wir wissen die Ehre zu schätzen. Darf ich mir noch dis Frage erlauben: Welche hohe Wissenschaft betreibt unsere schöne Tischnachbarin?" „Deutsche Literatur! — Wollen Sie mich foppen — Sie Erzengel Michael?" Das Lokal brüllte por .Lachen« Fortsetzung fosM