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Musiker-Anekdoten. Bon Richard Blasius. Händel war ein erklärter Feind des Jnstrumente- stimmens, weshalb die Musiker gewohnt waren, ihre In strumente vor seinem Erscheinen einzustimmcn. Als sich nun Händel in Lodon aushielt, um dort seine größeren Werke zur Aufführung zu bringen, spielte ihm der Prinz Friedrich Ludwig von Wales, einen üblen Streich. Ein Oratorium sollte aufgeführt werden. Die Musiker hatten ihre Instrumente gestimmt und waren in ein Nebenzimmer getreten, um dort auf ihren Herrn zu war ten. Diesen Augenblick benutzte der Prinz und beauftragte jemanden aus seinem Gefolge, die Saiteninstrumente durch Herunter- und Hinaufdrehen der Wirbel zu verstimmen, was der Beauftragte auch mit Gründlichkeit durchführte. Händel erschien aus dem Podium, mit ihm das nichts ahnende Chor der Musiker. Der Meister setzte sich auf die Orgelbank und gab das Zeichen zum Anfang. Gespannt und andächtig lauschte das zahlreich versammelte Publi kum. Aber ein schrecklicher, herzzerreißender „Akkord" brauste durch den Raum. Händel sprang empor, wie von einer Tarantel gestochen, stürzte auf eine Pauke los und riß dabei einige Kontrabässe um. Mit herkulischer Kraft schleuderte er die Pauke nach dem Kopfe des ersten Violi nisten, den er für den Anstifter dieses schlechten Scherzes hielt. Sämtliche Musiker sprangen auf. Das Orchester bildete in wenig Minuten ein von Staubwolken einge hülltes Chaos. Das Publikum brach in homerisches Ge lächter aus, und mit der andächtigen Stimmung war es vorbei. Eine solche Wirkung hatte der Prinz natürlich nicht vorausgesehen. Er eilte zu Händel und suchte ihn auf zuklären und zu beruhigen. Bei Händels Temperament freilich verlorene Liebesmühe. Die Aufführung mußte verschoben werden. * Kaiser Josef II. schätzte Mozarts Opern, weswegen es ihm recht unangenehm war, hören zu müssen, daß Mozart unter sehr vorteilhaften Bedingungen einen Ruf nach Berlin erhalten habe. Bei dem nächsten Zusammen treffen sagte er zu dem Künstler: „Wie, Mozart, Sie wollen mich verlassen? Ich werde nun sehr selten eine Oper hören." Mozart küßte dem Kaiser die Hand und sagte gerührt: „Majestät, ich bleibe." Als er einem Be kannten von dieser kurzen Unterredung erzählte, schalt ihn dieser aus, weil er den Augenblick nicht dazu benutzt hatte, eine doch so notwendige Verbesserung seiner Besoldung zu erlangen. „Wer kann denn, wenn der Kaiser so gut zu einem spricht, an solchen Bettel denken!" erwiderte Mozart. * Im Jahre 1794 trat eines Morgens ein Herr von kleiner Statur in den Laden des Musikalienhändlers Ho well in Bristol und wünschte einige Musikstücke für Kla vier zu sehen. Howell legte ihm einige soeben erschienene Sonaten von Haydn vor. Der Fremde blätterte sie rasch durch und sagte end lich: „Nein, die mag ich nicht." „Aber sie sind von Haydn, mein Herr." „Gut, aber ich möchte etwas Besseres haben." „Damit kann ich nicht dienen", rief Howell unwillig und kehrte dem unscheinbaren Kritikus den Rücken. Da lachte der Fremde laut auf: „Bin ja der Haydn ielber und denk' doch, daß es noch Besseres gibt als die Dinger da." * Boieldieu hatte zwar im Pariser Opernhaus freien Eintritt, machte aber ganz selten Gebrauch davon. Eines Abends aber wollte er doch eine Aufführung seiner „Weißen Dame" besuchen. Nach der Eintrittskarte ge fragt, erwiderte er gelassen: „Ich habe freien Eintritt. Mein Name ist Boieldieu." „Sie sind der Komponist der „Weißen Dame" ?" fragte ihn der Schließer und musterte ihn mit argwöhnischem Blicke von oben bis unten. „Jawohl." „Haha, wirklich? Ihre List, sich unter falschem Namen in das Haus einschleichen zu wollen, wird Ihnen nicht gelingen." „Aber mein Lieber, ich bin Boieldieu." „Oh, Sie täuschen mich nickt. Wir kennen Boildieu sehr gut. Er beehrt das Haus fast jeden Abend mit seinem Besuche." „So", sagte der Komponist verblüfft, „ist er etwa heute auch hier?" „Gewiß." „Dann lassen Sie mich wenigstens diesen einmal an schauen!" Der Beamte führte darauf den Komponisten in den Zuschauerraum und zeigte ihm im Parkett einen Herrn, der weltverloren der Ouvertüre zu lauschen schien. „Der schwelgt im Anhören meiner Musik. Ich will ihn in dem Genüsse nicht stören, den er unter meinem Namen er langt", sagte sich Boieldieu. „Na, gestehen Sie nun, daß Sie hier nichts zu suchen haben?" meinte der Schließer. Der gutherzige Komponist antwortete lächelnd: „Ge wiß, ich gestehe alles." „Dann scheren Sie sich hinaus!" brüllte ihn der Er zürnte an. So ging Boieldieu, in aller Form an die Luft gesetzt, wieder nach Hause. Wiesenteppiche Was wirkliche Wiesenteppiche sind, wissen heute nicht mehr allzuviele. Die intensive landwirtschaftliche Kultur verlangt eine Einschränkung der nicht als Nutzgräser und -kräuter in Betracht kommenden Pflanzen. Umso mehr freut man sich, wenn man des Sonntags bei einer Wande rung noch ursprüngliche Wiesen mit ihrem Blumenschmuck antrifft. Umso mehr wird man auch das Bedürfnis emp finden, sie nicht noch durch übermäßiges Pflücken ihres Schmuckes, an dem sich Tausende freuen wollen, zu be rauben. Drei Arten sind es vor allem, die in dieser sonst noch blumenlosen Zeit das Auge des Menschen erfreuen: der Märzenbecher (Leucoium Vernum), die Schlüsselblume (Primula elatior) und der Frühlingssafran (Crocus ver- nus). Der Märzenbecher, auch als großes Schneeglöckchen bezeichnet, hat sich in entlegene Täler zurückgezogen. All gemein bekannt ist sein Vorkommen im Polenztale. Aber auch in den anderen Tälern der Lausitz und in denen des Erzgebirges trifft man vereinzelt auf dieses schmucke Narzissengewächs. Die nickenden Blütenglocken sind größer als die des Schneeglöckchens und an ihren Spitzen gelb oder grünlich gefärbt. Zu Tausenden und Abertausende« bedecken die Blumen die Wiesenflächen wieder, seit dem Treiben gewissenloser Händler Einhalt geboten worden ist, so daß der Märzenbecher nicht mehr tragkorbweise auf die Märkte wandert. Nicht ganz so gut geht es den Him melschlüsseln, die früher jedes Wiesental gelb färbten. Wer noch Schlüsselblumenwiesen sehen will, der muß schon ein Stück von den Städten Weggehen. Da nicken sie noch in ungezählten Mengen und sind auch so erst recht schön, als wenn sie nur vereinzelt noch auf der grünen Fläche stehen. Es hat aber die Schlüsselblume eine ge schützte Schwester, das Teehimmelschlüssel oder die wohl riechende Schlüsselblume (Primula officinalis). Sie wächst in wenigen dichten Beständen, auch sind diese weiter nach dem Gebirge zu gerückt, da sie in der Ebene schon durch die Menschen vernichtet worden sind. Diese dunklere Schlüsselblume ist geschützt und darf nicht mehr entfernt werden. Interessant sind noch die großen Bestände des Krokus in Sachsen. Sie sind wahrscheinlich auf die Vermehrung von den Menschen ausgelegter Zwiebeln zurückzuführen, da aber eine Absicht nicht vorwaltete, sind die Bestände in gewisser Beziehung auch natürlich, z. B. sogar auf histo rischer Grundlage entstanden, wenn wir annehmen, daß die Zucht des Krokus zu Heilzwecken geschah. Bekannt sind jedem Dresdner die Rasenflächen des Moritzburger Schlosses mit ihren reichen Krokusbeständen. Ja, sogar aus den Wegen brechen die lieblichen Blüten hervor. Um fangreicher aber noch sind die Bestände von Nieder-Dre bach bei Wolkenstein. Mögen sie auch in diesem Jahre wieder recht vielen Freude bereiten, wenn nach der Arbeit der Woche ein sonniger Sonntag zum Wandern einlädt!