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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage znm Frankenberger Tageblatt Nr. 82 Sonntag de« 14. Moder 1M auf Ml co, orummir ! „Wenn Guste so weiter macht, bekehre ich mich -um i Kartenglauben!" > „Dann liegt hier eine Dame, eine nahe Verwandte. ' Hören Sie mal, Ursel, das ist ja eine ganz gefährliche Person. Ein gräßliches Weib." , ... „Kann man wohl bebauvten. Ich kenne sie," erklärte plötzlich wurde Meersburg rot vor Scham. War er denn von allen guten Geistern verlassen? Da stand er im dunklen Küchenkorridor und lauschte auf das Geschwätz zweier Dienstboten, die ihren Feier abend auf ihre Weise genossen. War er den verrückt ge worden? Meersburg entfloh voller Zorn auf sich selbst. Deshalb hörte er nicht mehr, daß Guste den „vor- nehmen Herrn, der nicht mehr der Jüngste war" auS ihren Karten möglicherweise als nahen Verwandten entlarvte. AM LwSN «MWtzLtgW SMU ML NjedM. . Stimmt. Das Vin ich, dachte sich der Prinz amüsiert. „Aber ihn quälen Zweifel. Er fühlt sich Hw- und her. gerissen," fuhr die Stimme der KüchensybrÜe fort. „Paßt wie nach Maß auf mich," brummte Meersburg. ' „O weh, und ich wollte so gern zu Vieren spielen," klagte die Gräfin und sah sich im Kreise um. „Ernst, schicke Guste zu Senta Bratt hinauf. Ich lasse sie Her unterbitten. Man tut direkt ein gutes Werk, wenn man sie von der Staffelei wegbringt." „Ich werde lieber selbst hinaufgehen," meinte Meers burg. „Guste holt sich sicher eine Abfuhr. Vielleicht ge lingt es mir, diese Arbeitsfanatikerin von der Staffelet wegzulocken." Der Prinz erhob sich und ging hinaus. Er durchquerte die Diele, in die ein kleiner Seiten« korridor mündete. Ein Lichtschein fiel in den schmalen Gang. Er kam an der offenen Küchentür. Meersburg hörte Stimmen. ES waren Guste und Ursel, die untemander ihren Abendplausch hielte». Der Prinz zögerte. Ob er nicht doch lieber eins der Mädchen hinaufsandte, ehe er selber einen Anpfiff oder gar HtnauSwurf bet Senta Bratt riskierte? - „Sie müssen feste mischen, Ursel," hörte er Guste sagen. „Karten müssen ordentlich gemischt werden, besonders wenn man sie auf eine andere Person legen soll." Meersburg lächelte. > Hier war ebenfalls eine Kartenpartie im Gange, wenn auch von anderer Art als drinnen bei seiner Tante. Offenbar sollte in der Küche der Schleier der Zukunst gelüftet werden. Aber auf welche „dritte Person" hm wollte Guste ihre Pythiakünste probieren? „So, nun legen Sie mal aus, Ursel. Hier ist Lie Herz dame, das ist Ihr Fräulein!" Anne war also das ahnungslose Opfer! Unwillkürlich trat Meersburg einen Schritt weiter in den Gang. „Dunnerlüchting," orakelte Guste. „Hier ist ein dunkel haariger junger Mann, Ler liegt Ihrem Fräulein direkt zu Füßen." 12 Nachdruck verboten. „Drei SWEN Mod ellsitzen! Das ist ja Körperver letzung!" Meersburg stimmte durchaus mit dem Freunde über ein. Er fand, daß Anna blaß und abgespannt aussah. „Sicher werden wir zu Weihnachten Ihr Konterfei als Festüberraschung bewundern dürfen," bohrte Grott- kau weiter. „Irgend etwas mutz ich doch von Ihnen zu Weihnachten haben, nachdem Sie mir ein richtiges Ge schenk glatt verweigerten." „Fritzi wird Sie beschenken. Und das Bild bekommen Cie auch zu Weihnachten nicht zu sehen," lehnte Anne ab. „Fräulein Bratt spannt uns mit Ihrem Porträt rich tiggehend auf die Folter. Ich bin so neugierig, wie noch Nie im Leben." „Das will was heißen!" brummte Meersburg. „Mach keinen ^Rhabarber" aus der Kulisse, Ernstchen. Du bist ja auch neugierig und willst es bloß nicht zu- geben" „Ich denke, du willst arbeiten? Tante, wirf doch diesen schwatzhaften Jüngling hinaus!" „Ich fürchte, das macht keinen Eindruck auf ihn," lachte die Gräfin. . „Stumm, geliebte Wahltante!" / „Wahltante! Stammt auch von Fritzi! Seit du mit dieser jungen Dame täglich Akrobatik auf der Eisbahn treibst, hast du deine geistige Selbständigkeit vollkommen eingebüßt. Du bist ein wandelnder Abklatsch von Fritzis seelenvolle» Aussprüchen." „Bekommt mir sehr gut!" „Geht keinem was an!" ertönte das Doppel von Grottkau und seiner heimlichen Braut. „Ruhe, Kinder!" mahnte die Gräfin. „Müßt ihr euch beide immer herumhäkeln, Ernst und Hans. Eine schöne Freundschaft! Hans, bitte kleben Sie nicht zwischen Tür und Angel, das kann ich für den Tod nicht ausstehen. Kommen Sie herein oder machen Sie, Laß Sie hinaus kommen." „Adieu allerseits!" Grottkau machte kehrt und prallte gegen den Justiz rat, dem er noch rasch die Neuigkeit vom Weihnachts besuch seines Vaters mitteilte. »So, also Herr von Grottkau kommt auch nach Berlin. Ich freue mich, ihn wiederzusehen. Ein paar Rechts- angelegenheiten hätte ich auch mit ihm zu besprechen." „Stimmt, Herr Justizrat. Vater schrieb mir davon." „Na, dann werde ich meinen Weihnachtsausflug auf geben," sagte Klein gelassen. „Eigentlich wollte ich irgendwo hinfahren und mir den Aktenstaub aus den Lungen lüften. Aber die Klienten gehen natürlich vor. Der Nachbar und Freund Ihres Vaters will nämlich auch kommen." „Remus von Falke?" fragte Hans, und Anne horchte in ihrer Ecke auf. „Ja, der Freiherr von Falke. Schrieb Ihr Vater nichts davon?" Hans schüttelte den Kopf. „Dann hat sich derFreiherr wahrscheinlich überraschend zu der Reise entschlossen. Ich fand unter der Abenopost einen Brief von ihm, in dem er mir seinen Besuch an kündigt. Wie steht es übrigens mit unserer Karten partie, Gräfin?" - Hans von Grottkau gab nun doch seinen unbequemen Posten an der Tür auf und entschwand. „Wo ist der Professor, Justizrat? Er wollte doch her unterkommen!" „Der arbeitet ,Sterndeutungen aus und ist nicht von sein?» Rückern iortLukrieoen " „.rann man wohl bchaupten. Ich kenne sie," erklärte Ursel. „Die hat einen Streich gegen Ihr Fräulein im SchUS«. ivNein, sie hat ihn schon begangen!" ! „Stimmt aufs Haar," bestätigte die Alte, die au Lie . Szene in Elmshorn Lachte. „Dre bat meinem Fräulein nett was eingetunkt, und dabei ist eS ihre eigene — na, das tut nichts zur Sache. Sie können gut legen, Guste, machen Sie man weiter." „Legen Sie bitte mal hier auf, Ursel," befahl Guste. „So, immer schön auf die Herzdame. O je, waS sehen meine Augen? Da ist ja noch ein Herr. Der denkt voll Liebe und Sehnsucht an Ihr Fräulein Er ist nicht mehr der Jüngste, aber ein Mann m hoher Stellung. Und — ! hier liegt ein Betrug bei ihm im Haus!" - Meersburg war zusammengefahren > Ein Herr — in hoher Stellung — voll Liebe und Sehn sucht! Er hatte sich niemals vorgestellt, daß irgendein anderer Mann in Annas Leben sein könne und nun —