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dessen bald darauf im Walde umherirrend aufgefunden wurde, blieben jene spurlos verschwunden. Da wurde am letzten Tage des Oktobers dieses Jahres hinter dem Zaun der Krotscher Villa „Alaska" ein Häuflein modernder Knochen als Entsetzen erregende Dokumente eine? Ver brechens aufgefunden, und so kam aus tiefer mysteriöser Verborgenheit ein Verbrechen zum Vorschein, über das die lange Frist zweier Jahre bereits einen undurchdringlichen Schleier gebreitet zu haben schien. Die ärztliche Fest- stellung ergab nämlich, daß die Knochenreste von zwei menschlichen Körpern herrührten, und allmählich entsann man sich der beiden Magyaren, von denen Vales ge flissentlich daSj Gerücht verbreitet hatte, sie seien nach Amerika ausgewandert, um sich dort trauen zu lassen. Die Kriminalpolizei leitete mit großer Energie die Nach, forschungen ein, und bald geriet Bales mit seiner Familie in den Verdacht der Täterschaft; in den letzten Tagen namentlich herrschte bet ihnen große Aufregung. Vater, Mutter und Tochter befanden sich miteinander fortwährend in Streit. Zufällig hörten nun an der Behausung Vales' vorübergehende Nachbarleute, wie sich die Valesschen Familienmitglieder im Zank als „Mörder" titulierten, und sich gegenseitig mit Denunziation bedrohten. Das brachte das Maß zum Ueberlaufen, und nun erfolgte die Verhaftung derSchuldigen. EineHaussuchungbestätigte, daß zahlreiche Gegenstände aus dem Eigentum der „Magyaren" im Besitz des Vales waren. Nach langem, hartnäckigem Widerstreben gestand dieser schließlich die furchtbare Tat ein. Marktbericht. Meißen, am 11. Novbr. Butter, das Kilo 2,40— 2,72 Pfg., Gänse, daS Pfund 58-65 Pfg., Hasen, Vas Stück 3-3,50 Mk., Ferkel (102 Stück) das Stück 3- 7 Mark. Weizen — — — — 16,70 17,00 Roggen - - - - 13,90 14,00 Gerste — — 14,00 15,00 15,10 17,00 Hafer, neu - - 12,50 13,00 13,10 14,00 Smd Sie nervös'? An Nervosität Leidende dürfen keinen Bohnenkaffee trinken, denn er eignet sich nach einer Beröffemlichung des Kaiser lichen Gesundheitsamtes nicht zum Genuß für Kinder, nervöse und Herzkranke Personen, weil er die Anfänge der Vergiftungs-Wirkungen des Koffeeins in sich trägt. — Trinken Sie Kathreiner's Malzkaffee, das ist der allerbeste und wohlbekömmlichste Ersa^dafür. Hohe Schrüe. Roman von C. von Dornan. 22ss (Nachdruck verboten.) Der Knecht besann sich ein paar Minuten mit schreckens bleicher Miene. Tann rannte er mit grosser Angst im Herzen hinter seinem Schecken her — das Fräulein war doch am Ende nicht plötzlich verrückt geworden? Fünf Minuten später parierte die kühne Reiterin ihr Pferd neben der Herreugestalt im leichten, grauen Sommcr- anzug, die fröhlich pfeifend auf einem Feldwege jenseits des Dorfes dem nahen Walde znschritt. Atemlos glitt sie von dem Pferde und stand neben dem sehr erstaunten Arzte, der seinen Augen kaum traute. „Aber, mein gnädiges Fräulein! Was soll "denn das bedeuten?" rief er lachend. Er wollte im neckenden Tone fortsahren, aber sie schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. Bei ihrer hastigen, angstvollen Erzählung ver wandelte sich seine Miene erst in tiefen Ernst, dann in un verhohlene Bewunderung. Er war sofort umgekehrt und schritt eiligst, aber trotzdem aufmerksam zuhörend, neben ihr her, dem Dorfe wieder zu. Sie führte das Pferd am Zügel und übergab es jetzt dem herbeieilenden Knechte, der es mit erleichtertem Aufatmen wieder in Empfang nahm. „Einen Augenblick!" bat Dr. Lüders, vor der Tür des Wirtshauses stehen bleibend. Er eilte in sein Zimmer hinauf und kam nach wenigen Minuten mit seiner Jnstrumenten- tasche und einem Päckchen Verbandzeug zurück. Mit ein paar Worten unterrichtete er den herbcigckommenen Wirt und erteilte ihm verschiedene Aufträge. Dann eilte er au der Seite seiner Führerin schweigend weiter. „Die Sonne meint es heute gut!" brummte er dabei. „Und bei solcher Hitze ist ein Schlangenbiß doppelt gefährlich — — Wenn der Mann mit dem Leben davon kommt, verdankt er es einzig und allein Ihnen, Fräulein Lola Astier!" Achtes Kapitel. „sUSonors, rau cbers enkant, was maken Sie da? Wohn sitzen auf die Balkon bei die große cULleur — ll kait bsaucoup moins clmaä ici?" „Ich warte auf den Dr. Lüders, liebe Mademoiselle: er wollte mich zu einem kleinen Spaziergang abholen und mir zugleich Nachricht von seinem Patienten bringen." „Ah! Das sein etwas anderes! Aber er geht viel besser, Ihr proiögs; Sie brauchen sich nicht mehr zu maken ckss soucis für ibn. Wenn ich denke, wieviel er bat ertragen in die ersten Tagen — a'emit alkrsux, pauvre komme! Und daß er Sie dankt sein Leben ganz allein — vous aver le coura^e cts keu votre pere, mon enkant!" Das junge Mädchen, das bisher an der niedrigen Brüstung der Veranda gelehnt hatte und auf die Dorfstrabe hinabblickte, Wandke sich mit ungeduldigem Achselzucken um. „Sagen Sie nur das nicht immer, Mademoiselle!" ver setzte sie ein wenig verstimmt. „Es ist doch wahrhaftig nichts Großes daran, einem Verunglückten die erste Hilfe zu bringen, wenn man Gelegenheit dazu hat! Das ist etwas so Natür liches. — Und noch um etwas anderes muß ich Sie bitten, liebes, gutes Tantchen — denn Sie wissen es doch, und vergessen es dabei immer wieder, daß ich hier Ihre demütige Nichte bin, die Sie unter Ihre mütterliche Obhut genommen haben — wäre es nicht besser, Sie versuchten, mich du zu nennen, wenn Sie mich vor Fremden anreden? Man nennt sich doch nun einmal in Deutschland unter Verwandten nicht Sie — das muß sonst auffallen!" Die alte Französin, die filetstrickend am Fenster des kleinen Wohnzimmers saß, blickte mit einem hilflosen Lächeln auf. „O, dies du!" seufzte sie; „ich kann nicht werden fertig mit es: aber ich werde Sie — dir — nennen um nieos scrr oft: peut-dre ha sukkira — <Iu reste je NS comprencls pas en eklet —" „Ei, deutsch sprechen, Tantchen! Heute habenwir den deutschen Tag — morgen spreche ich wieder ganz artig französisch mit Dir!" ,Meekante!" Das Garnknäuel flog durch die ganze Länge der Veranda, fast bis an das blonde Köpfchen der jungen Dame. Dann seufzte die lebhafte, kleine Französin wieder tief auf. „Nun also — ich begreifen nicht, warum Du nicht nehmen den richtigen Namen von Dir; ein komisches Ding, das Stift —" sie sprach das Wort mit großer Schwierig keit aus — „wo Du jetzt sein! Ich 'abe nie gehört, bevor " Sie konnte nicht vollenden. Das junge Mädchen war dunkel errötel, und eine peinvolle Verlegenheit malte sich in ihren feinen Zügen. Sie trat durch die offene Balkontür ins Zimmer hinein und kniete vor der alten Dame nieder. " „Liebe, gute Mademoiselle! Bitte, bitte, fragen Sie mich nie wieder darnach!" flehte sie innig mit nieder geschlagenen Augen. „Ich bin so froh, so herzlich froh und dankbar, daß ich meine kurze Urlaubszeit hier mit Ihnen ge meinsam verleben darf — daß ich eine kurze Spanne Zeit hindurch vergessen kann, was hinter mir und was vor mir liegt! Quälen Sie mich nicht mit Fragen, nein?! Es war solch köstlicher Glückszufall, daß Sie gerade vor vierzehn Tagen auf der Rückreise von England Hamburg passierten und wir uns dort auf dem Bahnhof trafen. Ich hatte jahre lang nichts von Ihnen gehört —" „rL qui la kaute?" fragte die alte Französin vorwurfs voll. „Non öleve kavorite, wa petite USonore, 'at mich behandelt serr slecht in die letzte Zeit. Wenn nicht Fanny geschrieben 'ätte einmal nach dem Tode von monsieur 1s baron — ich nicht wüßte garnichts von Sie alle drei!" „Und Fanny bat Ihnen geschrieben, daß ich im Stift bei meiner Tante Breitenbach wäre?" Mais oui — woher sollte ich es wissen sonst?" fragte die alte Dame erstaunt. Fannys Schwester senkte schweigend das Haupt. Ein tiefer Seufzer hob ihre Brust, und die großen, klaren Augen blickten einen Moment trübe umflort. Sie erhob sich aus ihrer knieenden Stellung und trat wieder auf den Balkon hinaus. (Fortsetzung folgt.)