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21. April 1909. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. Stahl und Eisen. 591 Arbeitsmöglichkeit zu verstehen wäre, so wäre der Standpunkt der Kläger ohne weiteres ge rechtfertigt. • Dies ist jedoch nicht der Fall, sondern unter Arbeitsmangel im Sinne des § 34 ist nur der Zustand zu verstehen, daß ein Arbeits vorrat nicht mehr vorliegt, der die regel mäßige Durchführung des Betriebes ge stattet. Der § 34 soll der Beklagten die Mög lichkeit gewähren, den Betrieb zeitweilig feiern zu lassen, wenn seine Fortführung gegenüber der zu leistenden Arbeit wirtschaftlich in einem solchen Mißverhältnisse steht, daß dem Arbeit geber die Fortsetzung nicht mehr zugemutet werden kann. § 34 soll gerade die Möglichkeit bieten, durch zeitweiliges Aussetzen der Arbeit über die Notwendigkeit von Arbeiterentlassungen und von der völligen Schließung des Betriebes hin wegzuhelfen, wie er anderseits den Arbeitern das Recht gibt, sich ohne Einhaltung der Kün digungsfrist nach lohnender Arbeit umzusehen, falls die erzwungene Arbeitsaussetzung eine ge wisse Grenze überschreitet. Mit andern Worten, die Frage, ob Arbeitsmangel vorliegt, ist nicht von dem Standpunkt des einzelnen Arbeiters zu entscheiden, sondern nach der Zwangslage, in der sich ein Betrieb oder auch nur ein Teil dieses Betriebes befindet. Liegt ein so geringer Auftragsbestand vor, daß in dem Betriebe nicht einmal die regelmäßige Ausnutzung der vor handenen Arbeitskräfte zu erreichen ist, so liegt eben jener Fall wirtschaftlicher Notwendigkeit vor, von dem der § 34 der Arbeitsordnung handelt, in welchem der Arbeitgeber den Betrieb zeitweilig stillegen muß, seinerseits das darin angelegte Kapital nicht verwerten kann, während der Arbeiter nicht in der Lage ist, seine Arbeits kraft zu verwerten. Beide Teile unterwerfen sich dieser Notwendig keit in der Erwartung, durch ein geringeres vor übergehendes Opfer einem größeren dauernden Verlust vorzubeugen. Es muß nach dem Er gebnis der Beweisaufnahme, insbesondere der Aussage des Zeugen .... und den Ausführungen der Sachverständigen angenommen werden, daß in der Zeit vor dem 3. Oktober für die Gießerei- Abteilung .... eine solche wirtschaftliche Not wendigkeit und eine solche Zwangslage sich her ausgebildet hatte. Der Zeuge .... hat nicht nur in einwand freier Weise nachgewiesen, welcher Arbeitsvorrat für den Betrieb Anfang Oktober noch vorlag, sondern hat dargetan, daß die Aufträge, welche unmittelbar nach dem 3. Oktober die regelmäßige Fortsetzung des Betriebes ohne Einschaltung weiterer Feierschichten ermöglichten, zur Zeit noch nicht eingegangen waren, als die Arbeits aussetzung am 3. Oktober verfügt wurde. Aus der ausreichenden Beschäftigung des Betriebes nach dem 3. Oktober kann also nach Ansicht des Gerichts ein Grund gegen das Vorhanden sein eines Arbeitsmangels zur Zeit des 3. Oktober nicht hergeleitet werden, vielmehr glaubte sich das Gericht der Ansicht des Sachverständigen .. . anschließen zu müssen, um so mehr, als auch der von Seiten der Kläger vorgeschlagene Sach verständige . . . ., wie es infolge seiner Vor bildung und seiner Stellung auch erklärlich er scheint, gerade die Frage, von der, nach Ansicht des Gerichts, die Entscheidung abhängt, nämlich ob die Aussetzung der Arbeit für den Betrieb eine wirtschaftliche Notwendigkeit war, nicht mit Sicherheit beurteilen zu können erklärte. Unter diesen Umständen erschien der An spruch der Kläger nicht als gerechtfertigt.“ Es lag nicht nur im Interesse der betreffenden Firma, sondern im Interesse der gesamten Arbeit geberschaft, die erfochtene Entscheidung herbei zuführen , da sonst die von den Klägern ver tretene Auffassung zu unabsehbaren, persönlich finanziellen, wie allgemeinwirtschaftlichen Nach teilen hätte führen können. Wir können den vorstehenden Bericht nicht schließen, ohne der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß die Darstellung der tatsächlichen Verhält nisse der niederrheinisch-westfälischen Großeisen- und Stahlindustrie in den Jahresberichten unserer Gruppe dazu beitragen werde, eine gerechtere Be urteilung dieser Industrie herbeizuführen, als es zurzeit unter der Macht sozialpolitischer Schlag worte weltentfremdeter Ideologen und agitato rischer Demagogen der Fall ist. Dr. W. Beumer, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Nordwestlichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller. II. Protokoll über die Hauptversammlung vom 14. April 1909. Zu der Hauptversammlung waren die Mit glieder durch Rundschreiben vom 9. März 1909 eingeladen. Die Tagesordnung war wie folgt festgesetzt: 1. Ergänzungswahl für die nach § 3 al.'4 der Statuten ausscheidenden Mitglieder des Vor standes. 2. Bericht über die Kassenverhältnisse und Be schluß über die Einziehung der Beiträge. 3. Jahresbericht, erstattet vom geschäftsführen den Mitgliede des Vorstandes. 4. Etwaige Anträge der Mitglieder. Die Hauptversammlung wird um 1 Uhr mittags durch den Vorsitzenden, Hrn. Geheimrat Ser- v a e s, eröffnet. In Erledigung der Tagesordnung werden zu 1. die nach der Reihenfolge ausscheiden den HH. Geheimrat E. Goecke, Geheimrat