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Als loyaler Bürger seines Landes nahm Schostakowitsch auch offizielle Pflichten wahr, u. a. als Sekretär des Komponisten verbandes. eigenen, ästhetisch begründeten Denkschema nicht völlig heraustreten. 1948 wurde er erneut gemaßregelt, gemeinsam mit Prokofjew und Chatschaturjan. Er beantwortete dies, um sich zu schützen, mit einem neuen Werk in demon strativer Demut vor der großen Partei und schuf das Oratorium „Lied von den Wäldern“, eine Verherrlichung der stalinistischen Aufbaulei stung. Selbst noch in der sogenannten „Tauwetter“-Periode nach Stalins Tod (1953) ebbte der „Formalismusstreit“ nicht ab. Doch Schostakowitsch war zum Kampf bereit, nicht in der politischen Arena, sondern mit seinen Waffen, der Musik. Er verwendete z. B. in neu en Schöpfungen ältere Fragmente aus seinen Arbeiten, solche, die seinerzeit offen kritisiert worden waren, und weichte damit Verkru stungen auf, die ihn eigentlich hindern sollten, „modern“ zu sein. Seine Tonsprache wurde im mer selbstbewußter, glaubte er sich doch auf ei nem richtigen Weg. Ältere, seinerzeit abgelehn te Werke kamen wieder in die Programme. Seine Oper „Die Nase“ durfte sogar wieder aufgeführt werden (1974). Ungeachtet der mannigfachen Auseinandersetzungen mit dem sowjetischen System blieb Scho stakowitsch zeit lebens ein unver brüchlich loyaler Bürger seines Lan des. So kompo nierte er ebenso „linientreue“ Wer ke in verständli cherer Tonsprache, gab seine künstle rische Integrität allerdings niemals in einer ihm un verantwortlich er scheinenden Wei se preis.