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Der Krieg der Elfen Vor vielen, vielen Jahren, als das Elfenvolk noch unter den Menschen seinen Schabernack trieb, geschah es, daß sein ewig junges Königspaar Oberon und Titania schon das siebte Jahr Krieg mit einander führte und allmählich des Streites müde war. Nun dürft ihr euch nicht vorstellen, daß die kleinen zarten Geschöpfe Kanonen und Maschinen gewehre durch die Lüfte schleppten oder sich in blutigen Schlachten zerfleischten - nein, die Elfen führten Krieg mit ihren Waffen, und das waren seit je die Kräfte der Natur. Dieser Krieg war für die Elfen beinah ein Spaß, den Menschen aber brachte er bittere Leiden. Die Jahreszeiten waren völlig ineinander verfitzt und verschlungen; im Sommer war’s Winter, und im Winter war’s Sommer; in den heitersten Tag konnte plötzlich ein Sturm fahren. Die Wege waren verschlammt, die Gärten verwüstet, die Weiden ersäuft; das Korn verfaulte auf dem Halm, und das Obst verdorrte an den Zweigen; jeder Gang auf den Markt war ein wildes Abenteuer und jede längere Reise eine qualvolle Fahrt ins Unbekannte. Und schließlich gingen die Kinder nicht mehr in die Schule, die Bauern säten nicht mehr, die Händler fuhren nicht mehr zu den Märkten, die Fischer verließen nicht mehr den Hafen. Kurzum, das Leben drohte zu erlöschen. Es konnte einfach nicht länger so weitergehn! Schaurig ist’s nachts im Wald, da heulen die Eulen, rufen die Käuzchen, flattern Fledermäuse und blaue Irrlichter gaukeln und schaukeln. Luchsaugen glühen, und Fuchsaugen sprühen; die Wildkatze wetzt ihre Krallen an dem borkichten Eichbaum, und schwarze hauerbewehrte Schweine durchtrotten schmatzend den Buchengrund. Und wenn dann zur Mitternacht der Mond am Himmel aufsteigt, dampfen Nebel und Dünste aus den gärenden Mooren und Sümp fen, und faulende Holzstrünke schimmern wie Fratzen von Geistern, und Unken und Kröten quaken ihr verwunschnes Lied! Es ist nicht geheuer im Wald in der Nacht. Wunderbare Dinge werden geschehen - aber vielleicht ist alles auch nur ein bunter Traum! FRANZ FÜHMANN