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15. Juni 1902. Stahl und Eisen. 691 Referate und kleinere Mittheilungen. einrichtungen in grofsem Mafsstabe Fürsorge getroffen ist, beweisen die zahlreichen Hüttenschulen, Bau- prämien, Knappschaftsvereine, Pensionskassen u. s. w., die alle im wesentlichen durch die Unterstützungen der Arbeitgeber gehalten werden. Die Bestimmung der Umwandlungsvorgänge des Stahls nach der Methode der Ausdehnungs messungen.' Die Umwandlungen von Eisenlegirungen bei hohen Temperaturen sind vornehmlich nach der „pyrometri- sehen“ Methode untersucht worden, welche Ösmond aufgestellt und Roberts-Austen abgeändert hat und die auf der Wiederherstellung der Entwicklungen oder Verzehrungen von Wärme beruht, welche im Laufe der Abkühlung oder der Erwärmung eines Stückes Metall eintreten. Ihr gegenüber erlaubt, wie Georges Charpy und Louis Grenet in den Comptes rendus der Pariser Akademie der Wissen schaften (vom 10. März) erklären, die Methode der Ausdehnungsmessungen die Umbildungsvorgänge des Metalls genauer zu verfolgen und mit einer so geringen Geschwindigkeit, als man solche nur wünscht, oder sogar bei gleichbleibender Temperatur zu operiren, insbesondere aber liefere sie quantitative Angaben, während diejenigen der pyrometrischen Methode viel mehr qualitative seien. Die mit Stahlsorten von verschiedenem Kohlen stoffgehalt, die aber von anderen Beimengungen bis auf Spuren frei waren, angestellten Versuche ergaben Resultate, die qualitativ übereinstimmen, gleichviel ob man mit Erwärmung oder mit Abkühlung und bei verschiedenen Geschwindigkeiten operirt; jedoch fehlen die Verzögerungs - Erscheinungen, die bei den Nickel und Mangan enthaltenden Stahlsorten grofse Bedeutung gewinnen, bei den Kohlenstoff-Stahlsorten auch nicht völlig, weshalb es sich empfiehlt, mit Erwärmung zu operiren und mit Geschwindigkeiten, die hinreichend gering sind, um zu vermeiden, dafs deren Verminde rung eine Abänderung der Umwandlungstemperaturen zur Folge habe; hierzu genügt bei Kohlenstoffstahl eine Erwärmungsgeschwindigkeit von etwa 200° in der Stunde. Bei allen Sorten von Stahl und Gufseisen, die nur Eisen und Kohlenstoff enthalteh, beginnen die Umwandlungen bei ziemlich ganz gleicher Temperatur, welche nahe bei 700° liegt; bei darunter liegenden Temperaturen findet man noch durchaus kein Anzeichen von Umwandlung, selbst wenn man jene mehrere Stunden hindurch constant. erhält. Bei 700° beobachtet man eine jähe Contraction, deren Betrag ent sprechend dem Kohlenstoffgehalte steigt, bis er beim Stahl von ungefähr 0,85°/ Kohlenstoffgehalt sein Maxi mum erreicht, um dann bei weiterer Zunahme an Kohlenstoff wieder zu sinken. Dies ist aus nach stehender Tabelle wohl zu erkennen, welche die an einigen Stahlsorten erhaltenen Ergebnisse umfafst: Kohlenstof- gehalt Anfang«' temperatur der Contraction oc. End- temperatur der Contraction o C. Betrag der Contraction Kritischer Punkt ai nach der pyro metrischen Methode 0,03 700 700 l kaum ab- Desgl. 0,07 680 680 J zuschätzen 0,15 717 724 1.5 710 0,25 0,64 700 710 4,5 712 703 715 13,0 700 0,93 708 715 13,0 715 1,23 710 713 10.0 715 1,50 694 708 11,0 730 3,50 695 700 9,0 710 Nach dieser jähen Contraction beobachtet man 1 bei gradweiser Steigerung der Temperatur eine aus gedehntere Umwandlungszone; die Ausdehnung des Metalls zeigt bei ihrem Wiederbeginn einen viel ge ringeren Coefficienten als zuvor, der sich überdies mit zunehmender Temperatur verringert bis zum Erlöschen und nachfolgenden Negativwerden; es tritt also von Neuem Contraction ein, aber diese erfolgt nicht plötz lich und vertheilt sich auf ein gewisses Temperatur- Intervall; danach, d. h. von einer je nach der Natur des Stahls verschiedenen Temperatur an, beginnt wiederum die Ausdehnung. Diese zweite Umwandlungsperiode erstreckt sich über ein um so ausgedehnteres Temperatur-Intervall, je geringer der Kohlenstoffgehalt ist; ihre Erkennbar keit hört schon bei Stahlsorten auf, die mehr als 0,65 Kohlenstoff führen; bei ihnen beobachtet man also nur die jähe Zusammenziehung bei 700° mit Be stimmtheit, während darüber nur eine geringe Ab- weichungder Ausdehnungscurve entsteht, deren Grenzen nicht genau bestimmbar sind. Die folgende Tabelle giebt diese Umwandlungsgrenzen für einige weiche Stahlsorten an: Kohlenstoff gehalt Anfangs- Temperatur Temperatur d. Maximums der Aus dehnung End- Temperatur Kritische Punkte der pyrometrischen Methode nach Roberts-Austen der oC. zweiten Per oC. ode OC. a2 a3 0,03 700 860 890 770 890 0,07 680 803 865 770 875 0,15 724 790 840 770 840 0,20 715 740 815 770 825 0,25 710 740 790 770 805 Nach der Methode der Ausdehnungsmessungen lassen sich mithin bei den Eisen-Kohlenstofflegirungen zwei Umwandlungen beobachten, von denen die eine plötzlich eintritt, bei etwa 700° eine Volumenminde rung zur Folge hat und der beim kritischen Punkt ai der pyronietrischen Methode beobachteten Wärme absorption entspricht, dagegen die andere allmählich erfolgt, bei den Stahlsorten mit einem geringeren Kohlenstoffgehalte als von 0,85 °/o (oben sind 0,65 °/o angegeben!) einer Contraction zu entsprechen scheint, während bei den kohlenstoffreicheren Stahlsorten die Ausdehnung andauert, und zu Ende geht bei einer Temperatur, die derjenigen des kritischen Punktes as der pyrometrischen Methode naheliegt. Der kritische Punkt az, den man nach der ebengenannten Methode bei 770° (im Text steht, wahrscheinlich wiederum in folge eines Druckfehlers, 750°) beobachtet, entspricht mithin keiner Veränderung der Ausdehnungserschei- nungen. Diese Ergebnisse lassen sich vollkommen erklären mit Hülfe der Hypothese, welche die Umbildungen der Systeme Eisenkohlenstoff bei ungefähr 800° in Pa rallele stellt mit denjenigen bei der Erstarrung eines Gemenges von zwei Substanzen, die keine Misch krystalle geben. Die Umwandlung bei 700° würde der der Wiederauflösung des eutektischen Gemenges („Perlit“) von Eisen („Ferrit“) und Eisencarbid („Ce- mentit“) entsprechen, die allmähliche Umwandlung oberhalb von 700° dagegen der Auflösung des über schüssigen „Ferrits“ (unter Contraction) in den „hypo eutektischen“ und des überschüssigen „Cementits“ (unter Ausdehnung) in den „hypereutektischen“ Stahl sorten. o. L. Gasmotoren mit Schwelgasbetrieb. Dieses Thema behandelt 0. Gähring in der Zeitschrift „Glückauf“, Heft Nr. 19 vorigen Jahres. Die Veranlassung zu diesem Aufsatz war durch eine