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1. April 1902. Prüfung von Eisen und Stahl an eingekerbten Stücken. Stahl und Eisen. 375 es sich um Untersuchungen „auf die Verläfs- lichkeit des Materials“ handelt. Er begründet ihren Werth damit, dafs die Ungleichmäfsigkeit in der Zusammensetzung des Gefüges beim Zer- reifsversuch nicht immer zu Tage trete, wohl aber im Verlauf und Bruchaussehen der Kerb- probe. Hartes und sprödes Flufseisen gebe sich durch sprungweises, von lautem Knacken be gleitetes Durchbrechen zu erkennen, während der Bruch sich bei zähem Material allmählich vertiefe. Das Bruchgefüge sei bei sprödem Material körnig, bei zähem kurzsehnig. Dem Material mit sehnigem Bruch gebühre der Vor zug, indessen sei aber auch der Biegungswinkel in Betracht zu ziehen, bei dem das plötzliche Brechen . ein trete. Von Einflufs auf das Ergebnifs fand Stöckl die AbkühlungsVerhältnisse während der Herstellung des Materials und bei Eisensorten mit einer vorherrschenden Walzrichtung die Lage der Kerbe zur Walzrichtung; liegen beide parallel, so j ist das Ergebnifs der Biegeprobe ungünstiger als । bei Einkerbung senkrecht zur Walzrichtung.* Dudley** nennt die Einkerbprobe eine „Homogenitätsprobe“, die besonders geeignet | sei, durch das Bruchaussehen nicht verschweifste Blasen in Kesselblechen aufzudecken. Diese Blasen seien besonders bei Feuerblechen ge fährlich, indem sie die gleichmäfsige Uebertragung der Wärme verhinderten und daher zu Blasen bildungen und Abblätterungen Veranlassung gäben. Mehrtens*** erblickt in der Einkerbprobe im kalten Zustande wie Stöckl ein vorzüg liches Erkennungsmittel für sprödes Flufseisen, räth aber dennoch davon ab, diese Probe all gemein als Vorschrift einzuführen, weil es prak tisch unmöglich sei, überall denselben Einschnitt in gleicher Tiefe und gleicher Art auf dem Probestück anzubringen. Stöckl hegt dieses Bedenken nicht, da die Kerbprobe nach seiner Ansicht keinen relativen Vergleich der Sprödig keit liefert, sondern nur zeigen soll, ob das Probestück überhaupt spröde ist. Krohnt schliefst aus seinen Versuchen, dafs die Einkerbprobe im kalten Zustande ver branntes Material deutlich daran zu erkennen giebt, dafs die Versuchsstücke bei verhältnifs- mäfsig geringer Biegung spröde auseinander brechen und der Bruch grobkörniges, charakte ristisch verbranntes Gefüge zeigt. Kerpelyt hat zur Prüfung von Construc- tionsmaterial die Einkerbprobe mit auf Blau- * Carl Stöckl: „Ueber Eisenbrücken in Oester reich“, »Stahl und Eisen« 1892 Seite 20. ** „Homogeneity test for boiler iron". »The Engineering and Mining Journal» 1891 Bd. II S. 423. *** „Stahl und Eisen“ 1891 Seite 705. + „Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“ 1891 Seite 1118. + Anton von Kerpely: „Unterscheidungsmerk male des Stahls“. »Berg- und hüttenmännische Ztg.» 1878 Seite 405. wärme erhitzten Stücken, die „Blaubruch probe“, angewendet und empfohlen. Er ging hierbei von der Anschauung aus, dafs sowohl beim Puddel- eisen als auch beim Flufseisen (Stahl) „die Lagerungs- und Cohäsionsverhältnisse der klein sten Eisenpartikel“ sich ändern, wenn das Ma terial unter anderen inneren oder äufseren Ein flüssen steht, erschüttert wird und namentlich wenn seine Temperatur, sei es infolge von Kraft- äufserungen, sei es durch Erwärmung von aufsen, in merklichem Grade zunimmt. Er nennt den Zustand, in dem sich die Eisen- und Stahl- partikelchen während dieser molecularen Ver änderungen befinden, den „erregten“. Zustand, im Gegensatz zu dem „Ruhezustände“ bei un beanspruchtem und nicht erwärmtem Material. Die gewöhnliche Bruchprobe, führt er aus, lasse nach dem mehr oder weniger feinkörnigen, dichten Gefüge des Bruches wohl einen Schlufs zu auf die Homogenität, die Continuität der kleinsten Theilchen, im „Ruhezustände“, dieser Schlufs sei aber nicht immer zutreffend für den „erregten Zustand“; um verschiedene Eisen sorten in dem letztgenannten Zustande mit einander zu vergleichen, seien die Versuchs- ! stücke für die Bruchproben auf eine Anlauf temperatur, am besten auf die dunkelblaue, zu 1 erhitzen und dann schnell zu brechen. Indem Aufsatz „Vergleichende Untersuchungen von Kesselblechen* habe ich, gestützt auf die Untersuchungen von Sorby,** folgende An sicht ausgesprochen: Die Entstehung des körnigen Bruchaussehens bei im Betriebe eingetretenen Brüchen an Stelle des sehnigen bei Zerreifs- versuchen mit demselben Material ist nicht mit einer Gefügeänderung gleichbedeutend, । sondern wird lediglich durch den Verlauf des Bruches herbeigeführt. Der Bruch er folgt in der Weise, dafs unter den Betriebs- | Spannungen sich einzelne Massentheilchen in ihren Berührungsflächen nach und nach vonein ander trennen, bis durch Aneinanderreihung der | so entstandenen inneren Risse irgend ein Quer schnitt soweit geschwächt ist, dafs er die von ihm aufzunehmende Spannung nicht mehr zu ertragen vermag und das Stück nun in diesem Querschnitt bricht. Der Bruch wird dann, weil i keine Dehnung der Massentheilchen, d. h. kein I Fliefsen des Materials eingetreten ist, längs der Berührungsflächen der einzelnen Massentheilchen | verlaufen und durch das Zutagetreten dieser । kleinen Trennungsflächen krystallinisches oder körniges Aussehen zeigen. — Durch die scharfe : Einkerbung wird die Trennung der Massentheil- I chen bereits eingeleitet und von diesem Gesichts- * Mittheilungen aus den König), techn. Versuchs- ' anstalten zu Berlin 1890 Seite 289. * * Rudeloff: „Das Kleingefüge von Eisen und Stahl nach den Untersuchungen von Sorby“. Ann. ! für Gewerbe und Bauwesen« 1887 Seite 123.