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ZUR EINFÜHRUNG Iqor Strawinsky (1917) Zeichnung von Pablo Picasso etwas langsam Näherrückendem, noch Unbekanntem. Es ist verständlich, daß neue Aus drucksmittel gebraucht wurden, um diese Thematik auszudrücken ...", stellte Boris Jarustowski in seiner Strawinsky-Biographie fest. Mit rhythmischer Urgewalt und vulkani schen Klangentladungen gestaltete Strawinsky diese „Bilder aus dem heidnischen Rußland", wie das Werk im Untertitel heißt: „Eines Ta ges sah ich unerwartet vor mir das Bild eines großen heidnischen Sakralkultes: die alten Priester be obachten, im Kreise sitzend, den Todestanz eines jungen Mädchens, das sie dem Gott des Frühlings op fern, um ihn günstig zu stimmen. Das war das Thema von ,Sacre du printemps'". Es bot ihm Gelegen heit zur Entfesselung elementarer Kräfte, zur Entfesselung des Trieb haften, des Dionysischen. Rhythmus und Harmonik sind vor allem die Träger dieser Entfesselung. „Die Helden des Strawinskyschen Werkes sind Menschen aus dem heidnischen Rußland, die fest mit der Erde, mit den elementaren Kräf ten der Natur verbunden sind und von primitiven, aber wohl auch beständigsten und stärksten Kräften der menschlichen Natur bewegt werden: den Instinkten der Lebens und Gattungsfortpflanzung. Diese Menschen sind noch bar des Intel lekts, bar jeder psychologischen Feinheit und unterscheiden sich noch kaum von der übrigen beleb ten Natur. Eben darin ist nach der Meinung des Autors ihre Ursprüng lichkeit und Lebenskraft zu sehen. In diesem Stadium war das Leben des Menschen untrennbar mit dem Jahreskreis der Natur verbunden: Ähnlich der Pflanzenwelt verlöscht es im Winter, um unter der Früh lingssonne wieder zu erstehen und sich zu erneuern" (B. Jarustowski). „Im Sacre du printemps", schrieb Strawinsky, „wollte ich die leuchten de Auferstehung der Natur schil dern, die zu neuem Leben erweckt wird, eine vollständige, elementa-