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J> DRESDNER C 1 PHILHARMONIE Welt nicht erkennen und abbilden will, wie vie le andere Künstler, sondern sie tausendfach spiegelt, sie bricht und sie wie durch ein Prisma anschaut oder sie im Kaleidoskop gefangen hält. Musik ist für ihn nicht Teil des Lebens, sondern eine Scheinwelt, ein künstlicher Garten in ma gischer Umwallung, eine zweite, jedenfalls an dere Welt. Und sie ist auch eine luxuriöse Unterhaltung, ein exquisites Spiel, ein Spiel mit geistvollem Inhalt, mit Formen, Floskeln, Vehikeln, eben künstlich. Bereits 1906 plante er die Komposition eines Walzers als Hommage an Johann Strauß, kom ponierte aber 1911 eine Walzersuite nach dem Vorbild von Franz Schubert („Valses nobles et sentimentales“). Dann kam der Krieg und schließlich der Zusammenbruch Österreich- Ungarns und damit auch von Wiens „goldener Zeit“. Und so kehrte Ravel in einer viel späte ren Zeit und völlig veränderten Welt zu seiner Lieblingsidee zurück. Deshalb darf es uns nicht verwundern, wenn ihre Ausführung sich wohl ganz anders gestaltete, als es noch einige Jahre früher der Faß gewesen wäre. 1919/20 war es dann soweit. La Valse war fertig, ursprünglich Sergej Diaghilew, seinem Pariser „Russischen Ballett“ zugedacht und für eine Aufführung zusammen mit Strawinskys „Pulcinella“ be stimmt. Ravel hatte mit dieser Truppe bereits Erfahrung und 1909 für sie seine „Choreogra phische Symphonie Daphnis et Chloe“ kompo niert. Nun jedoch verzögerte sich die geplante Tanz-Aufführung durch Diaghilew und kam sogar erst mit Ida Rubinstein 1929 zustande. Vorerst aber wurde das neue Stück am 12. De zember 1920 in Paris konzertant im Rahmen der Lamoureux-Konzerte unter Leitung von Camille Chevillard aufgeführt. Seither gehört es zu den herausragenden Werken Ravels für den Konzertsaal. Ein Walzer war es sehr wohl geworden, doch da schwingt noch mehr mit. Ravel bezeichne- Aufführungsdauer: ca. 13 Minuten