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JA DRESDNER U PHILHARMONIE sehen Volksmärchen und hat diesen einige ih rer wundervollen Gestalten entnommen. Strawinsky fühlte sich bei der Arbeit sofort in seinem Element, denn er fand hier plötzlich, wonach er schon lange vergeblich gesucht hat te, seine schöpferische Affinität zu den Bedingungen und Möglichkeiten des Tanzes, eine innere Verwandtschaft, die über alle stili stischen Wandlungen hinweg sein ganzes Lebenswerk prägen sollte. Diese zielt nicht auf sinfonische oder dramatische Entwicklung, sondern arbeitet in erster Linie mit gestischen Mitteln. Strawinskys Musik ist in ihrem Wesen immer tänzerisch, auch dort, wo sie nicht aus drücklich für den Tanz geschrieben ist. So wur de Strawinsky urplötzlich zu einem Ballett komponisten par excellence. Er hatte seine eigene Sprache gefunden, und es war jetzt eine Musik, eine Ballettmusik entstanden, die aus Bewegungszusammenhängen heraus geboren war und neue Bewegungen erzeugte. Später sollte Strawinsky dies noch weiter treiben, ver vollkommnen in seinen Balletten für Diaghilew, in „Petruschka“ (1911) und dem „Sacre“ („Le Sacre du primptemps“, „Das Frühlingsopfer“, 1913). Vorläufig aber stand noch der Lehrer Rimski-Korsakow Pate, zumindest bei der Typi sierung von Gut (Diatonik des russischen Volksliedes) und Böse (Chromatik, verminderte Klänge, Pentatonik: das sind fünftönige melo dische Wendungen). Doch Strawinsky entlehnte auch einige Elemente dem Impressionismus Debussys und gab sehr viel Eigenes hinein, z. B. eine rhythmische Schlagkraft und Vielgestalt, die ihresgleichen damals suchen mochte und eine allgmeine Vorliebe für großangelegte Steigerungen durch Ostinati und motorische Wirkungen. „Eine besondere Beachtung ver dient die Instrumentation, denn an ihr läßt sich ein charakteristischer Wandel in Strawinskys Entwicklung erkennen: In der ursprünglichen Fassung des ,Feuervogels' erklingen neben einer