DRESDNER PHILHARMONIE Werkstoff verlustig war, alle anderen Sprachen ihm nur als Notlösungen gelten mußten und ihm letztendlich fremd blieben. Das schließt nicht aus, daß er immer wieder auch wortge- i bundene Musik komponiert hat, Chorwerke z. B. und Sologesänge. Der Oper aber hat er | sich dagegen nur unter besonderen Schwie rigkeiten, wenn auch immer wieder, genähert. Bezeichnend aber ist, daß er dieser Gattung zusätzlich mehr abverlangen wollte, als es bis lang üblich war. So wurden aus den ent sprechenden Bühnenwerken meist changierende I Stücke, bestehend aus Elementen von Oper, Pantomime, Ballett, Melodram und Oratorium. Bestenfalls sein russischsprachiges Bühnenwerk „Die Nachtigall“ (1914 in Paris uraufgeführt) . und „The Rake’s Progress“ (englischsprachig, 1951 in Venedig uraufgeführt) können als re gelrechte Opern angesehen werden. Im Jahre 1922 hatte Jean Cocteau (1889 bis 1963), der experimentierfreudige, besonders radikalen literarischen Strömungen aufge schlossene französische Schriftsteller, Dichter, | Dramatiker, Filmautor, Filmregisseur und Graphiker, die „Antigone“ des Sophokles (496 bis 406 v. u. Z.) bearbeitet. Und da er auch gern einmal mit Strawinsky Zusammenarbeiten woll te und antike Tragödien während dieser Zeit in Paris überhaupt sehr in Mode waren, bespra chen beide einen solchen Stoff. Ihre Wahl fiel | auf das von zahlreichen Künstlern alter und neuer Zeit immer wieder behandelte Ödipus- Sujet. Cocteau benutzte die Tragödie von Sophokles, um eine eigene ungewöhnlich epi sche, beinahe anti-theatralische Fassung des Oedipus Rex herzustellen, an der sich der kompositorisch-formende Geist Strawinskys leicht entzünden konnte. Der Text ist bewußt | distanziert und objektiviert in einer „toten“ Sprache - lateinisch - gehalten, einer Sprache, die zu einem reinen phonetischen Material wurde und keinen eigentlichen Aussagewert t