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Vor dem Start des Menschen in den Kosmos Die Vorbereitung des Weltraum fluges des Menschen erfordert neben der Schaffung sicher beherrschbarer technischer Voraussetzungen eine weitgehende wissenschaftliche Klä rung der Bedingungen und Gefahren, mit denen bei einer solchen Unter nehmung zu rechnen ist, sowie der Reaktionen und Anpassungsmöglich keiten der Organfunktionen des Kör pers unter diesen Verhältnissen. Die „kosmische Physiologie“, welche ein Teilgebiet einer „Kosmobiologie“ dar- stellt, ist deshalb zu einem neuen wichtigen Wissenschaftszweig gewor den. Sowjetisches Raumschiff II: Hohe experimentiertechnische V ollkommenheit Einer Reihe von kosmischen Ein flüssen, wie der außerordentlich star ken Luftverdünnung, dem minimal bzw. null werdenden Luftdruck, dem Mangel an molekularem Sauerstoff, dem Wärmeunterschied zwischen Körper und kosmischem Raum usw. wird dadurch zu begegnen versucht, daß das Versuchstier und später auch der Mensch sich in einer hermetisch abgeschlossenen Kabine im Innern des Raumschiffes befinden. In diesem Kleinmilieu werden durch höchstver- vollkommnete technische, z. T. auch biologische Mittel „irdische“Zustands bedingungen aufrechterhalten. So betrugen in der Kabine des sowjeti schen Raumschiffes II für die Hunde „Strelka" und „Belka" während des ganzen Fluges z. B. die Lufttempe ratur 20°C und der Luftdruck 760 torr; Kohlensäure und Wasserdampf wur den selbsttätig aus der Luft entfernt, Sauerstoff angereichert, die Nahrung automatisch gereicht usw. Zusätz licher Schutz gegen Undichtwerden des Abschlusses (Meteoriten) wird durch Raumanzüge mit ähnlicher Funktion gewährleistet. Von diesen angeführten Bedingungen des Raumfluges soll im folgenden nicht gesprochen werden, obwohl sie für län gere Reisen nicht uninteressante biolo gische Probleme aufwerfen. In diesen Fällen wird sich die Schaffung eines in sich geschlossenen, sich selbst erhalten den Mikrokosmos innerhalb des Raum- Schiffes mit Pflanzen und Mikroben un erläßlich machen, da man aus Gewichts gründen einen für mehrere Monate ausreichenden Vorrat an Nahrung, Sauerstoff und Wasser nicht mitnehmen kann. Andere Einflüsse, denen der Orga nismus während des kosmischen Flu- ausgesetzt sein wird, wie Be- < , ng, Vibration. Lärm. Strah_ sind auch unter irdischen sen wirksam bzw. künst- Laboratoriumsversuch dar- Nur — und das schränkt e! Untersuchungsmöglichkeiten am Menschen ein — sind sie erstens nicht von so großer Intensität und zweitens nicht von so langer Dauer. Wohl lassen sich im terrestrischen Experiment unter Ausnutzung von Zentrifugalkräften kurzfristig Be schleunigungen erzeugen, welche die Erdbeschleunigung (1 g) um das Acht oder Zehnfache übertreffen. Jedoch Bind diese nicht ohne weiteres mit den beim Starten und Landen (Ab bremsen) von Raumraketen auftre tenden positiven bzw. negativen Be- schleunigungen zu vergleichen. Auch der Zustand der Schwerelosigkeit ist bei raschen Kurvenflügen in geeig neten Flugzeugen für die Dauer von Kosmophysiologische Probleme Von Prof. Dr. Hans Drischel, Direktor des Physiologischen Instituts etwa 40 bis 50 s hergestellt worden; aber dies ist ebenfalls mit einem tage, oder wochenlangen Flug unter den Bedingungen der Schwerelosig keit nicht vergleichbar. Ein Teil der wissenschaftlichen Probleme kann daher nur im Tierexperiment unter den tatsächlichen Verhältnissen des Satelliten- bzw. Raumfluges geklärt werden. Hier ergeben sich in methodischer Hinsicht besondere Schwierigkeiten. Bei kosmophysiologischen Experi menten ist eine Beeinflussung, Kor rektur und Abänderung des Ver suchsablaufs nicht mehr möglich, so bald sich das Versuchstier in der ge starteten Rakete befindet. Das Expe riment muß also in allen Einzelhei ten vorgeplant sein. Ferner ist der Versuchsleiter über riesige Entfer nungen von seinem Studienobjekt ge trennt Durch Umwandlung der in teressierenden physiologischen Meß werte in elektrische Größen und telemetrischer Radioübertragung, so wie durch den Einsatz des Fern sehens ist es heute mit hoher experi mentiertechnischer Vollkommenheit und Sicherheit (sowjetisches Raum schiff II) möglich, diese Schwierigkei ten zu überwinden. Die kosmophysiologischen Unter suchungen, die vor allem von sowjeti schen Wissenschaftlern mit bewun dernswerter Konsequenz und sorgfälti ger Vorbereitung durchgeführt wurden, gingen in mehreren Etappen vor sich. In den Jahren 1950/52 wurden Hunde mit Raketen bis auf eine Höhe von HO km geschickt (sechs Aufstiege mit je zwei Hunden) und Beobachtungen der Körperfunktionen mit speziell für diesen Zweck entwickelten Meß-, Regi strier- und Übertragungsverfahren an gestellt. Audi gelang es bald, den Nach weis zu erbringen, daß man Tiere durch Herauskatapultieren aus Höhen von 50 bzw. 100 km gefahrlos zur Erde bringen kann (neun Aufstiege). Die nächsten Experimente führten bis zu Flughöhen zwischen 200 und 212 km; hierbei wur den bereits wesentliche Details über die Einwirkungen der einige Zeit anhal tenden Schwerelosigkeit gewonnen. Schließlich wurde die Steighöhe bis auf 450 km gesteigert. Manche Hunde stie gen mehrfach auf; es ist aufschlußreich im Hinblick auf die affektive Belastung, daß die Vorbereitungen zu einer erneu ten Reise keine Abwehrreaktionen bei diesen Tieren auslösten. Eine neue Etappe begann 1957 mit dem zweiten Sputnikversuch, in wel- diem erstmalig die Hündin „Laika“ auf einer Kreisbahn Bedingungen unter worfen wurde, wie sie mit anhaltender Schwerelosigkeit späteren Raumflügen entsprechen werden. Schließlich hat das jüngste, glänzend gelungene Experi ment mit dem sowjetischen Raum schiff II vom 19./20. August 1960 ge zeigt, daß das schwierige Problem der wohlbehaltenen Rückkehr von Lebe wesen auf die Erde gelöst ist. Auch den Amerikanern war kurz vorher die Rückkehr einer um vieles kleineren — allerdings nicht „bewohnten“ — Raum kapsel gelungen. Drei Phasen des kosmischen Flugs Die Besonderheiten der während des kosmischen Fluges auftretenden Bedingungen lassen sich allgemein am besten nach folgenden drei Pha sen ordnen: 1. Die Phase des Starts und An stiegs der Rakete bis zum Einschwen ken in die Umlauf- bzw. Flugbahn; während dieser Phase arbeitet das Triebwerk („aktiver“ Abschnitt), es werden starke Beschleunigungen. Vi brationen und Lärm erzeugt; 2. die Phase des schwerelosen Flu ges nach Abschalten des Triebwer kes („passiver“ Abschnitt); 3. die Phase der Abbremsung des Fluges und des Wiedereintritts in die Atmosphäre mit starker negativer Beschleunigung und Erhitzung des Flugkörpers. Beschleunigung und Blutkreislauf Die in der Anstiegsphase auftre tenden physiologischen Probleme be treffen vor allem die starken Be schleunigungen, die notwendig sind, um den Flugkörpern die erste (8 km/s) bzw. die zweite (11 km/s) kosmische Geschwindigkeit zu ertei len. Es handelt sich als Folge der auf tretenden Andruckerscheinungen ins besondere darum, wie das Blutkreis- laufsystem des Menschen diese Um stellung überwindet. Wenn wir uns — wie das z. B. im sogenannten Schellong-Test in der Klinik ge schieht — aus der liegenden Stellung in die aufrechte begeben, so versackt das Blut unter der Einwirkung der Schwerkraft (1 g) zunächst in den unteren Partien des Körpers. Die Venen geben infolge ihres weniger starken Wandbaus der hydrostati schen Belastung nach und erweitern sich als Volumenspeicher; es kommt zu einer vorübergehenden Verminde. rung des venösen Rückflusses. Um fangreiche Regulationen und hämo- dynamische Umstellungen müssen einsetzen mit dem Ziel, die Aufrecht erhaltung des Kreislaufes auch unter den neuen Bedingungen zu gewähr leisten. Dies ist nach spätestens 10 bis 15 Minuten erledigt. Ähnlich ist der Mechanismus bei starken Beschleunigungen und Ab bremsungen, die größer als die Erd beschleunigung sind. Aus Beobach tungen beim Kunstfliegen und beim Sturzflug mit rascher Abbremsung (8 bis 9 g) ist bekannt, daß schwere Funktionsstörungen auftreten kön nen. Wirkt die Beschleunigung in der Körperlängsachse, so können bei Richtung Kopf—Fuß Bewußtseinsstö rungen und Sehausfälle infolge man gelhafter Blutversorgung im Kopf bereich resultieren. Hingegen ist be kannt, daß starke Beschleunigungen mit Andruck des Körpers am besten vertragen werden, wenn der Angriff senkrecht zur Körperlängsachse, also in Richtung von Brust nach Rücken oder umgekehrt erfolgt. So kann der Mensch einige Minuten Beschleuni gungen aushalten, die das Zehnfache des Körpergewichts übersteigen. Auch die Versuchshunde in Raketen und Sputniks haben in dieser Stellung die auftretenden Beschleunigungen be friedigend vertragen. Während der ersten Phase des Anstiegs machte sich übereinstimmend (wobei typologi sche Besonderheiten auf traten) eine Zunahme der Herz- und Atemfre quenz bemerkbar. Die Herzfrequenz nahm aber z. B. bei „Laika“ trotz weiter steigender Beschleunigung bald wieder ab; das EKG blieb quali tativ unverändert. Die Zunahme der Atemfrequenz kann wohl mit der mechanischen Behinderung der At mung durch den Andruck in Zusam menhang gebracht werden. Auch die jüngsten Versuche mit „Strelka“ und „Belka“ zeigen, daß die Tiere diese Anfangsphase befriedigend überstan den haben. Mit Eintritt des Trabanten in seine Umlaufbahn macht sich nach Ab schaltung des Antriebs als wesent licher physiologischer Einfluß die Schwerelosigkeit geltend. Die Ergeb nisse der bisherigen Versuche be sagen. daß nach Eintritt der Schwere losigkeit die Pulsfrequenz anfänglich für zwei bis drei Minuten ansteigt, dann jedoch bald wieder absinkt und Werte um die „irdische“ Norm er reicht. Die Atemfrequenz sinkt meist unter den Ausgangswert ab; dies dürfte mit dem Fortfall des Beschleu nigungsdruckes auf den Brustkorb Zusammenhängen. Bedeutsam ist mithin die Feststellung, daß Blut- kreislauf und Atmung bei anhalten der Schwerelosigkeit offenbar keine wesentliche Änderung ihrer Funk, tionsweise erfahren. An die Schwerelosigkeit schnell gewöhnt Über die sonstigen Auswirkungen der Schwerelosigkeit läßt sich auch bereits einiges aussagen. Es muß er wartet werden (und ist auch bereits im Prinzip durch kurzdauernde irdi ¬ sche Experimente gezeigt worden), daß im Zustande der Schwerelosig keit die afferenten Meldungen aus den verschiedenen Sinnesorganen des Körpers, vor allem aus dem Labyrinth und der Muskulatur, grundsätzlich abgeändert sind. Dies tangiert über das Zentralnervensystem vor allem die Körperbewegungen und — vom Labyrinth her — wahrscheinlich auch die vegetativen Funktionen, u. a. den Stoffwechsel. Bei gezielten Willkür bewegungen der Glieder berücksich tigt ein komplizierter nervöser Rege, lungsapparat im Hinblick auf die Do sierung des jeweiligen Kraftaufwan des weitgehend automatisch die im Zusammenhang mit Trägheits moment und Schwere auftretenden Kräfte. Wegfall der letzten Kompo nente bedingt ein geändertes Er regungsmuster der Rezeption. Es ist leicht verständlich, daß die Koordi nierung der Bewegungen zunächst gestört ist, indem letztere gewisser maßen über das Ziel hinausschießen. Wenn der Mensch aber in der Lage ist. sich z. B. im Laufe einiger Wo chen in seinem Verhalten an eine rechts-links-vertauschende Brille an zupassen, die er dauernd trägt, so ist die Aufgabe des Umlernens bei Fort fall der Schwere wahrscheinlich eine unvergleichlich viel leichtere. Dies geht bereits aus den Erfahrungen bei wiederholter Anwendung kurzer Pe rioden der Schwerelosigkeit hervor. Auch „Strelka“ und „Belka“ haben sich nach den Fernsehbeobachtungen im Raumschiff II offenbar der neuen Situation erstaunlich schnell an gepaßt. Bedenklicher muß demgegenüber vor allem für die vegetativen Funktionen die umgekehrte Umstellung sein, d. h. der Übergang von einem relativ lang (Tage, Wochen) anhaltenden Zustand der Schwerelosigkeit auf irdische Ver hältnisse. Das Herz, das unter schwere freien Bedingungen wesentlich weniger Arbeit als sonst zu leisten hat und u. U. atrophieren könnte, würde dann plötz lich sehr stark belastet, und das könnte zu katastrophalen Folgen führen. Bei länger dauernden Flügen muß wahr scheinlich für ein künstliches Schwere feld (rotierende Kabine o. ä.) gesorgt werden. Durch das erfolgreiche Lande- experiment von Raumschiff II auf der Erde ist gezeigt worden, daß man die technischen Mittel bereits mit großer Präzision in der Hand hat, um die ge steuerte Abbremsung des Raumschiffs und die beim Wiedereintritt in die At mosphäre entstehende Hitzeentwicklung so zu gestalten und zu begrenzen, daß die physiologischen Anpassungsvorrich tungen der Raumfahrer nicht überfor dert werden. Im ganzen bestätigen die bisheri gen kosmophysiologischen Experi mente die auch sonst bekannte Tat sache, daß die Lebewesen allgemein vorzugsweise auf „Veränderungen“ von Zuständen reagieren und nicht so sehr auf bestehende oder neu er reichte „Zustände“ selbst. So ruft zwar die Beschleunigung — wie wir gesehen haben — starke Reaktionen hervor, nicht aber die gleichbleibende Geschwindigkeit, mag sie noch so hoch sein. Ähnliches gilt für den Ein tritt der Schwerelosigkeit; die Über gänge stellen die Belastung dar. Der Hund ist ein Tier, mit dessen Organfunktionen und Zentralnerven system sich die Physiologen seit Ge nerationen sehr eingehend beschäfti gen. Seine Verhaltensweise auf die verschiedensten Einwirkungen sind gut untersucht. Außerdem hat sich gezeigt, daß viele Funktionsleistun gen denen des Menschen recht ähnlich sind. Vergleichen wir die Kreislauf- und Atmungsänderungen an Tieren unter Raumflugbedingungen mit den bei körperlicher Arbeit des Menschen auftretenden Veränderungen, so dür fen wir vermuten, daß wahrscheinlich auch unser Organismus den Anforde rungen des Raumfluges gewachsen sein wird. Einwirkung kosmischer Strahlung wird erforscht Während bei den bisherigen Auf stiegen und Flügen die Einwirkung der kosmischen und sonstigen Strah lung auf Lebewesen noch nicht un tersucht wurde, ist mit dem Experi ment im Raumschiff II und seiner Landung nunmehr auch diese Frage gestellt worden. Zusammen mit den Hunden haben verschiedene andere höhere und niedere Lebewesen, auch Pflanzen und Mikroben, den Flug mitgemacht. U. a. sollen schwarze Mäuse eventuelle akute Strahlen schädigungen anzeigen, indem sich ihre Haare grau verfärben. Anderer seits sollen an Ratten, Mäusen und Drosophila-Fliegen mögliche Erb- Schädigungen durch die Strahlen auf gedeckt werden. Man darf auf die Er gebnisse gespannt sein. Da hier der Zeitfaktor eine wichtige Rolle spielt, werden weitere Flüge mit längeren Expositionsdauern notwendig sein. Schließlich sei noch auf die psy chische und affektive Problematik hingewiesen, die der lange Aufent halt in einer engen Kabine mit sich bringt, wobei zu berücksichtigen ist, daß ein großer Teil der gewohnten optischen (Dunkelheit des Raumes ohne Tiefe) und akustischen Reize (absolute Stille) sowie der natürliche Tag-Nacht-Rhythmus ausfallen. Die ersten Raumfahrer werden physisch und psychisch außerordentlich stabile Menschen mit großer Hingabe an ihre wissenschaftliche Aufgabe sein müs sen. Warum den EpLTEn die Sdwingen beschnitten werden Tn Nummer 4/5 der „spuren“ I („Nachrichtenblatt der Bonner Studentenschaft“) zeichnete noch Horst Hollstein als Chefredakteur, in Nummer 6 (Juli/August 1960) schon nicht mehr. Dazwischen aber lag ein Beschluß des Allgemeinen Studentenausschusses der Bonner Universität, der mit den Sätzen be ginnt: „Der AStA betont, daß er jede sachliche Kritik in den ,spu- renf — gleichgültig, gegen wen ge richtet — begrüßt. Der AStA distan ziert sich aus die- Bem Grunde von der Form des Ar tikels ,Von einem. der auszog, das Schlagen zu lernen' in den .spuren' 4/5, XII. Jahrgang 1960.“ L iest man den genannten Artikel aus der Feder des verflossenen Chefredakteurs, der seinen Weg von der ersten Begegnung mit schlagen den Verbindungen bis zu dieser „öffentlichen Preisgabe“ von „Ver- einsgeheimnissen" wiedergibt, dann empfindet man mit dem Verfasser nicht nur die Abscheu vor dem Krankenhaus- und Schlachthallen- geruch bei den Mensuren („Ärzte und medizinische Lehrlinge mit Gummischürzen beherrschen das Feld“, „über Blutlachen hat man Sägemehl gestreut“), sondern man spürt auch, daß es ihm um mehr geht, als nur würdelose Mensuren Es geht ihm um den Geist, der in den schlagenden Verbindungen herrscht — und nicht nur in bezug auf die Arroganz der „Paukanten“ („... der Schmiß ist soviel wert wie ein akademischer Rang“). Angeekelt von der hier herrschenden Atmo sphäre sieht sich der Verfasser in der Burschenschaftsgeschichte um und versucht Parallelen zur heutigen Zeit zu finden. „Meine Meditationen stoßen mich auf den ursprünglichen Sinn der burschenschaftlichen Ge meinschaft. Namen und Daten pas sieren Revue vor meinen Augen. Turnvater Jahn, Kotzebuemörder Sack (Gemeint ist wohl Sand. Die Red.) Paulskirche... Damals kam es auf die Grundhaltung an: Pro- gressistisch. politisch agil, kämpfe risch, revolutionär.“ Ind die gesuchte Parallele? „Bur- • schenschaften nennen sich auch heute noch ,politisch' und mimen in staatspolitischer Erziehung. Antikom- munirmus ist dabei Trumpf. Der böse Feind steht im Osten..." — „Ehre, Freiheit, Vaterland: Ein stud. rer. stud. hat sich über die Leute, die diese Begriffe in ihr Panier schreiben, gründlich informiert...“ Das brac’te natürlich das blaue Blut der Korporierten zum Wallen, keineswegs war es nur die Form, es war die sachliche Kritik, die die sen Leuten und ihren Vertretern im AStA unangenehm in die Nase stieg. Ein außerordentlicher Deputierten- Convent wurde einberufen, und auch im AStA erhitzten sich die Gemüter, bis schließlich hier mit 13 Stimmen von 24 — also mit nur knapper Mehrheit — der zitierte Be schluß gefaßt wurde. Wie der Zweite Vorsitzende des AStA, Christian Fischer-Dieskau, berichtet, sprachen sich einige AStA-Mitglieder dafür aus, „den Pressereferenten des AStA abzusägen und den .spuren' etwas die Schwingen zu beschneiden". Die Begründung war sehr einfach: „Der Artikel habe nichts mehr mit Presse freiheit zu tun. — Schließlich könne der AStA es sich nicht erlauben, das Wohlwollen der Korporierten zu verlieren.“ H ier also liegt der Hund begraben 1I Die Freiheit der Meinungsäuße rung hört dort auf, wo die Inter essen der militaristischen Kräfte an den westdeutschen Universitäten — und deren Vortrupp sind erwiese nermaßen die reaktionären Studen tenverbindungen — angetastet wer den. Und nachweislich kam nicht ein Einspruch gegen diesen Artikel — sowohl in bezug auf die Form wie auf den Inhalt — von irgendeiner anderen Seite als offiziell von den Korporierten. Keiner der Leser hatte etwas dagegen eingewandt. Aber der Begriff der Pressefreiheit wird ausgelegt, wie ihn die reaktio nären Kräfte gerade brauchen, und der AStA trat als Zensor in den Dienst der Reaktion, der milita ristischen Reaktion, die gegenwärtig in der ganzen Westzone und nicht zuletzt an den Hochschulen bestrebt ist, die letzten Reste bürgerlicher Freiheiten niederzuknüppeln, um die Atomrüstung der Bundeswehr durch zusetzen und alle Sphären des öffent lichen Lebens mit der Ideologie des Militarismus, des Antikommunismus zu durchdringen. Die Denkschrift des Führungsstabes der Bonner Bürgerkriegsarmee zielt in eben diese Richtung. Hier ist zum Pro gramm erhoben, was von Tag zu Tag immer stärker praktiziert wird — der Versuch, jede antimilitaristi sche Regung zu ersticken. An den Hochschulen aber sind die reaktio nären Studentenbünde die Wach- hunde des Militarismus, die Brut stätten seiner Ideologie. Aber die schlagenden Verbindun gen und hier in Wahrnehmung ihrer Interessen der AStA dulden — wie man sieht — tatsächlich keine offene Aussprache, wenn sie auch nur eine noch so magere Kritik, nur ein Fünkchen Kritik enthält, die die „akademische Würde“ (sprich „anti kommunistische Arroganz“) der reaktionären Teile der Studenten schaft, ihre verlogenen Begriffe von Ehre, Freiheit, Vaterland angreifen. Die freche, die bürgerliche Demo kratie verächtlich über den Haufen werfende Antwort der „Schlagenden“ auf den Artikel ist nur eine Bestä tigung für die Richtigkeit manches darin Gesagten. Ohne Zweifel wer den sie — zumal Bonn die totale Militarisierung betreibt — von ihrer Aggressivität nichts abstreichen. Aber um so notwendiger ist die Selbstbesinnung aller demokrati schen Kräfte in Westdeutschland und dar enge Zusammenschluß aller demokratischen Kräfte an den Hochschulen ganz Deutschlands. Günter Lippold Universitätszeitung, 31. 8. 1960, S. 3 Von einem, der auszog, das Schlagen zu lernen Intermezzo eines studiosm rerum studiosicarum