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Ku könntest mir wieder aus den Händen gleiten. Ich habe ein halbes Leben vergeudet! Mach du, saß wenig stens der Rest nicht wertlos ist! Doridl, im Er innern an unsere Kindertage, versuch es noch einmal, mich lieb zu haben." „Und dann?" fragte sie versonnen. „Dann " sie duldete es, daß er ihr Stirn und Wangen küßte und hielt die Lider geschlossen, so stieg das Erinnern in ihr wieder hoch. „Du darfst nicht gehen, Doridl!" . .. . „Ich komme wieder," versprach sie. „Ich folge dir' mit dem nächsten Dampfer!" Mit einem Lachen entwand sie sich ihm und drohte: »Ein Syndikus, der seine Gesellschaft im Stiche läßt? Man wird mich haftbar dafür machen, weil ich dich empfohlen habe." „Doridl — wenn du nicht willst, daß ich eine Torheit begehe " „Mit einundfün*zig Jahren!" mahnte sie. „Und da bei hat jemand vor Wochen noch behauptet, er habe keinen Mut zum Leben mehr und nun diese Leiden schaft! — Ich fürchte mich, Anio!" ,^ch werde ganz behutsam sein, Doridl — siehst du, Geliebtes, so," dabei bettete er ihren Kopf in seine Hände und ließ seine Lippen über ihre Stirn hinschmetcheln. „Glaubst du, daß mir der Himmel noch ein paar Jahre des Glückes gönnt?" „Noch viele Jahre, Anio!" Besorgt legte sie die Hand an seine Wange. „Du fieberst ja! Ich werde dir eine Erfrischung bringen lassen. Willst du Limonade haben?" „Nein," sagte er mit schalkhaften Augen. „Limonade kühlt zu wenig." , Sie schob ihn lachend von sich und unterhandelte mit Lem Mädchen, das bald darauf eine Schale Eis und einen Teller Backwerk brachte. Als Schütte den ersten Löffel über die Lippen führte, blinzelte sie mit halbgeschlossenen Lidern zu ihm auf: „Vanilleeis und selbstgebackenc Waffeln Wissen Sie noch, Herr Rechtsanwalt...?" -Ende.- /.' M Liebe roße! Mi Heitere Skizze von Hermann Reinecke. Mikkelsen beugte sich über den Tisch, ergriff Jensens Rechte und sagte: „Na, alter Junge, jetzt bist du vierzehn Tage wieder in deiner alten Heimal, und überall haben sie dich großartig ausgenommen, du kleiner Onke. aus Amerika!" Mikkelsen lachte dabei, daß ihm schier die Tränen über die Backen rollten. „Aber nun wirst du doch wohl deinem alten Schulfreund verraten, was '"är einen Hof du dir zulegen willst." Jens zuckte hilflos die Achseln. - - :' „Ich meine",. beugte Mikkelsen sich wieder vor, „wieviel Geld hast du von drüben mitgebracht? Ueber wieviel Lollar oder Schwedenkronen kannst du verfügen?" „Geld?" Jens wurde ganz verwirrt. „Ach so, ja, Geld! Siehst du, das ist ja gerade das, woran es bei mir hapert. Ta ist der Haken. Ich hatte gedacht, daß ihr mir vielleicht für den Anfang unter die Arme greifen würdet..." Auf einmal wurde es wunderlich still in der Stube. Die Mutter wandelte traumverloren durch das Zimmer und staubie zum soundsovielten Male die Möbel ab. Sie hatte gar nicht richtig verstanden, wovon die Männer sprachen. Jens war ja da, und demgegenüber blieb alles andere gleichgültig. Schwager Frederik hatte plötzlich einen fremden Ausdruck im Gesicht. „Keinen Heller?" „Keinen roten Heller!" murmelte Jens trübe. Mikkelsen sog ganz tief die Luft ein. „So so", brummelte er, „aber du hast doch drüben ganz gute Arbeit gehabt, wie? Tu hättest in Amerika bleiben sollen, Jens! Hier in Schweden — ich weiß nicht recht..." Als Jens einige Tage später den Brief an seine Iran ^rübeu . in New Orleans zur Post brachte, war ihm entsetzlich schwer ums Herz. „Grüße die Kinder und gib ihnen einen Kuß von mir", hatte er geschlossen, „vielleicht kann ich mir einmal das Fahrgeld zu Euch erarbeiten, vielleicht sehen wir uns auch nie- j mals wieder. Dein Jens." Und hinterher schrieb er noch: ! „N. B.: Ja, ich weiß, dieser Brief ist niederschmetternd. Aber vielleicht zeigt er dir wenigstens das eine: daß ich nämlich lebe und schreckliche Sehnsucht nach Euch habe..." i Vierzehn Tage später packte Jens seine Habseligkeiten. „Du willst fort, Jens?" fragte seine Mutter. Lch kann dir nicht weiter zur Last liegen, Mutter", ant wortete er, „ich will nach Stockholm, mir Arbeit suchen." i Eine beklemmende Stille trat ein. Jens wußte, daß seine , Mutter ihm helfen würde, wenn sie etwas besäße, aber der Baler war leider nicht mit Glücksgütern gesegnet gewesen. „Es muß I sein", murmelte Jens, „der .kleine Onkel aus Amerika' wird i jetzt Abschied nehmen!" Er lachte bitter und langte zum Ruck- s sack, um ibn aufzubinden. In diesem Augenblick riß Olesohn. , der einzige Postbote des Städtchens, die Tür auf. „Ein Tele gramm aus Amerika!" schrie er in die Stube. Hastig riß ihm Jens das Papier aus der Hand und las vor... „Die neue Dampfmühle will sofort unfere drei Baugruno- stücke kaufen. Komme augenblicklich heim! Deine Lina." „Das ist ja, das ist ja..." Olesohn schnappte mühsam nach Luft und schoß dann wie ein Pfeil davon, ins Städtchen hinein Knapp zwei Stunden später war die Stube voller Menschen. § „Also alter Junge, ich habe ja immer gewußt, daß du der ! richtige Mann bist!" sagte Mikkelsen. „Du hattest das mit dem ! Geld wahrhaftig viel zu wörtlich genommen. Sind deine Bau- i grundstücke nicht auch Geld wert?" „Na ja — aber sie sind doch nur ganz klein!" meinte Jens, I dem es nicht lag, den Aufschneider zu spielen. > „Was meinst du den" was dtr die Dampfmühle dafür zahlt?" lastete sich Schwager Frederik vorsichtig vor. s „Nachdem, was sie anderen Leuten in meiner Nachbarschaft i bot, kann >ch mit rund 50 000 Dollar rechnen!" > Donnerwetter! Mikkelsen hatte den Betrag blitzschnell in > Schweden'.onen umaerechnet. „Abgemacht, alter Junge, du , fährst sofort nach drüben, um die Sache abzuwickeln. Ich selber gehe zum Reisebüro und löse eine Schiffskarte für Dich." „Und ich komme für die Nebenspesen auf!" entschloß sich Schwager Frederik. „Kinder, Ihr seid wirklich zu nett", brachte Jens gerührt hervor. „Womit habe ich das eigentlich verdient?" „Ach was, alte Liebe rostet nicht!" rief Mikkelsen und klopfte ! seinem alten Schulfreund derbe auf die Schulter. „Und daß du mir nicht etwa solange mit der Rückkehr zögerst! Wir sehnen ' uns schon lange danach, Lina und deine Kinder zu sehen, und sobald Ihr hier seid, kauft Ihr euch den schönsten Hof der Um- , gebnng. Nun aber ab nach Göteborg!"... l Als Jens zwölf Tage später die Tür zu seinem Häuschen ! öffnete, brachte seine Frau gerade die Kinder zu Bett. „Jens!" schrie sie, als sie ihn sah, „du bist wieder da!" — „Ja, Lina", sagte er, „da bin ich! Und nun wird alles, alles besser werden." Es dauerte immerhin einige Tage, bis Jens die schwere Enttäuschung überwunden hatte. Ja, ja, es war nichts als ein Märchen... Niemand wollte ihm für seine kleinen Grundstücke 50 000 Dollar zahlen. Wirklichkeit aber war die mit 50 Dollar die Woche bezahlte Stellung als Verwalter bei der Dampfmühle. Die durfte er sofort antreten. „Trotzalledem — du hast recht gehabt, Lina", sagte Jens zu seiner Frau, „ich wäre ohne dein Telegramm nie wieder heimgekommen.- Immerhin: ich muß die Wahrheit nach Hause schreiben, da hilft nun nichts..." Nein, da half nun nichts. Schulfreund Mikkelsen seufzte tief auf, als er den Brief aus New Orleans vorlas. „So'n Gauner!" brummte er. „Jetzt sind wir das schöne Geld los!" „Ach, laß doch", winkte Schwager Frederik ab, „weißt du, worüber ich mich freue? Daß ich eine Schwester mit einem so Hellen Verstand habe! Donnerwetter, hat die uns eingeseift, alter Mikkelsen! Alle Achtung! Ja, ja, du hattest ja gleich gesagt: ,Alte Liebe rostet nicht'..." ... Druck und Verlag: Wochenblatt für Zschopau und Umgegend: Richard Voigtländer in Zschopau. Schriftlettvy«: Margarete Voigtländer in Zschopau.